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7. November 2018
Redaktion

Tipps und Tricks 
rund um die Säulennähmaschine

Von Franz Fischer

Die eigene Schaftherstellung gehört in vielen Betrieben nicht mehr zum Alltag. Meistens werden die Schäfte außer Haus gefertigt. Die Fertigkeiten, die für den Umgang mit den Maschinen für die Schaftherstellung erforderlich sind, geraten sehr oft in Vergessenheit. Die Routine bei der richtigen Einstellung der Schärfmaschine geht verloren, ebenso das Wissen, was zu tun ist, 
wenn die Oberledernähmaschine kein schönes Stichbild liefert. Im Folgenden finde Sie daher Tipps und Tricks für die Arbeit mit der Oberledernähmaschine. 1   
Oberledernähmaschine/Säule.
Abb. Fa Pfaff
Oberledernähmaschine/Säule.

In meiner Lehrzeit Ende der 70er-Jahre war es noch spannend, das Nähen von Oberteilen zu lernen. Die Nähmaschinen hatten noch keine gesteuerten Motoren. Die Frage, wann die Nähmaschine bei gedrücktem Kupplungspedal zu nähen anfängt, sorgte immer für Spannung. Alternativ gab es noch die älteren Nähmaschinen mit Fußantrieb, doch auch sie hatten ihr Eigenleben. Die neuen Maschinen besitzen meistens  einen gesteuerten Motor, der das Nähen erleichtert – Stich für Stich kann gesetzt werden und das plötzliche „Lossausen“ der Nähmaschine gehört der Vergangenheit an.

Auch in Bezug auf die Anschaffungskosten hat sich sehr viel geändert. Mitte der achtziger Jahre bezahlte man für ­eine Oberledernähmaschine um die 11000 DM. Das war der Preis für einen neuen Kleinwagen. Heute liegt der Preis für eine alltagstaugliche Oberledernähmaschine bei zirka 3000 Euro. Früher waren in den Schäftemachereien sehr oft noch Flachsteppmaschinen zu finden. Das schränkte jedoch die Modellgestaltung und die Arbeitsweise bei der Herstellung stark ein. Um einen Halbschuhschaft einzufüttern, war eine
besondere Vorgehensweise nötig. Das hat sich mit den Säulenmaschinen geändert. Aus diesem Grund sind Flachsteppmaschinen bei der Schäfteherstellung kaum mehr in Gebrauch. Für die Säulennähmaschinen, die wir in heutiger Zeit zur Schäfteherstellung verwenden, gilt es Folgendes zu beachten.

Einsetzen der Nadel

Meistens wird das Nadelsystem 134 bei unseren Nähmaschinen verwendet. Zum Wechseln wird im ersten Schritt die Nähmaschine ausgeschaltet. Im nächsten Schritt heben wir den Rollfuß mit Hilfe des Handhebels (Abb. 2, Ziffer 1) oder im Bereich des rechten Knies mit dem Kipphebel (Abb. 3, Ziffer 1) an und schwenken den Rollfuß seitlich weg (Abb. 4, Ziffer 1), um die Nadel leichter wechseln zu können.

Handhebel
Abb. Fa Pfaff
2 Handhebel
Kipphebel/Knie.
Abb. Fa Pfaff
3 Kipphebel/Knie.
Rollfuß
Abb. Fa Pfaff
4 Rollfuß nach links geschwenkt (1) und Schraube zum Lösen der Nadel (2

Dann lösen wir die Schraube (Abb. 4, Ziffer 2) und führen die Nadel bis zum Anschlag ein. Die Nadel hat seitlich eine kurze und eine lange Rille zur Führung des Fadens. Wichtig: Die lange Rille liegt immer gegenüber des Schiffchens vom Unterfaden. Wird bei der  Nadel die Seite verwechselt, reißt der Oberlederfaden während des Nähens ab!

Schraube
Abb. Fa Pfaff
5 Schraube zum Fixieren der Nadel (2) und Rollfuß in Arbeitsposition (1

Im nächsten Schritt wird die Schraube (Abb. 5, Ziffer2) wieder festgedreht und der Rollfuß zurückgeschwenkt (Abb. 5, Ziffer 1). Ein Tipp zur Nadelstärke: Faden und Nadel sollten immer einen Wert zwischen 130 und 140 ergeben. Das heißt, dass ein 60er-Faden mit einer 70er- oder 80er-Nadel genäht werden kann. Ein 30er-Faden mit einer 100er- oder 110er-Nadel. Wichtig ist auch, dass die Nähmaschine für diese Bereiche vom Techniker eingenäht wurde. Fadenspannung und Stichplatte (Öffnung, in die die Nadel eintaucht, um den Unterfaden zu holen) sollten für diese Fäden vom Techniker eingerichtet sein. Für normale Materialien verwendet man den unteren Wert (130), sind die zu nähenden Materialien sehr weich oder dünn, orientiert man sich eher an dem höheren Wert.

Bei dünnen Ober- oder Futterledern gibt es trotz des höheren Wertes immer wieder Probleme mit dem Stichbild. Oft schafft es die Nähmaschine nicht, den Oberfaden mit dem Unterfaden zu verknüpfen. In einem solchen Fall hilft es oft, Modellpapier unter das zu nähende Material zu legen. Das Modellpapier kann nachträglich sehr leicht abgezogen werden. Das spart Zeit und schont die Nerven des Handwerkers.

Der Unterfaden

Ein schönes Nahtbild ist das Ziel beim Nähen. Es steht und fällt mit der Fadenspannung. Das Verhältnis vom Oberfaden zum Unterfaden ist sehr wichtig. Im Idealfall liegt die Überkreuzung des Unter- und Oberfadens genau in der Mitte des zu nähenden Materials. Ein sauber und mit einer gewissen Vorspannung aufgespulter Unterfaden ist ein wichtiger Faktor, um dies zu erreichen.

Aufspulen des Unterfadens

Stecken Sie die leere Spule auf die Spulerspindel (Abb. 6, Ziffer 2). Diese befindet sich meist an der Vorderseite der Nähmaschine. Vor dem Aufstecken wird der Faden gegen den Uhrzeigersinn einige Male auf die Spule gewickelt. Wichtig: Das Aufspulen erfolgt immer bei dem normalen Nähvorgang, die Spule wird nicht extra aufgespult. Das schont die Maschine und spart Zeit. Der Faden wird wie in Abb. 6 (rundes Fenster) eingefädelt. Wichtig ist, dass die Fadenführung so verläuft, dass  mit Hilfe Rändelschraube (Abb. 6, Ziffer 4) die Fadenspannung reguliert werden kann.

Nun wird der Spuler eingeschaltet, indem der Hebel (Abb. 6, Ziffer 3 )in Richtung Spule gedrückt wird. Der Spuler stoppt automatisch, wenn die Spule ausreichend gefüllt ist. Danach kann die Spule entnommen werden. Der Faden wird mit der Schere kurz hinter der Spule abgeschnitten.

Wird der Faden unregelmäßig aufgespult, löst man die Mutter (Abb. 6, Ziffer 6 ) und verändert den Winkel der Fadenführung, bis der Faden gleichmäßig von rechts nach links und wieder zurück läuft (Abb. 6, Ziffer 7). Nach dem richtigen Positionieren wird die Mutter (Abb. 6, Ziffer 6) wieder festgedreht.

Spulenspindel
Abb. Fa Pfaff
6 Spulenspindel (2), Fadenführung zum Aufspulen des Unterfadens (s. rundes Fenster), Rädelschraube zur Regulierung der Fadenspannung (4), automatischer Spulenstopper (3), Mutter zum Fixieren der der Fadenführung (6) und Fadenführung (7).

Einsetzen es Unterfadens

Zum Einsetzen des Unterfadens wird die Maschine wieder ausgeschaltet. Öffnen Sie die Abdeckung der Säule. Heben Sie den Bügel (Abb. 7, Ziffer 1) an und nehmen Sie die Spulenkapsel (Abb. 7, Ziffer 2) heraus. Legen Sie die Spule in das Schiffchen ein (Abb. 8, Ziffer 1). Führen Sie den Faden durch den Schlitz unter der Feder (Abb. 8, Ziffer 2). Dann führen Sie den Faden durch die Kerbe. Ziehen Sie nun an dem Fadenende und überprüfen Sie die Fadenspannung. Der Faden sollte sich mit leichtem Widerstand herausziehen lassen. Bei Bedarf kann  die Fadenspannung durch Drehen der Schraube (Abb. 8, Ziffer 3) reguliert werden. Beim Fadenabzug sollte sich die Spule in Pfeilrichtung  drehen.

Bügel
Abb. Fa Pfaff
7 Bügel zum Sichern des Schiffchens (1) und Spulenkapsel zur Aufnahme des Schiffchens (2)
Das
Abb. Fa Pfaff
8 Das Schiffchen nimmt die Spule auf (1). Feder zum Regulieren der Fadenspannung (2) und Schraube zum Verändern der Federspannung (3).

Nun wird die Spulenkapsel (Abb. 7, Ziffer 2) wieder eingesetzt und der Bügel wieder umgeklappt. Schließen Sie die Spulenkappe. Zum Holen des Unterfadens halten Sie den Oberfaden mit der linken Hand fest und drehen mit der rechten Hand die Nadel nach unten und wieder nach oben in die Nullstellung. Durch Ziehen am Oberfaden fädelt sich der Unterfaden durch die Öffnung in der Stichplatte nach oben.

1 Anmerkung: Beschrieben wird der Typ 571, 574 und 591 der Firma Pfaff.

Dies ist ein Artikel aus der Serie „Fit für die Meisterschule mit Praeparatio“. In mehreren Folgen werden wichtige Fertigungstechniken der Orthopädieschuhtechnik praktisch ausprobiert. Auf www.ostechnik.de steht das Arbeitsmaterial zum Download bereit (Menüpunkt Werkstatt/Praeparatio).

Anschrift des Verfassers:
Franz Fischer
Praeparatio e.V.
Schlachthausstraße 11
92224 Amberg
Tel.: 096021/1838
info@praeparatio.com
www.praeparatio.com

Artikel aus OST 11/2018

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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