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24. November 2021
Redaktion

RA Nico Stephan zur Online-Einlagenversorgung: Angelegenheit noch nicht abgeschlossen

Rechtsanwalt Nico Stephan geht davon aus, dass mit dem Aussetzen der Online-Einlagenversorgung, die die Barmer zusammen mit Meevo/Craftsoles für ihre Versicherten angeboten hat, die Angelegenheit noch nicht ausgestanden ist. Gegenüber der Zeitschrift "Orthopädietechnik" äußert er jedoch die Einschätzung, dass schnelle Entscheidungen in der Rechtsprechung für Klarheit sorgen werden. 



Foto: Craftsoles

Nico Stephan, dessen Medizinrechtskanzlei Stephan & Hein Rechtsanwälte Klageverfahren verschiedener Betriebe vor dem Sozialgericht koordiniert, sieht das Aussetzen der Versorgung als “ein erstes positives Ergebnis des geschlossenen Auftretens aller betroffenen Leistungserbringer und ihrer Organisationen, sowie der gegenüber dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) vorgetragenen massiven Beanstandungen”, wie er im Interview in der OT äußert. Dies bestätige die Rechtsauffassung, dass dieses Versorgungskonzept massiv gegen geltendes Recht verstößt. 

Stephan sieht beispielsweise Verstöße gegen das deutsche Sozialrecht gemäß §127 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB V durch die von der Barmer angebotene E-Versorgung. Sie unterlaufe unter anderem die Qualitätsanforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses (HMV) sowie den Anspruch an eine wohnortnahe Versorgung. Zudem ignoriere sie die Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands, der die Abgabe eines Hilfsmittels in einer präqualifizierten Niederlassung als Regelfall definiert. Darüber hinaus sieht der Rechtsanwalt einen Verstoß gegen die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassene Hilfsmittelrichtlinie, wonach die Leistungserbringer die in der jeweiligen ärztlichen Verordnung festgelegte Versorgung überprüfen sollen und im Zweifel unverzüglich Verbindung zu den Ärzten aufnehmen müssen. Die persönliche Kontrolle am Fuß durch qualifizierte Leistungserbringer finde bei der E-Verordnung nicht statt. 

Im Interview mit der OT hinterfragt Nico Stephan auch die Aussage der Barmer, es würden “gegebenenfalls Anpassungen im Hilfsmittelverzeichnis” angestrebt (um die Online-Einlagenversorgung doch noch durchzusetzen). Dabei fragt er unter anderem: “Bedeutet die Aussage der Barmer also, dass sie das HMV in jetziger Form generell infrage stellt und die mit der PG 08 – Einlagen – verbundenen Qualitätsvorgaben für die Versorgung und die damit verbundenen Dienstleistungen absenken möchte? Frei nach dem Grundsatz: Was nicht passt, wird passend gemacht – wenn die qualitativen Ansprüche des HMV nicht erfüllt werden, muss eben das HMV geändert werden?” Stephan glaubt jedoch nicht, dass die Bestrebungen der Barmer Erfolg haben werden. Unter anderem weist er darauf hin, dass der GKV-Spitzenverband bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags gemäß §139 SGB V nicht frei in seinem Ermessen ist und den gesetzlichen Auftrag neutral anhand objektiver Kriterien umzusetzen hat. 

Der Rechtsanwalt erklärt auch, dass die Versicherten durch die Selbstvermessung bei diesem Versorgungsvertrag einem unklaren Haftungsrisiko ausgesetzt werden: “Es werden Aufgaben auf die Patient:innen verlagert, die eigentlich in die Hand von Expert:innen gehören. Sind die Einlagen fehlerhaft oder treten infolgedessen sogar Gesundheitsschäden auf, kann die Durchsetzung von Gewährleistungs- und Haftungsansprüchen gegen die Leistungserbringer aufgrund einer solchen Vertragsgestaltung erheblich erschwert sein.

Zum Interview der OT mit RA Nico Stephan gelangen Sie hier.

Ein weiteres Interview zur aktuellen Lage führte die OT mit Florian Birner, Meevo Healthcare GmbH. Dieses Interview finden Sie hier.

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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