Im viktorianischen Stil
Ich wollte einfach mal sehen, wie weit ich kommen kann“, erzählt Sarah Heckmann über ihre Teilnahme an den beiden Wettbewerben. „Besonders hat mich „Die Gute Form im Handwerk“ interessiert, weil ich ausprobieren wollte, wie schön und wie anders man einen orthopädischen Schuh bauen kann“. Und dies ist ihr offensichtlich sehr gut gelungen: Mit ihrem außergewöhnlichen Gesellenstück gewann die 24-Jährige den Gestaltungswettbewerb und wurde zweite Bundessiegerin im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks (PLW).
Ein optisch wundervolles Zusammenspiel
„Die Details haben mir besonders viel Freude bereitet. Ich saß lange am Entwurf und bin mit dem Endergebnis sehr zufrieden“, meint Sarah Heckmann, die als Gesellin beim Betrieb Jaeger Orthopädie in Lahnstein arbeitet. Beim Design der Arthrodesenversorgung im Stil viktorianischer Damenstiefeletten ließ sie sich von der Gothic- und Rockszene inspirieren: Davon zeugen die Farben Schwarz und Rot, in das Leder geprägte Rosen und Schnürsenkel aus Samt.
Die junge Orthopädieschuhmacherin erzählt, dass sie unbedingt einen schönen Schuh bauen wollte, der stilistisch einzigartig ist und feminin aussieht. „Obwohl eine Menge Orthopädie drin steckt. Das ist ja oft eher schwierig zu verbinden. Ich finde aber, mir ist das gut gelungen“, sagt Sarah Heckmann. „Ich mag es, dass sich die Farben und Rosen wiederholen und das Ganze optisch einfach wundervoll zusammenspielt – ohne dass der Schuh an orthopädischer Funktionalität verliert“.
„Es ist wirklich gut gelaufen“
Eine Herausforderung sei gewesen, die orthopädischen Elemente so zu bauen, dass sie nicht zu sehr auftragen, aber auch nicht an Funktionalität verlieren. „Auch der Ausputz des Lederbodens war schwierig“, so Heckmann. „Die verschiedenen Farben durften nicht ineinander laufen und das eingelaserte Muster musste trotz anschließender Färbung sichtbar bleiben“.
Zudem baute sie den Lederboden nach alter Technik, mit Ledergelenk, Kederfleck – und allem, was dazu gehört: „Das hieß natürlich viel üben und es ist schön zu sehen, dass sich die Arbeit gelohnt hat“. Ausputz und Ausführung des Lederbodens seien neben der gut abgestimmten Optik und der sauberen Arbeitsweise auch seitens der Prüfer gelobt worden. „Es ist wirklich gut gelaufen“, erzählt Heckmann, ein wenig Kritik habe es nur für einen Fehler im Futter der Stiefel gegeben.
Die Preisverleihung in Berlin sei ein „Highlight“ gewesen: „Auf der Bühne zu stehen und sich mit allen anderen Preisträgern feiern zu lassen, war nach der harten Arbeit eine besondere Freude“, meint Heckmann. Nicht nur das Treffen mit den anderen Preisträgern, auch der – für sie erstmalige – Besuch der Hauptstadt habe sie beeindruckt.
Zwischen Tradition und Moderne
Derzeit ist Sarah Heckmann bei Jaeger Orthopädie im rheinland-pfälzischen Lahnstein tätig, wo sie von Dezember 2014 bis Januar 2018 ihre Ausbildung zur Orthopädieschuhmacherin machte. „Das Lernen hört ja nie auf und dort habe ich tolle Möglichkeiten, mich in verschiedenste Richtungen weiterzubilden“, sagt die 24-Jährige, die das Stipendium der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung erhält.
An ihrem Beruf schätzt sie insbesondere die Abwechslung und Vielfalt: „Ich liebe die verschiedenen Möglichkeiten. Kein Tag ist wie der andere. Jedem Patienten muss individuell geholfen werden und man kann handwerkliches Können mit medizinischem Wissen und sozialen Aspekten verbinden. Es macht Spaß, Menschen zu helfen, damit diese wieder besser gehen können und Lebensqualität zurückgewinnen.
Auch der Wechsel zwischen Tradition und Moderne gefällt ihr sehr. „Ich kann einen Lederboden bauen, aber auch einen Fuß im 3D-Scan-Verfahren abscannen – das ist einfach cool“, sagt die Gesellin, die für die nächste Zeit erst einmal plant, weiter zu lernen und Schulungen zu machen. In ein bis zwei Jahren und mit mehr beruflicher Erfahrung, soll es für sie dann in Richtung Meisterprüfung gehen.
Artikel aus OST-Ausgabe 2/2019