Plantarfasziitis und Einlagen
Die plantare Fasziitis als Erkrankung der Plantaraponeurose zeichnet sich durch Schmerzen bevorzugt im Bereich des Ansatzes der Plantarfaszie an der medialen Tuberositas calcanei aus. Sie gehört zu den häufigsten Schmerzursachen in diesem Bereich (Zwipp und Rammelt 2014) und verantwortet zirka 10 – 15 Prozent der Fußbeschwerden bei Erwachsenen (Buchbinder 2004).
Die Plantarfasziitis hat eine Lebenszeitprävalenz (Häufigkeit von Personen, die einmal in ihrem Leben an dieser Erkrankung leiden) von zirka 10 Prozent. Die Erkrankungshäufigkeit nimmt mit dem Alter zu und hat eine Spitze zwischen 40 und 60 Jahren (Tae et al. 2011). Sie steigt mit dem Körpergewicht und dem Vorhandensein von Fußdeformitäten wie Knick-Senk-Platt- und Hohlfuß (Riddle et al. 2003). Diese Fakten sprechen dafür, dass folgende Ursachen eine Rolle spielen:
- die altersbedingte, aber auch die inaktivitätsbedingte Minderung der Belastbarkeit der Bindegewebestruktur Plantarfaszie,
- eine veränderte Biomechanik durch anatomische Gegebenheiten und
- durch das Körpergewicht bedingte, erhöhte mechanische Belastungen.{pborder}
Dafür, dass ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit des Gewebes eine wesentliche Ursache für die Entstehung der Plantarfasziitis ist, spricht auch das gehäufte Auftreten der Fasziitis bei Personen mit stehenden Berufen und bei Laufsportlern. Beim Gehen und Laufen findet ständig ein Zyklus von Pronation und Supination statt, dem ein Dehnungs-Entdehnungszyklus der Faszie entspricht. Bei Sportlern müssen somit zusätzlich Mikrotraumen infolge der sehr häufigen Dehnungs-Entdehnungszyklen und der rezidivierenden Kompressionen als Ursache hinzugefügt werden. Die Fasziitis hat bei ihnen einen Anteil von rund 6 Prozent an allen Tendopathien (Wirth 2002).
Die Diagnose Fasziitis resultiert vorrangig aus den klinischen Zeichen eines Schmerzes während der ersten Schritte am Morgen oder nach Phase des Sitzens, der passiven Dorsalflexion des Sprunggelenkes und/oder der ersten Zehe und einem Palpationsschmerz im Bereich des Überganges Faszie – Calcaneus. Die Bildgebung (Ultraschall, MRT) ist nicht unmittelbar eine diagnostische Option, aber sie zeigt eine verdickte Plantarfaszie und regelwidrige Gewebebefunde an (Goff und Crawford 2011).
Insgesamt ist aber der Begriff „-itis“, also Entzündung, eher unkorrekt. Die Ursache des Schmerzes hat weniger eine entzündliche als vielmehr eine degenerative Ursache (Vohra et al. 2002, Lemont et al. 2003). So zeigen sich
- eine Verdickung der Faszie,
- eine durch Atrophie bedingte Reduzierung des Fettpolsters im tiefen Bereich unter der Faszie,
- Reduzierungen des Wassergehalts,
- Reduzierungen von kollagenen und elastischen Gewebeanteilen (mit Minderung der stoßabsorbierenden Eigenschaften und vermindertem Schutz des Calcaneus)
- Veränderungen der Kortikalis des Calcaneus selbst (Buchbinder 2004, Osborne et al. 2006, Neufeld und Cerrato 2008, Draghi et al. 2017).
Entstehung nicht ausreichend klar
Für die Entstehung einer plantaren Fasziitis sind eine Reihe von Risikofaktoren sowie von orthopädischen und biomechanischen Befunden benannt worden (s. o.). Ihre Beiträge zur Krankheitsentwicklung und ihre Wechselbeziehungen sind aber bisher nicht ausreichend erkannt. Zu den Faktoren gehören die Anatomie des medialen Längsgewölbes, die Achsenveränderungen der Rückfußstellung, eine ausgeprägte Pronation des Fußes, Über- bzw. Fehlbelastung der Faszie und des Calcaneus, die statischen und insbesondere die dynamischen plantaren Kraftwirkungen und Druckbelastungen. Letztere werden in den Untersuchungen zur Ursachenfindung und Erklärung des schmerzhaften Degenerationsprozesses vordergründig verfolgt. Man weiß, dass der Schmerzzustand insgesamt auf Fehl- und Überbelastungen der Bindegewebestrukturen basiert, ohne bisher den genauen Ursache-Wirkungs-Mechanismus für die Schmerzentstehung definieren zu können. Die Literaturdaten sind bis heute nicht einheitlich und sogar kontrovers. Somit gibt es bis heute auch keine „optimale“ evidenzbasierte Therapie. Als therapeutische Zugänge mit wechselndem, aber nicht ausreichend systematischem Erfolg werden vor- beziehungsweise maßangefertigte Einlagen, Fersenpads, Bandagierungen, Nachtschienen, Dehnungen der plantaren Strukturen, Kortisoninjektionen und extrakorporale Stoßwellen, aber auch chirurgische Interventionen eingesetzt.
Einlagenversorgung: Cochrane-Analysen und systematische Reviews
Eine Chochrane-Analyse von Crawford und Thomson (2010) hatte das Ziel, die Wirksamkeit der Therapieinterventionen Einlagen, Kortison, Fersen-Pads, Bandagierung (strapping), Stoßwellentherapie und chirurgische Eingriffe zu prüfen. Die absolute und die relative Effektivität dieser Therapiemaßnahmen ist bisher nur sehr wenig verstanden. Das primäre Untersuchungsziel aller Arbeiten war auf den Fersenschmerz ausgerichtet. Die Autoren fanden nur 19 randomisierte Studien mit 1626 Untersuchten und sie schätzten die Qualität der Arbeiten als generell gering ein. Deshalb konnten die Autoren die Ergebnisse auch nicht in einem gemeinsamen Datenpool zusammenfassen und erweitert auswerten. Es stellte sich auch heraus, dass die häufigen Therapieinterventionen des Fersenschmerzes mit randomisierten kontrollierten Studien bisher nicht untersucht worden sind. Die Autoren fanden:
- eine begrenzte Wirksamkeit der Kortisonanwendung (zeitlich begrenzt)
- widersprüchliche Hinweise zur Wirkung der Stoßwellentherapie für die Minderung des Nacht- und Ruheschmerzes sowie der Druckschmerzhaftigkeit,
- widersprüchliche Hinweise zur Wirksamkeit von Nachtschienen,
- keine Wirksamkeit einer Ultraschall- oder Laserbehandlung,
- keine Wirksamkeit von Einlagen mit Magnetfolien,
- einen marginal günstigeren Effekt von Kortison gegenüber Einlagen, aber mit nur kurzer Wirkungsdauer und -intensität,
- begrenzte Hinweise dafür, dass Dehnungen und Fersen-Pads gegenüber maßangefertigten Einlagen für Personen mit durchgängig stehender Tätigkeit (mehr als 8 Stunden am Tag) leichte Vorteile haben können.
Über- und Fehlbelastungen sind bei Läufern ein häufiges gesundheitliches Problem. Als präventive oder auch therapeutische Maßnahmen werden Dehnungen, Veränderungen des Trainingsprogramms, Schuhe mit Socken, Braces und Einlagen eingesetzt. Yeung et al. (2011) aktualisierten ihr Review von Yeung und Yeung (2001) zur Frage der Prävention von Bindegewebsschädigungen bei Läufern. Dazu analysierten sie 25 Studien mit 30252 Teilnehmern bestehend aus Rekruten, Freizeitläufern, Fußballschiedsrichtern und Strafgefangenen. Alle Studien beurteilten sie als „unklar“ und mit hohem Risiko der Verzerrung behaftet und bescheinigten ihnen daher eine eingeschränkte Qualität. In der Analyse zeigten folgende Maßnahmen keine Wirkung:
- Dehnungen zur Reduzierung von Schädigungen der Bindegewebestrukturen,
- trainingsmethodischen Faktoren (z.B. Verbesserung der Kraft, der Beweglichkeit oder der Bewegungskoordination) und
- ein verlängerter und stärker abgestufter Trainingsaufbau bei Laufanfängern.
Eine sehr geringe Wirkung zeigten Nachtschienen bei Rekruten. Eine Minderung der Dauer und der Häufigkeit von Läufen zeigte bei Gefangenen ebenfalls nur eine sehr geringe Wirkung. Maßangefertigte Einlagen verminderten bei Rekruten das Auftreten einer Tibiaperiostitis. An die Fußform angepasste Schuhe waren hier nicht wirksamer als Standardlaufschuhe.
Zu den konservativen Therapieoptionen der plantaren Fasziitis gehören entsprechend einer Praxisrichtlinie (Thomas et al. 2010) vorgefertigte oder maßangefertigte Einlagen und auch Kortisoninjektionen (Landorf et al. 2004, 2006, Thomas et al. 2010). Für ein Review (Uden et al. 2011) zur Effektivität und Therapiesicherheit von vorgefertigten und maßangefertigten Einlagen zur Behandlung der plantaren Fasziitis fanden die Autoren nur vier und zu Kortisoninjektionen zwei randomisierte und kontrollierte Studien, welche die Qualitätskriterien erfüllten. Sieben weitere Studien konnten wegen nicht korrekter oder fehlender Beschreibung der Randomisierung nicht berücksichtigt werden.
Roos et al. (2006) verglichen die Wirksamkeit maßangefertigter Einlagen und von Nachtschienen. Nach 52 Wochen hatten die Einlagen eine signifikant größere Schmerzminderung verursacht.
Landorf et al. (2006) untersuchten eine Placebogruppe und Patienten mit vorgefertigten (firm foam) und maßangefertigten (semirigid plastic) Einlagen und beurteilten die Wirkung anhand eines Schmerz- und Funktionsscores (jeweils Score: 0 – 100). Nach drei Monaten zeigen beide Einlagentypen einen Vorteil bezüglich Schmerz und Funktion, wobei nur der Score für die Funktion signifikant verbessert war. Der Schmerzscore reduzierte sich gegenüber der Placeboeinlage um 8,7 Punkte durch die vorgefertigte und um 7,4 Punkte durch die maßangefertigte Einlage. Ein Langzeiteffekt nach 12 Monaten konnte aber nicht nachgewiesen werden. Somit zeigten beide Einlagentypen einen Kurzzeiteffekt auf den Schmerz und die physische Funktion. Im Vergleich mit der Kortisonbehandlung ist der Kurzeiteffekt auf den Schmerz gleich, wobei bei der Anwendung von Kortison Nebenwirkungen auftreten.
Gegenüber einer zweimal wöchentlich durchgeführten manualtherapeutischen Behandlung des Fußes und des Sprunggelenks über 4 Wochen zeigten maßangefertigte Einlagen, die über 8 Wochen getragen wurden, einen Wirkungsvorteil (Dimou et al. 2004).
Baldassin et al. (2009) konnten für vorgefertigte und maßangefertigte Einlagen einen jeweils gleichartig signifikanten positiven Effekt auf den Schmerz und die Funktion nachweisen. Die Effekte waren aber nach 4 und 8 Wochen nicht nachhaltig.
Gleichfalls eine Cochrane-Analyse (Hawke et al. 2008) versuchte die Effektivität von Einlagen bei verschiedenen Entstehungsursachen des Fersenschmerzes (plantare Fasziitis, rheumatoide und juvenile idiopathische Arthritis, Pes cavus, Hallux valgus) zu eruieren. Die Autoren fanden einen limitierten Nachweis zugunsten der Wirksamkeit maßgefertigter Einlagen. Sie geben einen „gold level evidence“ für die Behandlung des schmerzhaften Pes cavus und einen „silver level evidence“ für die der plantaren Fasziitis, die juvenile und rheumatoide Arthritis und den Hallux valgus an, wobei für die letztere Pathologie die Operation die noch wirksamere Intervention ist.
Landorf (2015) bearbeitete in einem sehr umfangreichen systematischen Review die Effekte der konservativen Therapie bei plantarem Fersenschmerz. Die Ergebnisse:
- Maßgefertigte Einlagen können effektiver als Placeboeinlagen für die Verbesserung der Fußfunktion sein, aber bei der Wirkung auf den Schmerz bleibt die Antwort aus.
- Maßgefertigte und vorfabrizierte Einlagen können gleich effektiv auf den Schmerz und die Funktion wirken.
- Es bleibt offen, ob maßangefertigte Einlagen effektiver als Nachtschienen sein können.
- Es gab nur ein systematisches Review, welches maßangefertigte Einlagen mit Placeboeinlagen verglichen hat. Es bleibt anhand des Fragebogens zum Gesundheitsstatus des Fußes (Foot Health Status Questionnaire) offen, ob maßangefertigte Einlagen nach 3 und 12 Monaten effektiver für die Reduzierung der Schmerzen sind.
- Maßangefertigte Einlagen sind den Placeboeinlagen nach 3 und 12 Monaten bei der Verbesserung der Fußfunktion (Foot Health Status Questionnaire) überlegen.
- Es gab ein systematisches Review, welches beim Vergleich von maßangefertigten und vorgefertigten Einlagen die „BMJ Clinical Evidence inclusion criteria“ erfüllte. Ein weiteres RCT (randomised controlled trail) beschäftigte sich mit der Schmerzreduzierung durch beide Einlagentypen. Die maßangefertigten hatten gegenüber vorgefertigten Einlagen keine höhere Effektivität auf den Schmerz und die Funktion nach 12 Monaten. Die Beweisstärke der Arbeiten ist aber durchgängig gering.
Einlagen-Studien: Wichtiger methodischer Aspekt
Schuhe und Einlagen verändern die mit muskuloskelettalen Erkrankungen in Verbindung stehenden kinematischen Parameter. Die klinische Relevanz der einzelnen Parameter und deren Ergebnisse sind aber bisher nicht ausreichend sicher bewiesen. Somit liefern sie zwar wichtige Informationen, aber zugleich keinen klaren eindeutigen Bezug zur Diagnose; sie ermöglichen keine Prognosen. Die Ergebnisse unterliegen vielen Einflussfaktoren und sind typisch, aber nicht ausreichend spezifisch. Zusammenhänge werden aufgrund von „Erfahrungswissen“ hergestellt, nicht aber durch ausreichend gesicherte, „evidenzbasierte“ Studien-Ergebnisse.
Als eine Ursache für den Mangel an Evidenz wird die Tatsache angegeben, dass die diagnostischen Kontrollbedingungen, wie zum Beispiel „Kontrollschuhe“, selbst biomechanische Veränderungen hervorrufen. Sie generieren somit gegenüber dem „täglichen Schuhwerk“ der Person bereits geänderte klinische und biomechanische Antworten.
Daraus ergibt sich die Empfehlung, bei biomechanischen Untersuchungen das üblicherweise und über große tägliche Zeiträume vom Probanden getragene „eigene Schuhwerk“ als Kontrollbedingung zu nutzen. Dieses hat einen Einfluss auf die Ergebnisse (Lewinson et al. 2016) und charakterisiert die „übliche“ und mit Schmerzen verbundene Bedingung.
Mit Blick auf die Studien von Benno Nigg ist zusätzlich hervorzuheben, dass relativ geringe Modifikationen der Schnittstelle Fuß – Boden (z.B. durch Einlagen) den bevorzugten Bewegungspfad der Gelenke („preferred movement path“) nicht unmittelbar gravierend verändern (Nigg et al. 2015, 2017).
Nigg et al. stellten dies bei Läufern fest. Mit drei verschiedenen Laufschuhen war die Kinematik des Sprung- und Kniegelenkes ausgeprägt ähnlich. Diese Reaktion ist offensichtlich jedem Individuum eigen und wird erst bei gravierenden Veränderungen der Schnittstelle Fuß – Boden durch Schuhe und/oder Einlagen verlassen.
Die Annahme, dass Einlagen unmittelbar die Kinematik der Gelenkbewegungen verändern, ist also nicht absolut korrekt. Erst größere Änderungen der Schnittstelle Fuß – Boden durch die Einlage wirken sich auf die Gelenkbewegungen aus.
Die Änderung der Kinematik geht aber mit geänderten Muskelaktivitäten einher, was auch zu Fehl- und Überbelastungsreaktionen führen kann. Durch das Tragen der Einlage muss in diesem Fall ein Umlernen provoziert werden.
Im Falle der plantaren Fasziitis kann dieses Umlernen jedoch langwierig sein. Da die plantare Fasziitis eine degenerative Erkrankung ist, hat sie eine unbekannt lange Vorlauf- beziehungsweise Entwicklungszeit. In diesem Zeitraum entstehen oder festigen sich die Bewegungsmuster, welche als eine systematische Adaptation, aber auch Maladaptation an die Entwicklung der anatomischen und funktionellen Änderungen angesehen werden müssen. Das Bewegungsmuster ist durch die lange „chronische Entwicklungszeit“ weitestgehend gefestigt und kann nicht in kurzer Zeit „umgelernt“ werden. Dies hat sicher einen Einfluss auf Ergebnisse von Studien zur Wirksamkeit von Einlagen bei diesem Krankheitsbild.
Prädisponierende anatomische Gegebenheiten
Mehrere Untersuchungen beschäftigen sich mit der Frage, ob bestimmte anatomische Gegebenheiten prädisponierend für eine Plantarfasziitis sind. Ribeiro et al. (2011) verglichen die Rückfußstellung und den Index des medialen Längsgewölbes während des Stehens bei drei Gruppen: bei Läufern mit akuten Symptomen einer Fasziitis, bei Läufern, die bereits in der Anamnese eine Fasziitis aufwiesen, sowie bei durchweg Gesunden. Sie fanden, dass alle drei Gruppen eine gut vergleichbare, ähnliche Valgusstellung des Rückfußes aufwiesen. Der Index des medialen Längsgewölbes war in der Gruppe mit aktuellen Fasziitisschmerzen und der Gruppen mit anamnestischen Schmerzen gleich. Beide Gruppen zeigten jedoch einen Unterschied im Index des medialen Längsgewölbes gegenüber der aus den Gesunden bestehenden Kontrollgruppe.
Dies liefert einen wichtigen Hinweis darauf, dass bei Personen mit Fasziitisschmerzen die Plantarfaszie einem intensiveren Dehnungs-Entdehnungszyklus beim Gehen und Laufen ausgesetzt ist.
Wearing et al. (2007) zeigten, dass das Abrollen während des Gehens an die Fasziitisschmerzen angepasst wird. Damit stehen sie im Widerspruch mit den Ergebnissen beim Laufen, bei dem Ribeiro (2011) keine Anpassungen an die Schmerzen feststellen konnte. Dies weist darauf hin, dass das Gehen und das Laufen mit unterschiedlichen sensomotorischen Strategien verknüpft sind.
Dies ist auch gut mit den erweiterten Ergebnissen vereinbar, dass bei Läufern mit Fasziitis gegenüber Kontrollpersonen unbeeinflusste Muster der plantaren Druckverteilung vorhanden sind. Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass der Fasziitisschmerz nicht mit der plantaren Druckverteilung interferiert (Ribeiro et al. 2011).
Spätere Ergebnisse belegen bei Läufern im akuten und chronischen Stadium der plantaren Fasziitis gegenüber Kontrollpersonen jedoch höhere Kontaktflächen im Rückfuß, höhere maximale Kräfte und Kraft-Zeit-Integrale und einen steileren Anstieg der Beanspruchung (Körpergewicht/Sekunde) (Ribeiro et al. 2015). Dies weist darauf hin, dass die Dehnung der Plantarfaszie sowohl größer als auch beschleunigt ist.
In dieser Untersuchung konnten auch in Abhängigkeit vom Stadium der Fehlbelastung (akut oder chronisch) unterschiedliche dynamische Muster der plantaren Belastungen während des Laufens gemessen werden. Das akute Stadium ist, wahrscheinlich als Folge der sensomotorischen „Gegenregulation“ zur Schmerzvermeidung, mit einer relativ geringeren Steilheit des Kraftanstiegs im Bereich der Ferse verbunden. Die biomechanischen Werte liegen allerdings dennoch über denen der Kontrollpersonen. Läufer mit akuten und chronischen Beschwerden haben eine höhere mechanische Fußbelastung. Diese Untersuchung erkannte auch den medialen Längsgewölbeindex und die Rückfußausrichtung bei sportlichen Läufern mit plantarer Fasziitis als gute Prädiktoren der plantaren Belastung des Vor- und Rückfußes.
In einer weiteren Studie zeigten Ribeiro et al. (2016), dass der statische Rückfußvalgus sowohl bei akuten als auch bei chronischen Beschwerden mit höheren maximalen plantaren Kräften, höheren Kraft-Zeit-Integralen und einem steileren Anstieg der Kräfte über dem Rückfuß verbunden ist. Das höher ausgebildete Längsgewölbe verantwortet zugleich größere Kraftbelastungen des Vorfußes bei Läufern sowohl mit akuter als auch chronischer Fasziitis während der Abdruckpase. Die (Dehn-)Belastungen im Bereich der Köpfchen der Metatarsalia werden hoch und somit auch die Belastungen für die Faszie.
An der Verknüpfung von hohem Fußgewölbe und plantaren Kräften sind auch die anatomischen Veränderungen des Fußbindegewebes und der Muskulatur beteiligt. Die histologischen Ergebnisse bei 50 wegen eines Fersensporns operierten Patienten (Lemont et al. 2003) belegen myxoide Degenerationen mit Fragmentierungen und krankhafte Gefäßerweiterungen im Knochenmark – ein Zeichen der degenerativen Genese der Erkrankung in der plantaren Faszie. Zugleich liegt eine Atrophie der intrinsischen plantaren Vorfußmuskulatur von zirka 5 Prozent vor (Chang et al. 2012), wodurch es zur Destabilisierung des medialen Längsgewölbes kommt.
Plantare Fasziitis und Einlagen
Aktuell unterliegt der Designprozess der Einlagen sehr viel der Intuition und dem Erfahrungswissen und steht häufig nicht ausreichend auf wissenschaftlich begründeten Guidelines, da die Studienlage sehr begrenzt ist.
Für das Fußgewölbe konturierte, vorgefertigte Einlagen (Formthotics, Modell: Original Single Medium) reduzieren bei Rekruten (n = 153) infolge einer akuten hohen Belastung über 11 Wochen im Vergleich zu Placeboeinlagen (3 mm flat insoles, n = 153) das Auftreten von Fehlbelastungen der unteren Extremität (tibiales Stresssyndrom, retropatellarer Schmerz, Achillodynie, plantare Fasziitis) um zirka 34 Prozent (Bonanno et al. 2015, 2017).
Chia et al. (2009) wollten wissen, wie Schuhe, Schuhe mit flachen Einlagen, mit Fersenpads, mit vorgefertigten (Formothics) und mit maßangefertigten Einlagen (fußorthopädisches Labor: halbstarre Acrylortheseschale mit festem Schaum unter der Fersenregion und eingefräster Öffnung) die plantaren Druckwerte bei 30 Patienten zwischen 20 und 65 Jahren mit einseitig vorliegender Fasziitis beeinflussen. Das Fersenpad bewirkte einen nur marginal reduzierten Fersendruck gegenüber den normalen Schuhen und sogar einen höheren Fersendruck im Vergleich mit den flachen Einlagen. Die Druckwerte bleiben in der Fersenregion erhalten und dies erklärt auch das Ergebnis von Gill (1996), dass ein Fersenpad im Ranking von 11 Interventionen eine sehr geringe Effektivität hat.
Alle weiteren Interventionen sorgen im Vergleich mit den Schuhen ohne Einlagen für reduzierte maximale Druckwerte im Rückfuß. Die maßangefertigten Einlagen (relativ eng gefolgt von den vorgefertigten Formothics) verursachten höhere Kontaktflächen und verminderten deshalb sowohl auf der symptomatischen wie der asymptomatischen Seite die maximalen Druckwerte. Der Vorteil beider Einlagen ist auch die Unterstützung des Fußgewölbes. Somit sind sie für die Reduzierung der Beanspruchung der plantaren Fläche effektiv, obwohl das systematische Review von Landorf et al. (2004) eine nur geringe Wirksamkeit für die Behandlung der Fasziitis konstatiert.
Bei Patienten mit Fasziitis ist insbesondere die maximale vertikale Belastungsrate im Fersenbereich relevant hoch und Interventionen zu deren Reduzierung werden gesucht. 15 gesunde Personen führten eine Laufanalyse mit ihren „eigenen“ Sportschuhen oder darin eingelegten „Dr. Scholl’s active series“-Einlagen (DSAS) durch (Lewinson und Stefanyshyn 2017). Die biomechanische Analyse ergab eine deutliche Reduzierung der maximalen vertikalen Belastungsraten um im Mittel 16 Prozent durch die Einlagen. Dagegen hatten sie keinen systematischen Einfluss auf die maximalen Geschwindigkeiten der Eversion, auf die Eversionswinkel im Sprunggelenk und auf die Winkelimpulse der Abduktion im Kniegelenk. Die Beeinflussung dieser Parameter wäre für das tibiale Stresssyndrom beziehungsweise den patellofemoralen Schmerz bedeutungsvoll. Somit hat dieser Einlagentyp potenziell eine Wirkung auf die Fasziitis, aber keine Relevanz für die weiteren Fehlbelastungssyndrome an der unteren Extremität.
42 Patienten mit einer einseitig ausgeprägten Fasziitis unterzogen sich einem Vergleich zwischen dem Tragen einer langsohligen Silikoneinlage und einer ultraschallgeführten Kortisoninjektion (Yucel et al. 2013). Die Wirksamkeit wurde anhand des Schmerzes beim ersten Schritt (VAS-Skala), dem Heeltenderness-Index, dem Fuß- und Sprunggelenk-Outcome-Score und der mittels Ultraschall diagnostizierten Fasziendicke geprüft. Nach einem Monat konnten für beide Gruppen in allen Prüfparametern signifikante Besserungen gefunden werden, wobei das Kortison die höhere Wirksamkeit zeigte. Als nicht invasive Therapieintervention wird aber dennoch die Einlage als diejenige der ersten Wahl angesehen.
Bei einer Untersuchung zur Effektivität einer Vollkontakteinlage (ethylene vinyl acetate) bei Fasziitispatienten (Oliveira et al. 2015) mittels einer randomisierten Doppelblindstudie mit 37 Patienten im Vergleich mit 37 Kontrollpersonen (flat Einlagen) wurde der Schmerz in physischer Ruhe und während des Gehens gemessen. Eingesetzt wurden dazu die Visuelle Analogskala (VAS), der Gesundheitsfragebogen zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF 36), der Fußfunktionsindex (FFI-G: Ermittlung des Einflusses einer Fußpathologie auf den funktionsbezogenen Schmerz, eine Behinderung und die Restriktion der Aktivität), der Fragebogen zum Gesundheitsstatus des Fußes (fußspezifisches Befragungsinstrument zu Schmerz und Behinderung), der 6-Minuten Gehtest und die pedobarographische Messung der plantaren Druckwerte. Die Ergebnisse nach 180 Tagen erbrachten für die Einlagenpatienten einen statisch sicheren Vorteil hinsichtlich des Schmerzes während des Gehens (p = 0,008) und der Gehstrecke (p = 0,010), wobei beide Gruppen Verbesserungen des Schmerzes in physischer Ruhe und in den Fragebogenkategorien Fußfunktion, körperliche Funktion, Körperschmerz, Vitalität und soziale Teilhabemöglichkeiten angaben. Das plantare Druckmuster war unbeeinflusst. Somit zeigten diese Einlagen einen positiven Effekt auf den Schmerz unter Belastung und, wahrscheinlich daraus resultierend, auf die Mobilität des Gehens. Die verbesserte Mobilität eröffnet die Möglichkeit, die aus therapeutischer Sicht notwendigen physischen Aktivitäten systematisch aufzubauen. Dies ist umso wichtiger, als die krankheitsbedingt „erzwungene“ reduzierte Aktivität wesentlich zu der Verschlechterung des chronisch degenerativen Krankheitsbildes beiträgt. Die Einlagen fungieren hier als Instrument einer mittelfristigen Verbesserung der Belastungsmöglichkeit.
Für die chronisch degenerative Ursache spricht auch eine weitere Studie. Durch eine 8-wöchige Ruhigstellung in einer „EZ Step“-Fußorthese und Gabe von nicht-steroidalen Antirheumatika für 4 bis 6 Wochen verminderte sich bei 73,5 Prozent von 117 Patienten der Schmerz auf VAS ″ 3, bei 12,8 Prozent der Patienten auf VAS ≥ 4. Nur bei 13,6 Prozent der Patienten war ein sehr unbefriedigendes Ergebnis (VAS ≥ 7) zu verzeichnen (Al-Bluwi et al. 2011).
Es ergibt sich ein grundsätzlicher therapeutischer Ansatz: Eine relative Ruhigstellung als einleitender Therapieschritt reduziert bei hoher Schmerzintensität zunächst die inadäquat hohe Beanspruchung der im degenerativen Strukturverfall befindlichen plantaren Faszie. Damit kann die Bilanz zwischen Belastung und Belastbarkeit zum Positiven verschoben und gleichzeitig die resorptive Entzündung gehemmt werden. In Abhängigkeit von der Schmerzintensität und vom Stand des Degenerationsprozesses, der sich mit Ultraschall feststellen lässt, sollte dann neben der Einlagenversorgung zur Reduzierung der mechanischen plantaren Belastungen im Alltag ein therapeutisches Programm mit dosierten koordinativen Anteilen (z.B. Gangschulung), aber auch konditionellen Anteilen durchgeführt werden.
Simulationen belegen Möglichkeit deutlicher Druckminderungen
Die langfristigen Folgen der chronisch degenerativen Erkrankung lässt die plantaren Druckwerte ansteigen. Die Druckreduktion ist somit ein wichtiger therapeutischer Ansatz. Mittels einer Finite-Elemente-Analyse wurde die Wirksamkeit von 27 Einlagen-Designs (Anpassungen: flat, half conforming, full conforming; Einlagendicken: 6.3, 9.5 and 12.7 mm; Materialien: Poron Cushioning, Microcel Puff Lite, Microcel Puff) in der frühen Unterstützungsphase des Gehens simuliert. Die Ergebnisse wurden jeweils durch Messungen am Menschen, für den das Modell berechnet wurde, kontrolliert. In der Analyse zeigte sich die Passform der Einlage als die wesentliche Designvariable. Bei den Modellen zeigte sich
- eine Druckverminderung um 24 Prozent durch flat-Einlagen im Vergleich zum Barfußgehen,
- eine Druckverminderung um bis zu 44 Prozent durch vollständig angepasste (full conforming) Einlagen im Vergleich zum Barfußgehen (Goske et al. 2006).
Mit der Finite-Elemente-Analyse kann auch gezeigt werden, dass die Form der Einlage die Beanspruchung der plantaren Faszie deutlich beeinflusst. Die Beanspruchung der plantaren Faszie und der maximale Druck können mit einer optimierten Einlage um 14 bzw. 38,9 Prozent abnehmen, und damit auch die Grenzzonenbeanspruchung zwischen Faszie und Calcaneus (Hsu et al. 2008), die eine wichtige Komponente bei der Entstehung und der Unterhaltung der plantaren Fasziitis darstellt. Der degenerative Status belegt aber auch den Bedarf eines erforderlichen sensomotorischen Therapieansatzes als wesentliche gemeinsame Therapiekomponente.
Zusammenfassung
Die plantare Fasziitis ist primär eine chronisch degenerative Erkrankung mit langer Entwicklungsgeschichte. Als Ursachen sind eine inaktivitätsbedingte Minderung der Belastbarkeit, eine veränderte Biomechanik durch bestimmte Fußformen, chronische Fehl- und/oder Überbelastungen infolge Übergewicht, langen Stehens oder hoher sportlicher Laufbelastungen zu nennen.
Die daraus resultierende Krankheitsentstehung ist bisher aber nicht ausreichend verstanden. Sicher ist, es besteht ein chronisches Missverhältnis zwischen Belastung und der geweblichen Belastbarkeit, wobei die Mechanismen der Degeneration und der Schmerzentstehung ungeklärt sind. Da es keine klar definierbaren Ursachen gibt, ist auch das therapeutische Spektrum relativ groß. Leider lässt sich für die einzelnen Interventionen keine systematische und stabil reproduzierbare Wirksamkeit aufzeigen. Die Literaturergebnisse hierzu sind nicht nur uneinheitlich, sondern teilweise auch kontrovers.
Es liegen in der Regel deutlich erhöhte plantare Kraftwirkungen und Druckbelastungen vor. Diese werden als Erklärung des schmerzhaften Degenerationsprozesses herangezogen. Sie sind aber doch eher als das Ergebnis des degenerativen Prozesses der Bindegewebestrukturen und der Muskulatur zu bewerten. Die erhöhten plantaren Druckwerte sind zwar typisch für die Fasziitis, aber nicht spezifisch. Entsprechend liefern sie zwar wichtige Informationen, haben aber keinen eindeutigen Bezug zur Diagnose.
Die hohen Druckwerte belegen dennoch den Bedarf einer Versorgung mit Einlagen zur Druckminderung. Aktuell unterliegt der Designprozess der Einlagen mehr der Intuition als einer ausreichenden wissenschaftlichen Begründung. Es können deutliche Druckminderungen erreicht werden, für die bislang eine ausreichende kurzfristige, aber häufig keine langfristige Wirksamkeit gezeigt werden konnte.
Die Einlagenversorgung ist aber auch nur eine therapeutische Komponente. Sie muss grundsätzlich immer auch mit einer Gangschulung und mit dosierten ausdauer- und kraftorientierten Belastungen kombiniert werden. Die Einlagen reduzieren den Druck und die Gangschulung soll die Gangsensomotorik beeinflussen. Die Bindegewebestrukturen benötigen dosierte Spannungsentwicklungen, die eine direkte Folge von Muskelkontraktionen sind. Gleichzeitig wird dadurch der Muskelatrophie entgegengewirkt.
Wolfgang Laube | Michael Kaune | Gregor Pfaff
Anschrift für die Verfasser:
PD Dr. Wolfgang Laube
Kolumbanstr. 4
6844 Altach, Österreich
Artikel aus OST-Ausgabe 03 / 2018