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15. Juli 2016
Redaktion

Konflikte: Besser gütlich einigen

Der Erfolg eines Orthopädieschuh­technik-Betriebs hängt wesentlich vom guten Betriebsklima ab. Konflikte mit dem Chef und zwischen Mitarbeitern gilt es ­deshalb möglichst einvernehmlich zu lösen.
Von Harald Klein


Clevere Chefs, wie dieser aus der Nähe von Augsburg, sind sicher: „Das gute Klima ist die Voraussetzung für den Erfolg unseres Betriebs.“ So wie er sorgen viele möglichst durch Gespräche vor, dass Kon­flikte erst gar nicht entstehen oder ­entstandene Konflikte im Idealfall vor dem arbeits­rechtlichen Streit beigelegt werden. Auslöser können etwa Zuspätkommen, schlechte Leistung oder schlicht Missverständnisse sein. „In ­solchen Fällen ist es wichtig, dass der Chef möglichst schnell handelt und zwar nicht per Befehl, sondern mit einer ­geschickten Konfliktlösung“, weiß Rechtsanwalt Köhler in Köln.
Konkret meint er diesen Ablauf: Der Chef und sein betroffener Mitarbeiter, eventuell auch Kollegen, die mit in den Konflikt eingebunden sind, setzen sich zusammen. Das Thema wird offen angesprochen, jeder darf und soll alles sagen, möglichst sachlich. In diesem Gespräch stellen die Teilnehmer fest, inwieweit der Konflikt den Betriebsablauf stört.

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„Eine Bewertung, wer schuld ist, findet nicht statt, denn Chef und Mitarbeiter haben hier meist unterschiedliche Maßstäbe“, weiß Köhler. Meint etwa der Mitarbeiter, ab und zu später zu kommen, sei doch nicht so tragisch und ­sehen das dessen Kollegen und der Chef ganz anders, weil sie für den reibungs­losen Ablauf auf ihn warten müssen, führt die Bewertung nicht weiter.
Hilfreich ist dagegen der Lösungsansatz. Um im Beispiel zu bleiben: Die Vereinbarung zwischen Chef und Mitarbeiter, künftig jeden Tag pünktlich zu kommen. In bestimmten Abständen, zum Beispiel ein Mal monatlich, setzen sie sich zusammen und besprechen, ob das klappt – wenn nicht, woran es lag. Wenn dieser Ablauf nicht funktioniert, greift der Chef zu arbeitsrechtlichen Mitteln wie Abmahnung und Kündigung, die er dem Mitarbeiter vorher in einem der ­Gespräche ankündigt.

Das Gespräch suchen
Im Betrieb des Unternehmers bei Augsburg hat sich das Verfahren bewährt. Wenn es Schwierigkeiten gibt, etwa die Beschwerde eines Kunden oder von Kollegen, führt der Chef ein Kritikgespräch mit drei Punkten – Wertschätzung des Mitarbeiters, Grund der Beschwerde und gemeinsame Lösung des Konflikts. Auf diese Weise braucht der Geschäftsführer so gut wie nie zu arbeitsrechtlichen Waffen zu greifen. Abmahnung und Kündigung kommen bei ihm vielleicht alle fünf Jahre einmal vor. Und in routinemäßigen Jahresgesprächen liegen alle wichtigen Themen auf dem Tisch, die für die Zusammenarbeit wichtig sind. „Die drei Teamleiter führen das unterm Jahr mit ihren Leuten, ich mit diesen selbst. ­Themen wie die Weiterentwicklung, Wünsche, Anregungen, Lohn und Gehalt sind Gegenstand der Gespräche“, so der Unternehmer.
Rechtsanwalt Prof. Jobst-Hubertus Bauer, der mittlere und größere Unternehmen vertritt und als Partner der Kanzlei Gleiss Lutz in Stuttgart selbst ­Arbeitgeber ist, begrüßt einen Kurs der betriebsklimafreundlichen Konfliktlösung. Der Experte meint: „Es ist vernünftig, mit der innerbetrieblichen Problemlösung einzusteigen und erst dann arbeitsrechtlich gegen Mitarbeiter vorzugehen, wenn es auf diesem Weg nicht funktioniert.“ Er habe noch nie einen Mitarbeiter ­abgemahnt oder gekündigt. Bauer: „Das schwächere Mittel der Ermahnung ohne Kündigungsandrohung genügt ­regelmäßig bei uns.“
Im Zweifel rät er den fachkundigen Rat des Verbands der Branche oder eines auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalts einzuholen. Es vorab noch mit einer Mediation zu versuchen, kann oftmals auch eine Option sein, Konflikte beizulegen (siehe InfoPlus).

Betriebsklimafreundliche Konfliktlösung
So wie zum Beispiel ein weiterer Unternehmer in Sachsen, der bei Arbeitsverträgen und Konflikten den Rat der Kreishandwerkerschaft einholt. „Ich bin selbst bewandert im Arbeitsrecht, weiß, wann eine Ermahnung sinnvoll und Abmahnung sowie Kündigung notwendig sind“, sagt der Chef. Freilich versucht auch er, Konflikte erst gar nicht aufkommen zu lassen. Bis zu einer halben Stunde führt er jährlich mit allen Mitarbeitern ein Jahres­gespräch. Aber auch unter dem Jahr finden bei Bedarf Gespräche statt.
Das gilt auch für Auszubildende, wie sie die Betriebe bereits jetzt wieder fürs neue Lehrjahr suchen. Im Regelfall wird sie der Chef darauf ansprechen, wenn etwas im Ausbildungsverhältnis, in der Zusammenarbeit mit Kollegen oder im Kontakt zu Kunden nicht klappt.
Auch der Lehrling sollte grundsätzlich jederzeit zum Betriebsleiter kommen und sich aussprechen können. „Das müsste im selben Verfahren wie bei der Konfliktlösung zwischen Chef und Mitarbeiter ablaufen“, so Rechtsanwalt Jens Köhler. Und wenn dies rein innerbetrieblich doch nicht reicht, bieten Handwerkskammer und Innung ihre Hilfe an. Die Kammer mit der Beratung durch ihre Ausbildungsbeauftragten, die Innungen durch Einsatz des Lehrlingswarts. Sie kann der Chef oder der Lehrling einschalten und sie kommen auf Wunsch einfach direkt in die Firma. Damit am Ende alle zufrieden weiter miteinander arbeiten können. z
 
Anschrift des Verfassers
Harald Klein
Dorfstraße 76
72074 Tübingen

Abbildungen: 1.-2. ArtFamily/fotolia.com

Ausgabe 3/2016

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Foto: Andrey Popov/AdobeStock_495062320
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