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15. Juli 2016
Redaktion

Wenn die Nägel auf der Strecke bleiben

Nicht nur Bänder, Sehnen und Muskeln werden beim Laufen beansprucht, sondern auch die Zehennägel. Einige schöne Beispiele von Nagelablösungen beim Laufsport konnten hier zusammengetragen werden.
Von Dr. Renate Wolansky


Foto: Dr. Renate Wolansky

Zu den Anhangsgebilden der Haut zählen die dorsal gelegenen konvexen Finger- und Fußnägel. Dabei bilden Nägel sowohl der Finger als auch der Zehen mit den umliegenden Gewebeschichten eine funktionelle Einheit. Als Tast- und Greiforgan sind Nägel unverzichtbar. Beim Tas­ten erfahren die Spitzen (Apex) der Finger oder Zehen einen Druck, der durch einen natürlichen Widerstand der Nägel kompensiert wird.
Ebenso dienen die Nägel zum Schutz der Finger- und Zehenendglieder, die von einer Vielzahl von Gefäßen und Nerven versorgt werden. Letztlich spielen nicht nur die Fingernägel sondern auch die Fußnägel – vor allem in Sandalen – eine große Rolle für eine ansehnliche Ästhetik.

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Aufbau des Nagels
Von der proximal gelegenen Nagelmatrix, gelegen an der Unterseite der Nagelwurzel, geht die Bildung des Nagels, einer aus verhornten Zellen gewölbten Platte, aus. Als Nagelwurzel wird der Teil des Nagels bezeichnet, der von der Haut bedeckt wird. Der proximale Nagelanteil der Nagelwurzel von zirka 0,5 Zentimeter befindet sich in der Nageltasche und der restliche Teil erstreckt sich bis zur Lunula (halbmondförmiger Bereich im proximalen Anteil des Nagelbetts) – sogenanntes Nagelmöndchen –  mit distalem Übergang in das Nagelbett. Der Nagelkörper (Nagelplatte – Corpus unguis) liegt fest verbunden auf dem Nagelbett. Die Seitenränder des Nagels stecken im Nagelfalz, der von einem Hautstreifen (Hyponychium) überdeckt wird. Der Nagelwall wird als Perionychium bezeichnet. Die Nagelplatte mit schichtförmigem Aufbau hat eine Dicke von zirka 0,5 bis 1 Millimeter und besteht aus verhornten Zellen, die hartes Keratin (Gerüsteiweiß) enthalten. Weiterhin besitzt die Nagelplatte einen schichtweisen Aufbau. Dabei gliedert sie sich in den Dorsalnagel mit dichten harten längsgestreckten Zellen, dem darunter liegenden Intermediärnagel als elastische dickere Schicht mit kubischen Zellen und dem an der Unterseite des Nagels befindlichen Ventralnagel mit lockeren Hornanteilen. Ein helles Häutchen auf der Nageloberfläche – Cuticula – befindet sich am proximalen Ende des Nagels. Im subungualen (unter dem Nagel liegend) Bindegewebe befinden sich reichlich Kapillaren (kleinste Gefäße), die eine hellrosige Farbe des Nagels hervorrufen.
Während des gesamten Lebens wachsen Fuß- und Fingernägel. Fingernägel wachsen in der Regel 0,5 – 1,2 Millimeter und Fußnägel nur 0,2 bis 0,5 Millimeter pro Woche. Dabei wachsen Nägel an längeren Fingern und Zehen schneller als an kürzeren Fingern und Zehen. Zu beachten ist, dass bei älteren Menschen das Wachstum der Nägel langsamer vonstattengeht. Eine Erneuerung der Fingernägel geschieht in etwa fünf bis sieben Monaten und der Fußnägel etwa in neun bis zwölf Monaten. Das Nagelwachstum kann sich bei schweren ­Erkrankungen (besonders bei Durchblutungsstörungen), Kälteeinwirkung, Nikotinabusus, kontinuierlichen Diäten und extremen mechanischen Belastungen verlangsamen.

Ursachen
Bei krankhaften Veränderungen der Fuß- und Fingernägel kommen vielfache Ursachen in Betracht wie:
– Schwere Traumen mit Verletzung der Nagelplatte und nachfolgender Stö­rung in der Nagelmatrix;
– Mikrotraumen;
– Infektionen des Nagelbetts und Nagelfalz (Paronychie);
– Subunguales Hämatom (unter dem Nagel gelegener Bluterguss);
– Tumore;
– Subunguale Exostosen (unter dem ­Nagel gelegener Knochenvorsprung);
– Onychomykose;
– Hautkrankheiten, zum Beispiel Psoriasis, chronische Ekzeme, Lichen ruber unguium (Knötchenflechte mit Befall des Nagels);
– Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, zum Beispiel Podagra (Fußgicht), seltener bei Schilddrüsenerkrankung;
– Porphyrie: erblicher Enzymdefekt oder erworbene Stoffwechselstörung mit gestörter Porphyrin-Synthese im blutbildenden System, zum Beispiel im Knochenmark;
– Selten bei Hyperhidrosis pedum (Schweißfuß);
– Nach bestimmten Chemotherapeutika (siehe „Chemische Neben­wirkungen“ in „DER FUSS“, Juli/August 2013), verschiedene Antibiotika, Betablocker oder Hyper­vitaminose A;
– Längerer Kontakt mit Seifenlösungen, Nagellackentferner, Mineralöl, Kali­lauge und andere;
– Vergiftungen.

Verletzungen der Fußnägel
Diese können sowohl nach Laufsport als auch Breitensport auftreten.
Zu den Laufsportarten gehören:
– Kurzstrecke mit einer Länge von ­400 Metern;
– Mittelstrecke zwischen 800 bis 1609 Meter (entspricht einer eng­lischen Meile);
– Langstrecke über 2000 Meter bis Marathonlauf;
– Halbmarathonlauf mit 21,0975 Kilometern;
– Marathonlauf mit 42,195 Kilometern;
– Ultralangstrecke mit größeren Entfernungen als beim Marathonlauf (bis ­zirka 5000 Kilometer).
Zu den Breitensportarten zählen zum Beispiel Jogging, Walking, Nordic-Walking und Wandern.
Traumatisch bedingte Nagelläsionen und klinische Symptome
Bei traumatisch ausgelöster Nagelschädigung wird zwischen akuter und chronischer Verletzung unterschieden.
Eine akute Traumatisierung kann Folge eines heftigen Schlags, Tritts oder Stoßes sein mit partieller oder totaler Ablösung des Nagels.
Chronische Nageltraumen entstehen meistens durch kontinuierlich einwirkende Druck- und Scherkräfte auf Zehen- oder Fingerendglieder, die letztlich zur Nagelplatten- und Nagelmatrixschädigung führen können. Besonders betroffen sind Sportler mit Lauf- und Sprungdisziplinen wie Marathon- und Langstreckenläufer, Sprinter und Geher mit unzweckmäßigem Schuhwerk, fehlerhaftem Trainingsaufbau, falscher Lauftechnik, unterlassenem Stretching vor Trainingsbeginn, nicht berücksichtigter Regeneration und übersteigertem Ehrgeiz. Zusätzliche Faktoren, die übermäßigen Druck auf die Fußnägel ausüben, sind Adipositas (Übergewicht) und krankhafte Fuß- und Zehendeformitä-ten.
Löst sich dabei die Nagelplatte von proximal (rumpfwärts gelegen) nach distal (von der Mitte des Körpers entfernt gelegen) mit Trennung von der Nagelmatrix (Nagelwurzel) handelt es sich um eine Onychomadese – häufig mit Vernarbung des Nagelbetts. Im Gegensatz dazu beginnt die partielle (teilweise) oder vollständige Nagelablösung bei einer Onycholyse häufig unter dem distalen Anteil der Nagelplatte oder vom freien Rand des Nagels, wobei die Verbindung zur Nagelmatrix erhalten bleibt (Abb. 1). Die abgelösten Nagelpartien weisen eine weiße Verfärbung auf. Unterhalb der losgelösten und geschädigten Nagelplatte sind stärkere Verhornungen zu erkennen (Abb. 2a – d, Abb. 3a – c).
Die Onycholysis semilunaris stellt eine Sonderform der Nagelablösung dar.  Hierbei löst sich der Nagel halbmondförmig am distalen Nagelende – oftmals nach längerer Einwirkung von Seifen-lauge oder Wasser – ab.
Hingegen tritt bei einem Quetschtrauma oftmals ein subunguales Hämatom (unter dem Nagel gelegener Bluterguss) mit massiver Weichteilschwellung auf (Abb. 4, 5 und 6).
Weiterhin können Hautreizungen durch Reibung im Sportschuh zur subkutanen (unter der Haut befindlichen) Ansammlung von Gewebsflüssigkeit und damit zur Blasenbildung (Bulla) führen. Werden dabei kleine Gefäße verletzt, kann sich eine schmerzhafte Blutblase entwickeln. Deshalb ist es auch für Sportler wichtig, beim Kauf von Sportschuhen auf eine optimale Passform ohne scheuernde Innennähte zu achten. Längere Trainingsläufe oder Wettkämpfe sollten nicht in neuen Sportschuhen erfolgen. Ebenso ist das Tragen von faltenfreien Baumwollsocken wichtig. Präventiv erscheint es vor einem Lauf günstig, die Füße mit einer dünnen Schicht Vaseline einzureiben.

Diagnostik
Zunächst stehen anamnestische Angaben im Vordergrund. Bei vorliegender Onycholyse oder Onychomadese ist bei aktiven Sportlern die Angabe der ausgeübten Sportdisziplin wichtig. Eine Ablösung aller Nägel oder symmetrisches Auftreten von Nagelläsionen weisen meistens auf interne Ursachen hin. Ferner kommen genetische Faktoren in Betracht.
Die Inspektion des krankhaften Nagels sollte mit einer Lupe geschehen. Transparenz des Nagels ist besser zu erkennen, wenn vor der Inspektion die Nagelplatte mit einem Tropfen Öl versehen wird. Dadurch werden mögliche Nageleinlagerungen oder eingeschlossene Hohlräume besser sichtbar. Mikroskopische Untersuchungen mithilfe einer Biopsie (Probeentnahme von Gewebe) finden Anwendung bei Verdacht auf einen Tumor. Das Anlegen einer Kultur erfolgt zum Ausschluss von Onychomykosen.
Weiterhin gehören zur Diagnostik Überprüfung des Schuhwerks und der Socken.
Ganganalysen und eine dynamische Pedografie schließen sich zum Ausschluss von Fußfehlbelastungen und plantaren Druckspitzen an.

Zur Beurteilung ossärer (knöcherner) Veränderungen bieten sich konventionelle Röntgenaufnahmen an.

Behandlungsschritte und ­Aufklärung durch den Podologen
Das Vorgehen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Diagnosestellung und Therapie erfolgt durch den Arzt.
Abgelöste Nagelanteile werden mit entsprechenden Fräsern vom Fußspezialisten oftmals in mehreren Sitzungen abgetragen. Ebenso sind Aufklärung und Empfehlungen durch den Podologen für eine optimale häusliche Fußpflege wichtig. Geschädigte Finger- und/oder Fuß­nägel sind möglichst mit einer Sandblattfeile kurz zu halten. Verletzungen des Nagels durch spitze Instrumente müssen vermieden werden.
Schutzhandschuhe aus Baumwolle im Haushalt und ständiges Tragen von Baumwollsocken schützen Finger- und Fußnägel vor zusätzlichen Verletzungen.
Für die Pflege der Nägel sollten fetthaltige Cremes verwendet werden. Abdecken der lädierten Nägel mit einem speziellen Pflaster garantiert eine längere Einwirkung der fetthaltigen Creme. Die Neigung von Brüchigkeit oder Splitterung des Nagels bei Onycholyse oder Onychomadese sollte mit harnstoffhaltigem Nagellack verhindert oder gemindert werden.

Präventive Tipps für Lauf- und Marathonläufer
Kurzschneiden der Nägel erweist sich als günstig. Faltenlos klebende Pflaster, Anwendung von Hirschtalg oder einer dünnen Schicht Vaseline auf besonders gefährdete Fußareale, schützen vor mechanischer Reibung mit nachfolgender Blasenbildung und gegebenenfalls Infektionsgefahr.
Laufschuhe sind unbedingt vor Wettkämpfen oder längerem Training einzulaufen. Marathonsocken sind bereits einen Tag vor dem Wettkampf zu tragen. Zum Beispiel bewähren sich für Lauf-sportarten oder stetiges Wandern Knitido-Wanderzehensocken (HTS mit Hi-Techmodernes 3D-Strickverfahren und manueller Fertigstellung). Diese Socken sind formbeständig, schnell trocknend, strapazierfähig, vollständig nahtlos und umhüllen jeden Zeh einzeln.
Eine Mittelfußstütze mit geringer Kompression wirkt einer frühzeitigen Ermüdung der Fußmuskulatur entgegen. Sohlenwärts bewirkt eine sehr dünne Schicht Silikon-Antirutschbeschichtung einen festen Halt im Schuh. Hiking-TS Zehensocken zum Wandern besitzen in Anbetracht des höheren Schafts von Wanderschuhen – im Gegensatz zum Laufschuh – zusätzliche Funktionen. Sie sollten von der Ferse bis zum Abschluss des Bundes, angepasst an den Wanderschuh, eine Länge von 18 Zentimetern aufweisen. Zur Stabilisierung des Fußes ist eine Sprunggelenksstütze eingearbeitet. Der Abschluss der Socke ist mit einem nahtlosen Komfortbund versehen, um einschneidende Ränder in der Haut aufgrund der üblichen Gummibänder zu vermeiden. Spezielle Schuhe und Einlagen für Laufsportarten sind, um Folgekomplikationen zu vermeiden, zu empfehlen.

Weitere Empfehlungen
– Vor jedem Wettkampf ist vom Sportler der Sitz von Socken und Schuhen zu überprüfen.
– Am Schuh garantiert eine doppelte Schnürung bleibenden Halt.
– Spezielle Schuhe und Einlagen für Laufsportarten helfen Folgekomplikationen zu vermeiden;
– Nach dem Zieleinlauf ist duschen der Füße ratsam. Günstig ist es auch, wenn die strapazierten Füße für eine kurze Zeit barfuß frische Luft tanken können;
– Ferner bewirken Fußmassagen nach dem Lauf eine Förderung der Durch­blutung, Entspannung und Wohlbefinden.z

Anschrift der Verfasserin
Dr. Renate Wolansky
Luisenstraße 26
06618 Naumburg

Abbildungen: 1.-11. Wolansky

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Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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