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14. September 2021
Annette Switala
„Mein Betrieb – meine Zukunft“

Wie überlebt die Orthopädieschuhtechnik?

Fachkräftemangel, Ärger mit der Kostenerstattung, aggressiver Wettbewerb, wachsende Bürokratie und immer wieder neue rechtliche Vorgaben: Die Herausforderungen, vor denen die Orthopädieschuhtechnik steht, werden immer größer. Damit wächst auch der Veränderungsdruck für die Betriebe. Welche Konzepte und Geschäftsmodelle können auch in Zukunft tragfähig sein? In dem Impulsseminar „Mein Betrieb – meine Zukunft“, das C. Maurer Fachmedien am 7. Oktober 2020 in Köln veranstaltete, zeigten Branchen​experten und erfolgreiche Betriebsinhaber Lösungen auf.
Foto: GIS/Adobe Stock

Die Unzufriedenheit in der Branche wächst. Immer häufiger haben wir in den letzten Jahren von Orthopädieschuhmachern gehört, die ihren Betrieb aufgeben wollen, obwohl sie das Rentenalter noch lange nicht erreicht haben, weil sie „keine Lust mehr“ haben oder angesichts der bestehenden Verhältnisse „müde“ geworden sind. Häufig werden als Gründe „Bürokratismus“ und immer neue Anforderungen durch neue Gesetze, aber auch durch die Kostenträger genannt, denen manche Betriebsinhaber nicht mehr standzuhalten glauben. Der Druck auf die Betriebe scheint zuzunehmen, so unser Eindruck. Anlass für C. Maurer Fachmedien, gemeinsam mit Unternehmsberater Anton Bittler, a.b.s. Beratung, ein Impulsseminar zu veranstalten, das die aktuellen Probleme, vor denen die Betriebe stehen, thematisiert und Strategien aufzeigt, mit denen auch kleinere Betriebe den Herausforderungen der Zukunft begegnen können.

Anton
Foto: C. Maurer Fachmedien
Anton Bittler

Bestandsaufnahme: Wo drückt der Schuh?

Auf rechtlicher und gesundheitspolitischer Ebene haben die Betriebe in den nächsten Jahren eine Menge zu meistern, machten Jessica Kuhn, Geschäftsführerin, und Thomas Ehrle, Vorstandsmitglied im Zentralverband Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) deutlich. Zahlreiche Anforderungen der EU-MDR sind bis Mai nächsten Jahres zu erfüllen, was einen erheblichen Dokumentations- und Qualitätssicherungsaufwand für die Betriebe bedeute. Mit dem für 2023 geplanten Anschluss der OST-Betriebe an die Telematik-Infrastruktur, der Einführung des elektronischen Berufsausweises und des elektronischen Rezepts werden weiterer Aufwand und womöglich auch Kosten auf die Betriebe zukommen. „Hier werden wir uns dafür einsetzen, dass die GKV die Finanzierung der Erstausstattung übernimmt“, erklärte Kuhn. Großen Ärger bereiten derzeit die Präqualifizierungsbedingungen der DAkkS, wobei der ZVOS gemeinsam mit anderen Gesundheitshandwerken dafür kämpfe, dass die immens hohe Anzahl an Betriebsbegehungen wieder beschränkt wird, um Kosten und Zeitaufwand für die Betriebe zu reduzieren.

In Sachen Kostenerstattung sieht es für die OST-Betriebe düster aus, machten Kuhn und Ehrle deutlich. Die Einnahmen im Gesundheitsfond seien durch die Corona-Pandemie drastisch gesunken, und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe zu verstehen gegeben, dass im nächsten Jahr bei Preisverhandlungen mit Nullrunden zu rechnen sei. Thomas Ehrle meinte, dass man sich strategisch gut überlegen müsse, worüber man in Zeiten der Pandemie überhaupt verhandeln sollte. „Machen wir uns nichts vor: Die Zeiten werden nicht besser werden!“, sagte Jessica Kuhn.

Mit den derzeit laufenden und geplanten Fortschreibungen im Hilfsmittelverzeichnis kämen weitere Veränderungen auf die Betriebe zu. Hier konnte Ehrle jedoch die gute Nachricht weitergeben, dass der GKV-Spitzenverband bereit zu sein scheint, die PG 31 durch einen Diabetes-Teil zu ergänzen. Allerdings sei geplant, dass für die Diabetesversorgung Fortbildungsnachweise erbracht werden müssen und in jedem Betrieb ein Druckverteilungsmessgerät vorhanden sein muss.

Jessica
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Jessica Kuhn

Immer mehr Betriebe geben auf, wenige kommen nach

Die Krise in der Orthopädieschuhtechnik ist längst da, machte Gerold Elkemann, Geschäftsführer der Landesinnung Bayern für Orthopädieschuhtechnik, deutlich. „Die Zahl der Hauptbetriebe sinkt kontinuierlich“, berichtete er. „Gleichzeitig nimmt die Zahl der Großbetriebe und die Filialisierung zu“. Sanitätshäuser mit OST-Abteilung und große Investoren eroberten den Markt, wobei es mitunter zu Aufweichungen der Handwerksordnung komme. Sanitätshäuser könnten die Preise in der Schuhtechnik anders kalkulieren, weil ihre Haupterlöse in anderen Produktgruppen liegen. Das erschwere die Preisverhandlungen für die Orthopädieschuhtechnik.

„Ein zentrales Problem ist auch der Fachkräftemangel“, betonte Elkemann. Erschreckend sei, dass die Neugründungen von Betrieben in Richtung Null tendieren – mit Ausnahme von Filialgründungen. „Viele haben Angst vor der immensen Bürokratie, die Gesetzgeber und Krankenkassen verlangen, scheuen die Verantwortung und die Haftungsrisiken und wollen lieber als angestellter Meister arbeiten.“ Eine Umfrage in Meisterkursen habe zudem ergeben, dass junge Erwachsene eine ausgeprägte Work-Life-Balance gegenüber der Führung eines Betriebs bevorzugen. „Auch die Präqualifizierungsvorgaben erschweren die Betriebsübergaben“, meinte Elkemann. Durch den Rückgang der Gründungen in den letzten Jahren fehle der Orthopädieschuhtechnik quasi eine ganze Generation an Betriebsinhabern.

Auch müsse sich die Orthopädieschuhtechnik Gedanken machen, wer ihre Belange künftig noch vertritt. „Die Innungen überaltern“, so Elkemann, und müssten sich dringend in Struktur und Finanzen neu aufstellen, um weiterhin schlagkräftig zu sein. Darüber hinaus schwäche die Zersplitterung der Orthopädieschuhtechnik, das Fehlen eines gemeinsamen Bundesverbandes, das Standing gegenüber Krankenkassen und Politik.

 

Gerold
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Gerold Elkemann

Das „Regelwerk“, das die Betriebe befolgen müssen, ist höchst umfangreich, erklärte Philipp Radtke, Landesinnungsmeister des Innungsverbandes NRW und Obermeister der Innung für Orthopädie-Schuhtechnik Rheinland-Westfalen: Hilfsmittelverzeichnis, Präqualifizierung, Krankenkassenverträge, DSGVO, HHVG, TSVG und MDR erzeugten Anforderungen, die Kleinbetriebe kaum noch stemmen könnten.

„In NRW haben wir 115 Alleinmeister und doppelt so viele Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern. Wer soll sich in Klein- und Kleinstbetrieben um das Regelwerk kümmern, wenn auch noch ein funktionierendes Hilfsmittel gefertigt werden soll?“, brachte Radtke die Situation vieler Betriebe auf den Punkt.

Er sieht es als Aufgabe der Innungen an, die Betriebe so weit wie möglich in den Verwaltungsaufgaben zu unterstützen. Dazu hat der Innungsverband NRW eine Dienstleistungs GmbH gegründet. Für die Innungsmitglieder werden beispielsweise die wichtigsten Infos aus den Verträgen und Neuerungen aus dem Hilfsmittelverzeichnis zusammengefasst oder Verfahrensanweisungen gegeben. Außerdem unterstütze man bei der Vorbereitung der Präqualifizierung und biete für die Erfüllung der MDR-Anforderungen ein zentral gesteuertes QM-System nach ISO 13485 an. Wesentlich für die Unterstützung der Betriebe sei ein Vertragsmanager, der die Verwaltung von Verträgen, Zertifikaten, Betriebsdaten, Kostenträgerinformationen, juristischen Grundlagen und betriebswirtschaftlichen Informationen ermöglicht.

Philipp
Foto: C. Maurer Fachmedien
Philipp Radtke

Transparente Zahlen schaffen

Dass Klein- und Kleinstbetriebe den Aufwand, der heutzutage gefordert ist, alleine immer weniger stemmen können, ist der Grund für Betriebsberater Anton Bittler, betriebswirtschaftlich sinnvolle Zukunftskonzepte für aufgeschlossene Betriebe zu finden. „30 bis 40 Prozent der Betriebe suchen in den nächsten drei bis fünf Jahren einen Nachfolger“, sagte er, „und was mir gar nicht gefällt, ist, dass immer mehr sagen: Wenn ich keinen Nachfolger finde, dann schließe ich den Betrieb.“ Ziel müsse doch sein, den Betrieb so attraktiv zu machen, dass sich ein Nachfolger finden lässt oder die Übernahme für ein anderes Unternehmen interessant ist.

Bittler stellte klar, dass es unumgänglich ist, für die Einschätzung der Zukunftsfähigkeit des eigenen Betriebs eine klar strukturierte, nach Betriebsbereichen gegliederte Aufstellung der Kosten und Erlöse und eine Analyse der Kennzahlen vorzunehmen. Erschreckend viele Betriebe seien nicht in der Lage dazu, den Wert ihres Betriebes einem potenziellen Nachfolger differenziert darzulegen. Die anzustrebende Umsatzrendite für einen zukunftsfähigen Betrieb liegt in Bittlers Augen bei 15 bis 20 Prozent, da es für die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes immer auch möglich sein müsse, in innovative Technologien, neue Strukturen und Dienstleistungen zu investieren. Die meisten Kleinbetriebe lägen weit darunter.

„Um diese Rendite zu erreichen, muss man im Vorfeld alle Parameter prüfen und analysieren, womit man wirklich Geld verdient!“, betonte Bittler. Er riet davon ab, den Leistungen des Wettbewerbers nachzueifern, sondern plädierte dafür, seine eigene Stärken auszubauen und zu lassen, was man nicht so gut könne. Im weiteren Verlauf des Seminars stellte Bittler eine Vielzahl an Möglichkeiten vor, wie Betriebe ihre Situation verbessern können. Dazu hatte er drei besonders erfolgreiche Betriebsinhaber mitgebracht, die von ihren Erfahrungen berichteten.

Dirk
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Dirk Klein

Spezialisierung und Optimierung

Die Marktchancen am eigenen Standort zu analysieren, und die eigenen Leistungen entsprechend zu optimieren sei ein Weg, den Betriebe gehen können, so Bittler. Dafür hat sich OSM Dirk Klein, Köln, entschieden. Sein Betrieb wurde 1931 von seinem Großvater gegründet, der Vater führte ihn alleine weiter, teilweise unterstützt von der Mutter. Als Dirk Klein 2002 in den Betrieb einstieg, stand er vor der Frage, ob er aufgrund der beengten Räumlichkeiten den Standort wechseln oder eine Filiale gründen sollte. Da der Kundenstamm vor Ort aber sehr gut war, entschied er sich, angrenzende Räumlichkeiten dazu zu mieten.

Dirk Klein ist es wichtig, die Beratung des Kunden in den Vordergrund zu stellen und ein sehr gutes Produkt anzubieten, das den Kunden nachhaltig zufriedenstellt. Dabei nahm er schon früh die Kontrolle von Kennzahlen und die Erarbeitung eines „roten Fadens“ in der Betriebsführung wichtig. Inzwischen ist sein Betrieb drei Mal in der Fläche gewachsen, es gibt drei Maßräume, die nach Maßschuhversorgung, Sport- sowie Kompressionsversorgung getrennt und mit Scantechnologien bzw. Videoanalyse ausgestattet sind. Dies werde von den Kunden, die so etwas teilweise noch nie woanders gesehen hätten, oft als positiv rückgemeldet.

Gewandelt habe sich auch, dass die Digitalisierung immer mehr Einzug in seinen Betrieb gehalten hätte, es gebe inzwischen mehr Computer als Mitarbeiter; einer seiner wichtigsten Werkstattmitarbeiter arbeite nur noch am Bildschirm. Für die Verwaltung hat Dirk Klein eine Bürokraft, die ihn so stark entlastet, dass er sich seiner Lieblingsaufgabe, der Betreuung der Kunden, und der Führung des Betriebs widmen kann. Das lohne sich aber wohl erst ab 10 Mitarbeitern, meinte er.

Jan
Foto: C. Maurer Fachmedien
OSM Jan Kubasch.

Unterschiedlichste Arten von Kooperationen können ebenfalls Wege sein, sich zukunftsfähiger aufzustellen, erläuterte Anton Bittler – seien es Kooperationen mit Podologen und Fußpflegern, Physiotherapeuten, Sportgeschäften oder mit Sanitätshäusern. Eine ungewöhnliche Art der Zusammenarbeit mit einem Sanitätshaus ist Jan Kubasch, Bautzen, eingegangen. Er stand mit seinem OST-Betrieb vor der Herausforderung, dass in seiner Region mehrere große Sanitätshausketten mit eigener Orthopädieschuhtechnik einen enormen Wettbewerb darstellten. Auch meldeten ihm Kliniken zurück, dass er Aufträge nur bekommen würde, wenn er eine Komplettversorgung bieten könne.

Jan Kubasch überzeugte ein Sanitätshaus, das selbst keine Orthopädieschuhtechnik anbot, eine Kooperation aufzubauen, bei der beide Unternehmen selbstständig bleiben. Es gibt gemeinsame Filialen, die jeweils in zwei deutlich unterscheidbare Bereiche mit den CIs der beiden Unternehmen geteilt sind. Die Mitarbeiter sind darin geschult, Rezepte aus beiden Bereichen anzunehmen, zwei Kassensysteme zu bedienen, in beiden Bereichen zu beraten oder die Kunden zum jeweils richtigen Ansprechpartner zu leiten. Für die Zukunft ist geplant, auch in der Verwaltung und in der Abrechnung Synergien zu schaffen. Mit dem Sanitätshaus einigte Kubasch sich, dass er die Einlagenversorgung und Maßschuhe komplett übernimmt, das Sanitätshaus dafür die Kompressionsversorgung. Inzwischen hat sich das für beide gelohnt, da beide neue Kunden hinzugewannen: Nach den ersten gemeinsamen Filialen sind nun weitere in Planung – und für Kliniken kann die Kooperation nun eine Komplettversorgung bieten.

Maximilian
Foto: C. Maurer Fachmedien
Maximilian Möller

Prozessoptimierung und Digitalisierung

Beim Aufbau eines Filialnetzes ist die Gründung der ersten Filiale am aufwändigsten, erläuterte Anton Bittler. Entscheidend sei, eine Strukturorganisation aufzubauen, welche die Abläufe an und zwischen den verschiedenen Standorten effizient macht. Die Filialisierung nehme derzeit zu, häufig auch in Form der Übernahme bestehender Betriebe.

Maximilian Möller hat die Leitung einer neuen, ebenfalls durch eine Betriebsübernahme geschaffenen Filiale der M&L Löser Orthopädieschuhtechnik GmbH in Oberhausen übernommen. M&L betreibt neben dem Stammsitz in Bad Liebenstein weitere Filialen in Breitungen und Meiningen und ist von einem kleinen Meisterbetrieb über die Gründung einer Orthopädieschuhtechnik GmbH 2001 zu einem Komplettversorger mit Podologie, Physiotherapie und Orthopädietechnik gewachsen. Das Unternehmen arbeitet derzeit verstärkt daran, sich zu einem digital durchorganisierten Betrieb zu entwickeln. Komplexe Prozesse sollen vereinfacht und so weit wie möglich automatisiert werden.

Bei der Übernahme des Betriebs in Oberhausen galt es, doppelte Software, doppelte Abrechnungssysteme und unterschiedliche Betriebsabläufe zu vereinheitlichen, berichtete Möller. Die Ansprechpartner aus den verschiedenen Standorten sollten digital vernetzt und effiziente Datei- und Formularstrukturen geschaffen werden. Für M&L lag der Weg zur Betriebsoptimierung darin, zunächst die internen Prozesse handschriftlich, und dann mit der Prozesssprache BPMN 2.0 in allen Details zu erfassen – denn, so Möller: „Nur die Prozesse, die man kennt, kann man verbessern.“ Die anschließende Analyse der Prozesse orientierte sich an den Fragen, welche Abläufe sich verschlanken, automatisieren und digitalisieren lassen. „Für die Prozessoptimierung kann man sich Hilfe von außen holen“, riet  Möller, „zum Beispiel bei den Handwerkskammern.“

Wesentliches Augenmerk liegt bei M&L in der Entwicklung einer möglichst passgenau auf die Belange des Betriebes zugeschnittenen Software. „Es gibt zwar viele digitale Lösungen in der Produktion, aber keine Verwaltungssoftware aus der OST für die OST“, so Möller. Die derzeit gängigen Softwareangebote seien zumeist auf andere Berufsgruppen zugeschnitten, berücksichtigten Individualversorger zu wenig und legten den Schwerpunkt auf die Abrechnung. Aus Möllers Sicht liegt die Lösung nicht darin, eine einzige Software für alle Betriebsbereiche zu haben, sondern eine zentrale Software-Basis, die alle Daten erfasst und die jeweils relevanten Informationen in die Bereiche und an die Mitarbeiter schickt, die sie benötigen. „Man muss heute in Schnittstellen denken“, sagte er, und könne dann mit Einzeltools für die verschiedenen Bereiche arbeiten. „Unser Ziel ist, dass der gesamte Betrieb mit einem Tablet gesteuert werden kann, auf der Basis einer cloudbasierten, zentralen Datenbank“. Optimalerweise sollen in Zukunft auch Ärzte und Patienten eingebunden werden können.

Bei M&L werden sämtliche Kundendaten und -prozesse mit einem Termin-Tool gesteuert. Erinnerungen an Termine sowie auf den Kunden zugeschnittene Marketingaktionen können so weitgehend automatisiert bereitgestellt werden. Mit Hilfe einer digitalen Wissensdatenbank, die M&L aufbauen will, sollen Prozesse, wie die Einlagen- oder Maßschuhfertigung, für den Kunden transparent gemacht werden.

„Es wird in Zukunft eine Menge neuer Fische im Becken geben“, lautet Möllers Prognose für den Markt der Orthopädieschuhtechnik. Auch Branchenfremde würden sicher zu den Wettbewerbern gehören. Deshalb sei es umso wichtiger, sich selbst digital sehr gut aufzustellen. „Dass ein Großteil an Einlagen online in Auftrag gegeben und digital gefertigt werden können, machen uns derzeit Anbieter wie GetSteps vor, und das mit einem gar nicht so schlechten Versorgungsergebnis“, sagte der Referent. Er sei überzeugt, dass Einlagen, sofern der Algorithmus gut ist, automatisiert gefertigt werden können. „Allerdings nur die Einlagen, die für weitgehend normale Füße vorgesehen sind. Wir werden die Individualversorger für die schwer deformierten oder schmerzhaften Füße und für Sportlerfüße bleiben“, glaubt er. Man müsse sich jedoch überlegen, ob man an den digitalen Einlagenaufträgen teilhaben oder sie sich von anderen wegnehmen lassen wolle.

Podiumsdiskussion
Foto: C. Maurer Fachmedien
Auf dem Podium diskutierten (v.l.) Wolfgang Best, Thomas Ehrle, Jessica Kuhn, Gerold Elkemann, Maximilian Möller, Philipp Radtke, Dirk Klein, Jan Kubasch und Anton Bittler.

Partnermodelle für gleichgesinnte Inhaber

Neben weiteren Konzepten, die Betriebe stärken können, verriet Anton Bittler auch, welche Zukunftsvision seine bevorzugte für die Orthopädieschuhtechnik ist. Er favorisiert Interessengemeinschaften von mehreren Orthopädieschuhtechnikbetrieben. Diese könnten beispielsweise Gemeinschaftsproduktionen, gemeinsame Verwaltungs- und Einkaufsabteilungen bilden und miteinander Vertriebs- und Marketingprojekte aufsetzen. Zusammen könne man auch Fertigungsaufträge von anderen OST-Betrieben annehmen. Als besonders geeignet für solche Partnerschaftsmodelle sieht Anton Bittler die Genossenschaft an, da diese Transparenz für die Partner biete und gleichzeitig ermögliche, dass das Know-how in der Gruppe bleibe. Solche Modelle seien früher oft daran gescheitert, dass bei drei Köpfen in der Orthopädieschuhtechnik in der Regel drei unterschiedliche Meinungen herrschten. „Die jüngere Generation denkt da schon anders und ist aufgeschlossener für gemeinsame Lösungen.

Auch in den Diskussionen liefen viele Wortmeldungen darauf hinaus, dass wieder stärker gemeinsam agiert werden müsse, um die Interessen der Betriebe zu stärken – sei es auf Bundesebene, auf der Ebene der Innungen oder in Interessengemeinschaften der Betriebe. Die Stimmung auf der Veranstaltung war innovationsfreudig und durchaus optimistisch. So erhielt Dirk Klein viel Beifall, als er am Ende seines Vortrags resümierte: „Klar, die Stellschrauben, an denen wir drehen müssen, sind größer geworden. Aber wir haben einen supertollen Beruf, der unheimlich viel Spaß macht. Und es ist ein Beruf mit Zukunft! Zwar wird sich auf dem Markt vieles ändern, aber als Unternehmer sind wir gefordert, uns dem zu stellen und immer wieder neue Wege zu finden.“

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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