Schuhgeschichte: Vom Leisten zum Schaft
Kein Schuh ohne Schaft. Doch die Art der Schaftherstellung hat sich über die Jahrhunderte stark gewandelt. Vor allem die Entwicklung des Modellwinkels und die Leistenkopie veränderten die Art der Schaftgestaltung. Über die richtige Methode, wie man vom Leisten zum passenden Schaft kommt, kann man auch heute noch lange Fachgespräche führen, weil kein System sich endgültig durchsetzen konnte.
Von Hartmut Seidich
Zur Zeit der wendegenähten Schuhe im Mittelalter, war die Passform der Schäfte nicht so relevant wie heute. Das Leder war weich und formte sich schnell an den Fuß an. Mit der Entwicklung haltbarer Befestigungstechniken und stabilerer Sohlen im 15. Jahrhundert wurden neben Leder jedoch auch gewebte Stoffe für die Schäfte verwendet. Diese passten sich dem Fuß nicht so leicht an wie Leder, weshalb man schon beim Zuschnitt auf die richtige Form des Schaftes achten musste.
Es gibt wenige Informationen, wie die Schuhmacher oder die sich damals schon entwickelnden Schäftemacher zu ihren Formen und Schnitten kamen und mit welcher Technik sie arbeiteten. Das Wissen um das Handwerk wurde lange Zeit ausschließlich in den Werkstätten weitergegeben. Es gab weder Schulen noch Fachliteratur und die alten Meister gaben ihr Wissen und ihre Fertigkeiten über die Schaftherstellung auch nicht gerne weiter, um sich unliebsame Konkurrenz vom Leibe zu halten. Eine Haltung, die sich bis in die Neuzeit erhielt. Noch 1910 beklagte Heinrich Meier, Fachbuchautor und erster Direktor der Schuhmacherfachschule in Siebenlehn: „Die alten Meister behüteten diese Kunst des Musterschneidens auf das Sorgfältigste; in der Regel verrichteten sie diese Arbeit hinter verschlossenen Türen, damit der Geselle ja nicht einen Teil ihrer Weisheit und Kunst ablauschen konnte.“
In der 1767 von Francois A. de Garsault verfassten Abhandlung über das Schuhmacherhandwerk, die 1769 in deutscher Übersetzung erschien, ist erstmals von „Mustern von Papieren, welche die Gestalt der Oberleder und Quartiere haben“ die Rede. Es ist der älteste Hinweis auf Schaftmodelle, welchen der Autor gefunden hat. Allerdings wird im Buch nicht darauf eingegangen, wie man diese Muster angefertigt hat.
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Wahrscheinlich ist, dass es bereits sehr früh Varianten des „Freihandzeichnens“ gegeben hat. Diese Methode war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts stark verbreitet. Hierbei wurde ein Profil des Leistens aus Papier erstellt (keine Leistenkopie!). Mit diesem Verfahren, das die Geschicklichkeit eines Scherenschnitts erforderte, konnte man ohne sehr viel Erfahrung und Fingerfertigkeit jedoch keine brauchbaren Ergebnisse erzielen. Von vielen Schuhmachern in Deutschland wurden aber auch die Schäfte noch direkt ohne Muster geschnitten.
Dass es überhaupt funktioniert hat, wird zum großen Teil an den zur damaligen Zeit üblichen symmetrischen („zweibälligen“) Leisten gelegen haben, die um 1500 mit den Kuhmaulschuhen aufkamen. Diese waren von ihrer Form her seitengleich, so dass es erheblich einfacher war, für diese Leisten Modelle anzufertigen oder direkt das Leder zu schneiden, als für moderne Leisten.
Asymmetrische Leisten forderten neue Modelltechniken
Das Aufkommen der asymmetrischen Leistenformen im 19. Jahrhundert (s. Foto oben, links), vorbereitet durch die Arbeiten von Petrus Camper und den Züricher Anatomen Hermann von Meyer mit seinen Werken „Die richtige Gestalt der Schuhe“ und „Warum der Schuh drückt“, machte das Anfertigen von gut passenden Schaftmodellen schwieriger. Die Innenseite des Leistens hatte nun eine andere Länge und ein anderes Volumen, als die Außenseite, weil der Leisten der Anatomie des Fußes folgte. Sollte der Schaft der Form des Leistens folgen, mussten genauere Maß- und Modellverfahren gefunden werden.
Das Winkelsystem
Zu den wenigen privaten Fachschulen, in denen das Zeichnen von Schaftmodellen unterrichtet wurde, zählte die „Zeichen- und Modellierschule“ von Kunstprofessor Franz Jäde (1813 – 1890) in Weimar. Auf dieser Lehranstalt bereitete sich auch – nach der Absolvierung der damals noch üblichen „Wanderjahre“ – der sächsische Schuhmachergeselle Robert Knöfel auf seine Schuhmacher-Meisterprüfung vor. Prof. Jäde vermittelte seinen Schülern auch Kenntnisse über den „goldenen Schnitt“, über Symmetrie, Form und Proportionen. Ein von Prof. Jäde aufgestellter Lehrsatz dürfte Robert Knöfel inspiriert haben, ein geometrisches System für das Erstellen von Schaftmodellen zu erarbeiten:
„Der menschliche Fuß nimmt beim Auftreten eine waagerechte Lage ein, während die Stellung des Beines eine Senkrechte bildet, und halbieren wir diesen rechten Winkel, so erhalten wir zwei spitze Winkel von je 45 Grad, deren gemeinschaftlicher Schenkel die Fußbeuge andeutet.“
Wahrscheinlich begann Robert Knöfel schon während seiner Unterrichtszeit in Weimar mit der Entwicklung des ersten Winkelsystems, denn in seiner Meisterprüfung fertigte er seine Schaftmodelle bereits mit dem von ihm entwickelten neuen System an. Sein Winkelsystem entwickelte sich ab 1865 zu einer wahren Revolution für das Schuhmacherhandwerk und war auch für die ersten Schuhfabriken von großem Nutzen. Mit der Veröffentlichung seines Werkes im Jahre 1872 „Das Buch der Fußbekleidungskunst“ gelangten seine Ideen in viele Länder und überall wurde nach seinem System gearbeitet, in Ungarn ebenso wie in den Niederlanden.
Nie zuvor wurde eine neue Technik im Schuhmacherhandwerk so schnell und in so vielen Ländern umgesetzt. Durch das Winkelsystem war erstmals ein systematisches Unterrichten im Schaftbau möglich. Knöfel selber gründete 1876 die „Wiener Schuhmacher-Lehranstalt“. In Deutschland entstanden mehrere private Fachschulen.
Grundsätzlich ist für den Aufbau eines Schaftmodells nach einem Winkelsystem kein spezielles Werkzeug nötig. Alle Linien lassen sich mit einem normalen Halbkreis-Winkelmesser festlegen. Aber ein spezieller Schaftmodellwinkel erleichtert die Arbeit erheblich. Der erste bekannte Modellwinkel speziell für den Schaftbau wurde von einem Fachlehrer namens Fluck um 1870 entwickelt. Unter den vielen verdienten Kollegen, die sich bemühten, das Winkelsystem zu verbessern, war auch der Berliner Schuhmachermeister F. Röhring, dessen verbesserter Modellwinkel von 1890 bereits Vorgaben für das Hackenmaß und die Ballenlinie aufwies. Viele Verbesserungen im geometrischen Aufbau der späteren Winkelsysteme gehen weitgehend auf Röhring zurück.
Ermutigt und inspiriert durch Robert Knöfel versuchten viele, sein Winkelsystem zu verbessern, und in wenigen Jahren gab es eine Vielzahl an Variationen der „Winkellehre“. Schuhmachermeister und Fachlehrer entwickelten eigene Systeme und verkauften ihre Schriften gleich zusammen mit entsprechenden Winkeln, Schablonen oder „Modellografen“ aus fester Pappe oder Metall. Jeder war von seinem System überzeugt – und wohl auch davon, dass die anderen nichts taugten. Schuh- und Schäftemacher, Lehranstalten, Fachlehrer und Fachbuchautoren stritten sich bis in die 1930er-Jahre. Man sprach vom „Systemstreit“, der das ganze Handwerk belastete.
Den Modellwinkel, den wir heute nutzen, verdanken wir dem Orthopädieschuhmacher-Meister und Reichsfachlehrer Wilhelm Jordan (1900 – 1967). Die Form unserer heutigen Winkel weicht nur minimal von der ursprünglichen Form Jordans ab. Eine der ersten Anleitungen zu Jordans Winkel verfasste Orthopädieschuhmacher-Meister Heinrich Meier, der frühere Schuldirektor der Fachschule Siebenlehn. Bekannt geworden ist dieser Modellwinkel durch den Zusatz „Nach Fachschule Siebenlehn“, was historisch jedoch nicht ganz genau ist, da Meier, als er die Anleitung verfasste, nicht mehr Schulleiter in Siebenlehn war, sondern Berater der neuen „Reichsfachschule des Schuhmacher Handwerks“ in Bischofswerder bei Liebenwalde.
Zu den wenigen, die bewusst auf spezielle Modellwinkel verzichteten, zählte der Münchner Fachlehrer Max Schön, der noch Robert Knöfel persönlich kannte. Sein Winkelsystem gilt als sehr präzise und wird als eines der wenigen der alten Systeme bis heute genutzt. Der größte Unterscheid zu seinem System besteht darin, dass als Längenmaß nicht die Länge des Leistens an dessen Unterseite, sondern von der Ferse über die Seite bis zur Spitze gemessen wird. Dadurch erhält man ein realistischeres Bild der dreidimensionalen Form des Leistens. Nach seinem Tod wurde das Buch von Anton Berger, ebenfalls Fachlehrer in München, überarbeitet. Die neunte und letzte Ausgabe druckte der Maurer-Verlag 1953, erneut überarbeitet von Emil Kraus. Ihm ist es zu verdanken, dass das Werk die Zeiten überdauert hat und heute noch (z. B. in Wien) ein aktuelles Lehrbuch ist.
Die Ergebnisse, die man recht einfach mit einem der Winkelsysteme erzielen konnte, waren für die Mehrheit der Schuh- und Schäftemacher passgenauer als zuvor mit dem schwer erlernbaren Freihandzeichnen. Aber dennoch waren viele damit nicht zufrieden und in der Fachpresse prophezeite man den Untergang der Winkelsysteme.1 Ein Schwachpunkt von Robert Knöfels Winkelsystem war der Hackenwinkel.2 Ein Großteil von Kundenbeschwerden über eine unzureichende Passform der Schuhe führte man auf diesen zurück. Unter den Schuhmachern brach erneut Streit aus, wie damit umzugehen sei. In der Fachzeitschrift „Der Schuhmacher“ kam es noch 1919 zu Formulierungen wie „Der Kampf ist entflammt“.3 Ganz andere Probleme hatte man bei der Versorgung von „Krüppelfüßen“, wie man deformierte Füße damals nannte. Der Deutsch-Französische Krieg hatte eine hohe Anzahl von Kriegsversehrten beschert, und die sich gerade bildende „Schuhmacherei mit Orthopädischer Ausrichtung“ stellte sich dieser Herausforderung. Doch für die Leisten dieser schweren Versorgungen waren fehlerfreie, passgenaue Modelle mit dem Winkelsystem schwer umzusetzen.
Einige kehrten sich daher wieder vom Winkelsystem ab und versuchten sich an der damals einzigen Alternative, dem „Freihandzeichnen“.4 In Fachkreisen war man jedoch der Ansicht, dass dieses Verfahren nur etwas für „wirkliche Könner“ sei.5 Der wahrscheinlich letzte deutsche Schäftemacher, der mit dem Freihandzeichnen Schaftmodelle selbst für schwere orthopädische Versorgungen erstellte, war Horst Zimmermann, der 2015 in Recklinghausen verstarb. Seine Schaftmodelle hatten – ohne eine Leistenkopie und ohne ein Winkelsystem – eine Passgenauigkeit, die keinem anderen System nachstand.
Carl Probst veröffentlichte 1885 mit dem Lehrbuch „Die moderne Fußbekleidung“ und 1896 mit dem Werk „Der Zuschneider und Modelleur in der Schuhbranche“ eine verbesserte Methode des Freihandschneidens. Hier sprach man vom „Schaftmuster schneiden nach dem Leisten“. Es war praktisch eine Kombination von Knöfels Winkelsystem und dem alten Freihandzeichnen. Es war aber ebenso schwer zu erlernen wie das Freihandzeichnen und für orthopädische Versorgungen kaum geeignet.
Die Leistenkopie
Probleme mit der unzureichenden Passform der Schäfte gab es nicht nur im Handwerk, sondern auch in den immer zahlreicher werdenden Fabriken.7 Die Bodenbauabteilungen schoben bei schlecht sitzenden Schäften die Schuld der Schaftfertigung zu und diese wiederum den Modelleuren. Diese nahmen sich der Kritik nicht an, waren die Modelle doch nach den neusten Erkenntnissen (dem Winkelsystem) angefertigt. Von diesen Schwierigkeiten drang jedoch nicht viel nach außen.
Erst der Wermelskirchener Schuhfabrikant Gustav-Anton Köhler nahm sich dieses Problems offen an und erkannte, „dass das Winkelsystem genau passende Modelle nicht gewährleistet“.8 Nur ein Verändern der Winkel oder Formeln werde nie zu einem optimalen Ergebnis führen. Dieser Erkenntnis folgte ein Experimentieren, an dessen Ende die Leistenkopie stand. Noch heute werden Leistenkopien so angefertigt wie Köhler es zum Ende des 19. Jahrhunderts ersann. 1900 erschien sein Fachbuch „Triumph Modellschneideverfahren für die Schuhindustrie und Schäftemacherei“, das 1918 und 1933 erneut aufgelegt wurde. Sein Fachbuch richtete sich zwar an „Maß-Schuhmacher“, war aber auch das erste Fachbuch für die Schuhindustrie. Nach dem Erfolg seines Buches veröffentlichte er 1938 ein erheblich erweitertes Werk, „Das gesamte Schäftemodellieren in der mechanischen Schäfte- und Schuhfabrikation“. Mit dem dazugehörigen Atlas (Seitenformat 60 x 50 cm – Groß-Folio) dürfte es das größte und aufwendigste Fachbuch in der Geschichte der Schuhfertigung sein. Köhler wurde der erste Schuldirektor der neuen „Preußischen Fachschule für die Schuh- und Schäfteindustrie zu Wermelskirchen“.
Durch das Leistenkopierverfahren nahm die Passgenauigkeit der Schäfte erheblich zu. Nur acht Jahre nach Köhlers erster Leistenkopie arbeiteten rund 75 Prozent der Schuhfabriken nach seinem System.9 Ähnlich wie 1873 beim Erscheinen von Knöfels Lehren, ging auch die Idee der Leistenkopie schnell um die Welt.
Bis 1910 setzte man das neue Verfahren vorwiegend in den Fabriken ein. Das Handwerk erkannte die Vorteile der Leistenkopie dagegen nicht sofort – vielleicht weil diese Errungenschaft aus den verhassten Schuhfabriken kam. Erst zirka zehn Jahre nach der Veröffentlichung Köhlers fand die Leistenkopie Einzug in die Fachliteratur des Schuhmacher- und Orthopädieschuhmacher-Handwerks.
Heinrich Meier lobte die Leistenkopie und vertrat die Ansicht, dass das Winkelsystem bei „Krüppelfußmodellen“ wenig oder gar nicht anwendbar ist.10 Diese Ansicht teilten zwar viele, aber lange nicht alle.
So hatten wir zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei Systeme zum Erstellen der Schaftmodelle: Freihandzeichnen, Winkelsystem und Leistenkopierverfahren – von jedem gab es Variationen, und jedes hatte seine Verfechter! Insbesondere der Streit, welches der vielen Winkelsysteme das beste sei, hielt noch lange an. Erschwerend kam hinzu, dass oft Lehrer an Fachschulen nach ihren eigenen Winkelsystemen unterrichteten und nicht selten Modellwinkel und Anleitungen an Schüler verkauften. Daher wurde die Leistenkopie wahrscheinlich auch aus oft nicht ganz objektiven Gründen abgelehnt.
Um 1920 wurde in Deutschland nach zirka 20 unterschiedlichen Winkelsystemen unterrichtet. Nur wenige Systeme setzten sich langfristig durch. Dennoch wird auch heute, über 140 Jahre nach der Einführung des Winkelsystems, immer noch nach verschiedenen Systemen gelehrt.
Wenige, aber dafür umso engagiertere Kollegen haben sich in den letzten Jahrzehnten dem Schaftbau angenommen, nach ihren Kriterien die besten Methoden ausgewählt und diese bis heute bewahrt. In England hat sich in den letzten 30 Jahren vor allem Frank Jones um den Schaftbau verdient gemacht. In Österreich wird noch heute nach dem „Ur“-Winkelsystem von Robert Knöfel und nach dem bewährten System von Max Schön und Anton Berger unterrichtet. In der Schweiz wird nach Lehren von Heinrich Meili und Härdi gearbeitet.
Wie Meili hat auch Härdi einen eigenen gut durchdachten Modellwinkel entwickelt.
In England und den USA hat sich auch eine ganz neue Form des Schaftmodellierens entwickelt. Als „Tapen“ oder „Taped Forme“ wird ein System bezeichnet, bei welchem der Leisten systematisch mit einer Lage quer- und einer Lage längst verlaufenden Kreppklebebandes „beklebt“ wird. Die Ergebnisse sind von der Passform her sehr gut und mit denen der Leistenkopie vergleichbar.11 Mit jedem der heute angewandten Systeme kann man gut passende Modelle erstellen. Das Ergebnis hängt weniger vom System, als von der routinierten Umsetzung ab. Heute werden im handwerklichen Schaftbau Modelle nach folgenden Systemen gemacht:
– Leistenkopierverfahren,
– Winkelsystem (mindestens vier verschiedene Systeme sind im Gebrauch),
– Tapen,
– Pullover-Technik (selten).
An deutschen Berufsschulen wird auch heute noch nach verschiedenen Winkelsystemen unterrichtet. Das Leistenkopierverfahren steht nur an sehr wenigen Schulen auf dem Unterrichtsplan, obwohl dies sinnvoll wäre. Aber es ist im Berufsschulunterricht nicht leicht umsetzbar und schwerer zu vermitteln als der rein geometrische Aufbau des Winkelsystems.
Da heute leider nur noch sehr wenige Werkstätten die benötigten Schäfte im eigenen Haus fertigen, erhalten Auszubildende und Gesellen kaum noch Zugang zum Schaftbau, und die kleine Schäftemacherei, in der man mal zuschauen konnte, existiert oft nicht mehr. Die Schäfte kommen heute nicht selten aus Niedriglohnländern in die Werkstätten – und so machen die meisten Orthopädieschuhmacher ihre erste Leistenkopie auf den Meisterprüfungs-Vorbereitungskursen. Die unzureichenden Vorkenntnisse im Schaftbau sind bei den Meisterprüfungs-Vorbereitungskursen seit Jahren ein stetig steigendes Problem. In der Regel gelingt es, den Meisterschülern ausreichende Kenntnisse zu vermitteln, um die Prüfung erfolgreich zu absolvieren. Diese reichen jedoch nicht aus, um nach der Prüfung in der eigenen Werkstatt Schäfte herzustellen. Aber auch die spezialisierten Schäftemachereien nehmen ab. Damit droht nicht nur im Orthopädieschuhmacher-Handwerk, sondern auch in der Schaftgestaltung wichtiges Know-how für die individuelle Fußversorgung verloren zu gehen. z
Dank
Für die Unterstützung bei der Recherche und Ausarbeitung möchte ich mich bedanken bei: Frau Dr. Friederike Bischof (für das Lektorat), Schuh Bertl in München (für den Einblick in seine unfassbare Bibliothek zum Schuhmacherhandwerk), Herrn Henry Domack von der Technischen Universität Chemnitz,
Frau Dr. Anne Sudrow vom Zeithistorischen Institut in Potsdam (Autorin des Buches „Der Schuh im Nationalsozialismus“), Nike Breyer (Kuratorin der Ausstellungen „Schritt für Schritt“ und „Fuß folgt Form“), Frau Diana Duchon – Dozentin an der Fachschule Siebenlehn, Wilhelm Jordan und Herrn Andreas Reucher.
Quellen
1 Herman Franke (um 1880 unklar)
„H. Frankes neue Reform Winkellehre“
11 Frank Jones (2008) „Pattern Cutting“
Nobel Footweare, Seite 9-13
6, 8, 9 Alfred Köhler (1918) „ Triumph Modellschneideverfahren“, Seite 3-4
7 Alfred Köhler (1908) „Das gesamte Schäftemodellieren in der mechanischen Schäfte- und Schuhfabrikation“
2, 3 C. Krahmer (1919) „Der Modelleur“
4, 10 Heinrich Meyer (1930) „Die Anfertigung naturgemäßer und orthopädischer Fußbekleidung – Band II Geschichtliche
Entwicklung sowie Technik der Leisten- und Schaftherstellung“, Seite 192-193
5 Ernst Niederlücke (1937) „Wir zeichnen und schneiden Schaftmodelle“ –
3. Auflage.
Abbildungen: 1.Dzikus 2.-15. Seidich
Ausgabe 1/2016
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