Es waren zwei lehrreiche Tage mit einem umfangreichen, intensiven Programm, das richtig viel Spaß gemacht hat“, fasst Franz Fischer, 1. Vorsitzender des Vereins Praeparatio e.V., seine Eindrücke von dem diesjährigen Jahrestreffen zusammen. Nach der coronabedingten Pause habe man den insgesamt 30 Teilnehmern deutlich angemerkt, dass diese das Beisammensein sehr genossen hätten. Das Programm für die Teilnehmer – darunter Meisterschüler aus Landshut und Praeparatio-Mitglieder, die von Österreich bis Osnabrück zu der Veranstaltung anreisten – startete am Freitagnachmittag in der Landshuter „Tafernwirtschaft“. Martin Jaeger, Orthopädieschuhmacher-Meister und Inhaber des Betriebes Jaeger Orthopädie in Lahnstein, hatte für die Gruppe ein umfangreiches Programm zum Thema „Digitalisierte Fertigung in der Orthopädieschuhtechnik“ vorbereitet. Das Ziel lautete, einen Leisten mit Fußbettung zu erstellen.
Das iPad als 3D-Scanner
Zunächst stellte Martin Jaeger das Scanverfahren mit dem iPad vor. Der sogenannte „Structure Sensor“ macht es möglich, ein herkömmliches iPad als 3D-Scanner zu nutzen. Er wird auf eine Befestigungsleiste geschraubt und an der Rückseite des iPads befestigt. Die so generierten Modelle können dann in CAD-Systeme hochgeladen oder beispielsweise direkt auf einem 3D-Drucker gedruckt werden. Die Teilnehmer durften das Einscannen eines im Trittschaum positionierten und im Stand belasteten Fußes mit Hilfe der Software „3DsizeMe“des kanadischen Unternehmens TechMed3D dann auch gleich selbst ausprobieren. Um neben dem Fuß auch die Fußsohle abbilden zu können, wurde anschließend noch der Trittschaum eingescannt.
Von Software zu Software
Danach widmete sich die Gruppe der Weitergabe und Bearbeitung der Daten. Nach dem Versand der Datei per E-Mail konnte sie auf dem PC geöffnet werden. Hier kam eine weitere Software von TechMed3D, „MSoft“ zum Einsatz: Mit deren Hilfe wurde der Fuß-Scan dann auch mit dem Scan des Trittschaums zusammengeführt. Die Datei im STL-Format konnte anschließend in das Programm „Meshmixer“ übernommen werden. Dabei handelt es sich um eine 3D-Software zur Oberflächenmodellierung, die auf Dreiecksnetzen basiert. Hiermit konnte die Gruppe den Scan bearbeiten und glätten. Danach startete das Modellieren des Leistens mit dem CAD-Programm „Rhino 7“, welches von Martin Jaeger vorgestellt wurde. Der OSM zeigte auch, auf welche Weise die Scans übernommen und korrigiert werden und wie die Leistenspitze anmodelliert wird. Nachdem der Leisten fertig war, fehlte dann nur noch die Fußbettung, die ebenfalls mit Hilfe von „Rhino 7“ an den Leisten konstruiert wurde.
Eindrücke aus Ruanda
Die digitalisierte Fertigung beschäftigte die Teilnehmer auch noch am zweiten Tag des Praeparatio-Jahrestreffens: Nach einer kurzen Besprechung einigte sich die Gruppe darauf, eine Orthese anzufertigen. Direkt von seinem Zwischenstopp am Brüsseler Flughafen wurde Orthopädieschuhmacher-Meister Bernd Franke per Skype zugeschaltet, der sich zu diesem Zeitpunkt gerade auf dem Weg zu einem Einsatz als Internationaler Meister in Ruanda befand (wir berichteten über seine weltweiten Einsätze in Orthopädieschuhtechnik 10/2021). Seit mehr als einem Jahr schult Bernd Franke in dem ostafrikanischen Land junge Orthopädiemechaniker in drei Rehazentren. Bisher hatten diese Schulungen pandemiebedingt ausschließlich online stattgefunden. Er vermittelte den Teilnehmern einen Eindruck von der Situation vor Ort, seiner Arbeit und zeigte Bilder von dortigen Werkstätten. Auch in diesem Jahr fand die Fortbildungsveranstaltung wieder im Rahmen der Hauptversammlung von Praeparatio e.V. statt. Bei dieser ging es unter anderem um organisatorische Fragen zu den beiden Büchern des Vereins (siehe Kasten), der derzeit 40 passive und 20 aktive Mitglieder zählt.
Über Praeparatio
Der Verein Praeparatio hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gesellen der Orthopädieschuhtechnik bei der Vorbereitung auf die Meisterschule zu unterstützen und bietet Arbeitsmaterial für alle, die handwerkliches Wissen erwerben und vertiefen möchten. Nach dem Buch „Von der Trittspur zum Leisten“ ist im September nun auch das neue Fachbuch des Vereins mit dem Titel „Grundlagen des Schaftbaus“ erschienen. Wer wissen möchte, wie man unterschiedliche Schaftmodelle mit dem Modellwinkel oder der Leistenkopie konstruiert, findet in diesem Buch alle wesentlichen Arbeitsschritte anschaulich erklärt. www.praeparatio.com
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