Konflikte im Team schlichten
Wo gearbeitet wird, gibt es Streit. Unzufriedenheit wird zur Wut und schnell werden Fakten beiseite gelassen – und es wird persönlich. Schlimmstenfalls können solche Entgleisungen die Zusammenarbeit auf Dauer beeinträchtigen. Leider werden Konflikte am Arbeitsplatz selten offen angesprochen. Denn viele Führungskräfte haben Angst, in Konflikte ihrer Mitarbeiter hineingezogen zu werden. Das richtige Konfliktmanagement kann aber die Lage befrieden.
Von Petra Zimmermann
Jeder Mensch kann streiten, aber nur wenige können es richtig. Denn Streitkultur muss man erst lernen. Schweigen, Schlucken und Verdrängen sind bei schwelenden Konflikten ebenso falsch wie mangelnde Selbstkontrolle.
Ein Konflikt darf nicht eskalieren! Sobald er sich festgefahren hat, wird es schwer, die Wogen wieder zu glätten.
Auch zum Arbeitsleben gehören Konflikte dazu. Viele lassen sich umgehend ausräumen, andere nehmen mehr Zeit in Anspruch. Aber es gibt auch offene oder schwelende Konflikte, die sich weiterentwickeln, eskalieren und die Zusammenarbeit unerträglich machen oder das Klima vergiften.
Leider werden Konflikte am Arbeitsplatz selten offen angesprochen. Aber wenn sie auftreten, dürfen sie nicht im Raum stehen bleiben. Noch im Anfangsstadium muss das Thema auf den Tisch und von Angesicht zu Angesicht ausgetragen werden. Sind mehrere Kollegen beteiligt, sollten alle an einer Aussprache teilnehmen.
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Konfliktarten
Es gibt verschiedene Arten von Konflikten, die zunächst identifiziert werden müssen:
– Beziehungskonflikte aufgrund von Antipathien sind personifiziert und eskalieren im Laufe der Zeit.
– Kommunikationskonflikte: Wir kommunizieren auf unterschiedlichen Ebenen mit Sprach, Mimik und Gestik. So mutieren Missverständnisse oder Fehleinschätzungen schnell zu Kommunikationskonflikten, wenn sie nicht direkt bereinigt werden.
– Rollenkonflikte: Die meisten Personen nehmen in einer Gruppe verschiedene Rollen ein. Es werden Erwartungen ausgesprochen oder unausgesprochen an den einzelnen gestellt. Diese müssen aber nicht der eigenen Wahrnehmung der Person entsprechen.
– Sachkonflikte: Hier herrschen entgegengesetzte Meinungen und Uneinigkeit und Vorstellungen, zum Beispiel über Arbeitsabläufe, Ziele usw.
– Wertkonflikte treten z.B. bei unterschiedlichen Arbeitsauffassungen auf.
– Machtkonflikte: Diese können zwischen Abteilungen oder Führungskräften entstehen.
– Verteilungskonflikte: Hier dominieren unterschiedliche Auffassungen darüber, wie vorhandene Ressourcen verteilt werden sollen.
Der Chef als Vermittler?
Manchmal haben Konflikte ausschließlich persönliche Hintergründe und stehen in keinem Zusammenhang mit dem Unternehmen. In diesen Fällen beharren Beschäftigte zu Recht darauf, dass Vorgesetzte sich nicht einmischen, wenn die betrieblichen Belange und Abläufe nicht durch den Konflikt beeinträchtigt werden. Aber das Arbeitsklima kann darunter leiden.
Als Führungskraft können Sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise mit Konflikten zu tun haben:
– Sie sind als Vorgesetzter an dem Konflikt unmittelbar beteiligt, vielleicht sogar Mitverursacher.
– Sie finden sich in der Moderatorenrolle wieder, weil Mitarbeiter Sie bitten, in einem Konflikt zu moderieren, weil sie allein keine gute Lösung finden. Manchmal wird von Ihnen erwartet, mit Autorität eine Entscheidung herbeizuführen.
– Sie sitzen „zwischen den Stühlen“, weil beide Konfliktparteien versuchen, sie in eines der „feindlichen Lager“ zu ziehen.
– Ihre Arbeitszeit verbringen Sie immer weniger mit ihren eigentlichen Aufgaben, sondern vor allem damit, Botschaften von A nach B zu überbringen, weil A und B nicht mehr direkt miteinander sprechen.
Für Führungskräfte ist es aber gar nicht so einfach, den richtigen Zeitpunkt und die Art der Einmischung zu wählen. In der betrieblichen Praxis ist allerdings weniger das zu forsche als das zu zögerliche Verhalten der Vorgesetzten ein Problem. Konflikte entwickeln sich, dehnen sich personell aus, werden komplizierter und sind letztlich deutlich schwieriger zu bewältigen als zu einem früheren Zeitpunkt. Auf der individuellen Seite treten zum Beispiel Stresssymptome und krankheitsbedingten Ausfälle auf. Auf der betrieblichen Seite verschlechtert sich das Arbeitsklima und es entstehen Kosten durch rückläufige Produktivität, gestörte Arbeitsabläufe oder schlimmstenfalls Kündigungen.
Das Konfliktgespräch
Wenn Sie also feststellen, dass Ihnen ein Konflikt angetragen wird, ohne dass der Betroffene sich zuvor selbst ernsthaft um eine Lösung bemüht hat, sollten Sie ihm das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit in Erinnerung rufen. So verhindern Sie, dass Mitarbeiter ihre Konflikte aus Bequemlichkeit immer mehr bei Ihnen „abladen“. Grundsätzlich sollten Sie aber bedenken, dass kaum ein Mitarbeiter ohne Not zum Chef geht und offen zugibt, ein Problem allein nicht lösen zu können. Durch Ignorieren des Konflikts würden Sie Ihre Autorität als Führungskraft beschädigen.
Sorgfältige Vorbereitung
Ein Konfliktgespräch muss sorgfältig vorbereitet werden. Viel zu häufig eskalieren unvorbereitete und spontane Konfliktgespräche, obwohl das durch eine besonnene Vorbereitung zu vermeiden gewesen wäre. Oft denken Führungskräfte, sie selbst könnten ruhig und sachlich bleiben, wenn sie sich das einfach vornehmen. Aber anstelle sich sofort auf Sachlichkeit zurückzuziehen, sollte man sich eigene Emotionen, Ärger, Enttäuschung, Frust usw. bewusst machen. Überprüfen Sie, was Sie davon im Gespräch zum Thema machen wollen und was aus guten Gründen nicht. Machen Sie sich aber klar, dass Ihre eigenen Gefühle und auch die der Mitarbeiter ihre Berechtigung haben.
Die folgenden fünf Schritte können Ihnen eine Orientierung für ein Konfliktgespräch mit einem Mitarbeiter geben:
1. Schildern Sie zunächst Ihre Wahrnehmung. Bleiben Sie dabei auf einer sachlichen Ebene und beschreiben Sie Ihre Wahrnehmung ganz konkret und belegbar. Vermeiden Sie Verallgemeinerungen wie „immer, ständig, nie“: Besser ist: „Herr Maier, ich habe bemerkt, dass Sie in den vergangenen zwei Wochen vier Mal zu spät gekommen sind.“
2. Schildern Sie, welche Wirkung das Verhalten auf Sie hat. Wichtig ist, dass Sie an dieser Stelle Ich-Botschaften formulieren. Beispiel: „Auf mich wirkt dies, als ob Sie demotiviert sind.“
3. Beschreiben Sie die Folgen, die das Verhalten verursacht und nehmen Sie dabei auf Ihre eigenen Bedürfnisse, Ihre eigenen Werte Bezug. Dabei können Sie dies aus Ihrer Perspektive tun oder aus der Sicht von anderen (z. B. Kollegen). Beispiel: „Ihre Kollegen mussten deshalb schon Überstunden machen und sind darüber nicht sehr begeistert. Mir ist es als Vorgesetzter wichtig, dass sich alle gerecht behandelt fühlen.“
4. Formulieren Sie eine Bitte oder klare Erwartung an den/die Mitarbeiter. „Ich erwarte von Ihnen, dass Sie in Zukunft pünktlich erscheinen!“
5. Sorgen Sie im Anschluss für Verbindlichkeit. Sammeln Sie schriftlich gemeinsam mit dem Mitarbeiter Lösungen. Streichen Sie Lösungsansätze, die für keinen der Konfliktpartner in Frage kommen. Versuchen Sie sich auf die beste Lösung zu einigen und treffen Sie eine Vereinbarung. Diese sollten Sie schriftlich und überprüfbar fixieren. Außerdem sollten Sie dem Mitarbeiter Ihre Unterstützung anbieten. Beispiele: „Ich hätte folgende Lösungsidee: …“ „Was können wir machen, wenn Sie der Meinung sind, dass … und ich der Meinung bin, dass …?“ „Kann ich Sie dabei unterstützen?“
Der Chef als „Moderator“
Ebenso bei einem Konfliktgespräch mit mehreren Mitarbeitern: Wenn Sie als Moderator zwischen dem „Konflikt-Verursacher“ und genervten Kollegen hinzu gerufen werden, sollten Sie auch hier die fünf Stufen nutzen. Sie helfen Ihnen, bei der Sache zu bleiben, die eigenen Gefühle in den Griff zu kriegen, im Zweifel Verantwortungen und Befugnisse sachlich zu klären und als Fels in der Brandung zwischen den aufgebrachten Kollegen vermitteln zu können.
Überlegen Sie sich im Vorfeld, was Sie genau sagen wollen. Werden Sie auf jeden Fall beiden Seiten gerecht! Lassen Sie allen Beteiligten ausreichend Zeit, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Fragen Sie die Konfliktbeteiligten nach ihren Lösungsvorschlägen. Erbitten Sie sich unbedingt Bedenkzeit; treffen Sie keine übereilte Entscheidung aus der Situation heraus. Treffen Sie eine Entscheidung, die die legitimen Interessen aller Beteiligten möglichst weitgehend befriedigt. Stellen Sie ganz klar, dass Sie Ihren Mitarbeitern gerne dabei helfen, dass sie gemeinsam eine faire Lösung finden können. Wenn es nicht zu einer Lösung kommt, liegt die Verantwortung dafür aber weiterhin bei den Streitparteien selbst.
Vermeiden Sie auf jeden Fall folgende Fehler:
– Verharmlosen Sie den Konflikt nicht!
– Lassen Sie sich von niemandem vereinnahmen: Es ist ein Kardinalfehler, wenn Sie die streitenden Parteien einzeln empfangen und getrennt zur Sache hören. Sie riskieren damit Ihre unparteiische Stellung und öffnen Unterstellungen und Verleumdungen Tür und Tor.
– Im Interesse einer fairen Klärung sollte man die Streitbeteiligten immer gemeinsam zum Gespräch bitten. Alles Gesagte ist so für jeden Beteiligten transparent. Kommt ein Mitarbeiter alleine, reagieren Sie freundlich, aber bestimmt: „Ich möchte Sie bitten, mir jetzt noch nichts Inhaltliches über den Konflikt zu erzählen. Wir besprechen das dann, wenn wir uns zu dritt zusammensetzen.“
– Etwas anderes gilt dann, wenn ein rechtlich relevanter Konflikt (wie z. B. diskriminierendes Verhalten, versuchte Anstiftung zu einer Straftat oder Mobbing) unter Ausnutzung eines Machtgefälles zustande gekommen ist.
– Manche Führungskräfte verharmlosen den Konflikt und versuchen, den Mitarbeiter zu beschwichtigen, um sich inhaltlich nicht damit auseinandersetzen zu müssen. Der Konflikt wird damit nicht gelöst, sondern nur verdrängt. Meist fühlt sich der Mitarbeiter nicht ernst genommen und vom Chef im Stich gelassen. Vertrauens-, Kontroll- und Informationsverlust drohen.
– Übernehmen Sie nicht die Verantwortung für den Konflikt, an dem Sie nicht beteiligt sind.
Konfliktprävention und Management
In der Beratungsbroschüre des Landesinstitutes für Gesundheit und Arbeit NRW (s. Literaturhinweis) steht an erster Stelle die Aufklärung der Führungsspitze im Handwerksunternehmen. Zunächst wird vorgeschlagen, dass der „Chef“ – vielleicht gemeinsam mit seinem Meister – an einem Seminar teilnehmen, in dem Grundlagen zu Konfliktmanagement und Mobbing vermittelt werden. Die Beschäftigten werden in einem zweiten Schritt beteiligt, indem ihnen durch den Chef oder den Meister Informationen aus dem Seminar zur Verfügung gestellt und erläutert werden. Danach können alle gemeinsam überlegen, ob konkrete Veränderungen im Betrieb notwendig und welche Maßnahmen dafür angemessen sind.
Professionelle Hilfe
Scheuen Sie sich nicht, bei komplizierten Konfliktlagen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen – schließlich sind Sie als Führungskraft nur in den seltensten Fällen für die Vermittlung in Konfliktsituationen ausgebildet. Zu erkennen, wann externe Kompetenz erforderlich ist, um die destruktive Wirkung eines Konflikts zu minimieren, ist vielmehr ein Zeichen von Führungsstärke. Ansprechpartner finden Sie bei der zuständigen Handwerkskammer oder dem Berufsverband.
Ziehen Sie externe Dritte in folgenden Fällen als Mittler hinzu:
– wenn Sie sich mit der Vermittlung in dem konkreten Fall überfordert fühlen oder wenn Sie wegen der besonderen Wichtigkeit der Sache oder Gefährlichkeit des Konflikts sichergehen wollen,
– wenn Sie das Gefühl haben, selbst einen Anteil an dem Konflikt zu haben oder von einer möglichen Lösung in Ihren eigenen Interessen beschnitten zu werden,
– wenn Sie sich wegen besonderer Nähe zu einer der Streitparteien oder Abneigung gegen sie zu einer unparteiischen Vermittlung nicht in der Lage sehen oder Ihre Mitarbeiter einen entsprechenden Eindruck haben könnten.
Gegebenenfalls kann es hilfreich sein, einen Unternehmensberater, Kommunikationstrainer oder eine Supervision in Anspruch zu nehmen – ein unabhängiger Blick von außen kann erheblich dazu beitragen, die Wogen in Ihrem Betrieb wieder zu glätten. z
Abbildungen: 1.DDRockstar/fotolia 2.Photographee.eu/fotolia
Ausgabe 3/2016
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