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30. Oktober 2023
Redaktion
Fachkongress

Impulse für die Zukunft

Der Fachkongress auf der 7. ORTHOPÄDIE SCHUH TECHNIK bot mit seinen zwei Themenschwerpunkten und 27 Seminaren wieder die Gelegenheit, sein Wissen auf den neuesten Stand zu bringen und sich Anregungen für die Weiterentwicklung des eigenen Betriebes zu holen. So bot der Kongressschwerpunkt „Analysieren, verstehen, versorgen“ mit zahlreichen Vorträgen und Seminaren vertiefte Einblicke in die menschliche Bewegung und vermittelte auch Konzepte zur Therapie oder zur Hilfsmittelversorgung.
Podiumsdiskussion
Foto: Christian Volk
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion berichteten Referenten aus unterschiedlichen Kongressbereichen über die wichtigsten Erkenntnisse aus ihren Sitzungen und diskutierten, wie sich die Orthopädieschuhtechnik zukunftsfähig aufstellen kann.

Das Programm, so Wolfgang Best vom Veranstalter C. Maurer Fachmedien, sei auch vor dem Hintergrund der digitalen Mitbewerber entstanden, die versuchen, in der Branche Fuß zu fassen. Statt sich auf eine vereinfachte digitale Versorgung einzulassen, bei der man gegen große Wettbewerber wohl keine Chance hätte, müsse die Orthopädieschuhtechnik sich auf ihre Kompetenz in der Arbeit am Patienten besinnen, also auf jene Tätigkeiten, die ohne persönlichen Kontakt zum Patienten nicht möglich sind. Warum das so wichtig ist, erläuterte Prof. Bernhard Greitemann in der Sitzung „Digital oder analog: Wie wissen wir, was der Patient braucht?“ Eine individuelle Erfassung, Anpassung und Kontrolle der Einlagenversorgung am Patienten durch den Fachmann sei trotz der Fortschritte in den digitalen Techniken weiterhin erforderlich. Nur so lasse sich die funktionelle Störung wirklich erfassen, die letztlich das Ziel der Korrektur durch das Hilfsmittel sei. Die Grundlagen für die Umsetzung in die Praxis legten Dr. Stephan Biesenbach und Dr. Michael Gabel, die in die funktionelle Anatomie des Fußes und die praktische Fußuntersuchung einführten.

Prof.
Foto: Christian Volk
Prof. Bernhard Greitemann erläuterte, warum eine individuelle Erfassung, Anpassung und Kontrolle der Einlagenversorgung am Patienten durch den Fachmann trotz der Fortschritte in den digitalen Techniken weiterhin erforderlich sei.

Bewegung ist die Grundlage der Gesundheit

Warum es so wichtig ist, dass die Orthopädieschuhtechnik die Menschen mobil hält oder ihre Mobilität wiederherstellt, ließ sich sehr gut bei den Vorträgen von Dr. Wolfgang Laube und Prof. Jan Wilke erleben. Bewegung schütze den Körper vor chronisch degenerativen Erkrankungen, betonte Dr. Laube. Muskelaktivitäten stünden für die Gesundheit aller Faszien, der Sehnen, der Atmung, des Herzens, des Kreislaufs, des Stoffwechsels und des Immunsystems. Hierfür produziere sie Signalstoffe, um die „Aufbausysteme des Körpers“ anzutreiben. Die Muskulatur sei die „Zentrale“ eines guten oder nachteiligen Gesundheitszustandes des Körpers. Deshalb sei Bewegung im gesamten Leben „das wichtigste Medikament“ für die Gesundheit und die Schmerzfreiheit.

Als Jan Wilke seine Forschungen zu den Faszien begann, waren diese Bindegewebsstrukturen tatsächlich noch das Aschenputtel in der Sportmedizin. Das, was er im Anatomie- und Präparationskurs eigentlich untersuchen wollte, war zuvor schon fein säuberlich entfernt worden und befand sich in der Mülltonne. Wie sehr sich das Blatt heute gewendet hat, erläuterte Wilke in seinem Vortrag sehr anschaulich. Längst schaut man nicht mehr nur auf die Skelettmuskulatur, die Sehnen oder die knöchernen Strukturen, wenn es um die Steuerung der Bewegung oder die Kraftübertragung geht. Die Faszie, die den Muskel umgibt, besitze sowohl mechanische als auch sensorische Funktionen und sei auch für orthopädischen Schmerzsymptomatiken relevant. Deshalb gelte auch hier: Bewegung erhält Beweglichkeit und schützt vor Schmerzen.

Unter dem Titel „Beschwerden verstehen und gezielt versorgen“ erläuterte zunächst Prof. Gert-Peter Brüggemann, wie Sohlentechnologien bei Laufschuhen die Verletzungshäufigkeit beeinflussen können, bevor Dr. Oliver Ludwig und Stephan Woltring anhand einiger Fallbeispiele in die interdisziplinäre Versorgung von Spitzensportlern einführten.

Prof.
Foto: Christian Volk
Prof. Jan Wilke referierte zum Thema "Faszien: Das Aschenputtel der Sportmedizin?"

Versorgungsstandards umsetzen

Im vergangenen Jahr hatten Dr. Hartmut Stinus und Michael Möller das Kompendium „Qualitätsstandard Fuß und Schuh“ herausgegeben. Auf dem Kongress stellten sie gemeinsam mit Dr. Melanie Horter und Michael Volkery einzelne Versorgungsbereiche daraus vor und erläuterten, wie Lähmungen an Fuß und Bein, Knick-Senkfüße oder Knie- und Unterschenkelprobleme anhand der Behandlungspfade und der Versorgungsmatrix aus dem Kompendium versorgt werden können.

Wie Versorgungsstandards in der Praxis umgesetzt werden können, zeigte die von der Studiengemeinschaft Orthopädieschuhtechnik, dem Kompetenzzentrum Orthopädieschuhtechnik und dem BiFo gestaltete Sitzung.

Foto: Christian Volk
Thomas Stief, Dr. Annette Kerkhoff und Markus Seeßle (v.l.) gestalteten die Sitzung "Versorgungsstandards: Qualität und Effizienz durch klare Prozesse im Betrieb".

Podiumsdiskussion: Wege in die Zukunft

Standards in der Versorgung waren auch ein wichtiges Thema der Podiumsdiskussion am Samstag. Zum Thema „Wege in die Zukunft – Perspektiven für die Orthopädieschuhtechnik“ berichteten Referenten aus unterschiedlichen Kongressbereichen über die wichtigsten Erkenntnisse aus ihren Sitzungen und diskutierten, wie sich die Orthopädieschuhtechnik zukunftsfähig aufstellen kann. Hierzu gehören nach Auffassung der Teilnehmer auch Standards in der Versorgung. Die haben, wie Dr. Hartmut Stinus betonte, nicht nur Bedeutung hinsichtlich der Verbesserung der Versorgung, sondern auch eine politische Dimension. Nur über anerkannte und evidenzbasierte Standards könne es gelingen, gegenüber den Kostenträgern den Versorgungsstandard abzusichern und zu verbessern.

Nach Dr. Annette Kerkhoff, Projektleiterin des KomZet Orthopädieschuhtechnik, sind Standards auch wichtig, um Erkenntnisse über die beste Versorgung bei bestimmten Indikationen zu gewinnen. Über standardisierte Versorgungsdaten von der Anamnese bis zur Überprüfung der Versorgung könne man auch Studien erstellen, welche den Effekt von Hilfsmittelversorgungen untersuchen.

Wie schwierig Beruf, Familie und Karriere auch heute noch unter einen Hut zu bringen sind, berichtete OSM Ruth Häbry aus dem Seminar Frauen und Karriere, in dem vier erfolgreiche Orthopädieschuhmacherinnen über ihren Berufsweg berichteten. Nach wie vor seien die Rollenbilder sehr traditionell. Sich als Frau mit Kind selbstständig zu machen gelinge in der Regel nur mit einem sehr starken familiären Umfeld, ob Eltern, Schwiegereltern oder Partner.

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
Schuhsohle
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