Die Wirbelsäule im Fokus
Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen. Der Schweregrad der Rückenschmerzen und die resultierenden Beeinträchtigungen sind allerdings sehr unterschiedlich. Und die Schmerzen können ihren Ursprung in allen Anteilen des Stützgewebes des Rückens haben. Das Fachprogramm umfasste deshalb ein breites Themenspektrum. Von der Neurophysiologie über die Physiotherapie bis hin zu Wirbelsäulenverletzungen im Spitzensport wurden verschiedene Aspekte von Rückenbeschwerden erläutert und die Lösungsansätze der Orthopädieschuhtechnik erörtert.
Neurophysiologie
Prof. Dr. med. Werner Klingler vom SRH Krankenhaus in Sigmaringen beleuchtete in seinem Vortrag „Neurophysiologie – Wirbelsäule“ die neuronale Vernetzung der Wirbelsäule zum vegetativen Nervensystem. So können beispielsweise Verspannungen der Halswirbelsäule zu Spannungen beziehungsweise Kopfschmerzen führen. Bei einem Bandscheibenvorfall gelten Lähmungen als wichtigstes Warnsignal. Nach Klingler ist es bei der Prävention auch von Bedeutung, das Bindegewebe nicht auszublenden. „Dabei spielen die Faszien eine wichtige Rolle, weil diese auch Ursache für Schmerzen sein können“, so Klingler. Daher sei es wichtig die Faszien gleitfähig zu halten.
Myofasziale Verbindungen
Katja Bartsch von der Technischen Universität München beleuchtete die myofaszialen Verbindungen, die als Teil des Bindegewebes relevant sind, um Bewegung richtig zu verstehen. Die Wirkung der Faszien sei dabei mit dem Ziehen eines Seils vergleichbar, bei dem die Kraftübertragung erst bei ausreichender Spannung erfolgt. Da nur 13 Prozent aller Sportverletzungen rein muskulär sind, sei es enorm wichtig auch die faszialen Verbindungen zu stärken
Rückenprobleme im Sport von der Jugend bis ins hohe Alter
Die Unterschiede zwischen funktionalen und morphologischen Problemen erläuterte Univers. Dr. med. Stefan Trobos von der Praxis für Orthopädie und orthopädische Chirurgie in Schwaz (Österreich) in seiner Präsentation zu Rückenproblemen im Sport. Da Kinder meist nur funktionale Probleme hätten, sei für sie jede Bewegung wichtig. Defizite müsse man frühzeitig erkennen, beispielsweise durch einen Y-Balance Test. Die Förderung von Leistungssport im Kindesalter sei eher kritisch zu betrachten.
Analyse und Versorgung von Fuß- oder Beinachsenfehlstellungen bei Rückenproblemen
Das Programm der Nachmittagsvorträge begann OSM Michael Kriwat von der Kriwat GmbH aus Kiel mit der Präsentation eines Fallbeispiels. Er stellte verschiedene Analyse- und Versorgungsmethoden vor und verwies abschließend auf die Relevanz von guter Kommunikation zwischen Arzt und der Orthopädie-Schuhtechnik.
Versorgung im Jugendsport
„Der Hauptgrund für Rückenschmerzen bei Kindern ist der Bewegungsmangel“, sagte OSM Sebastian Pleil vom Pleil Sanitätshaus aus Fürstenfeldbruck und erläuterte verschiedene Werkzeuge, die Kindern bei Rückenproblemen helfen können. So sei das richtige „tapen“ ein guter Schritt der Versorgung. Bewegung sei wichtig, um Funktionsstörungen nicht nur zu beheben, sondern langfristig zu vermeiden.
Versorgung im Erwachsenensport
M. Eng. Digital Engineering Lukas Fischer von Fischer Fussfit GmbH und Co. KG in Burglengenfeld führte die Thematik mit seinem Vortrag zur Versorgung im Erwachsenensport fort. Er schloss sich der Meinung seiner Vorredner an: „Die Kommunikation zwischen den Kollegen und Ärzten ist Grundlage einer erfolgreichen Behandlung.“ Im Erwachsenensport seien dann vor allem Sportbandagen das Mittel der Wahl. Wichtig sei es zudem, die Probleme des Patienten genau zu erkennen und sich dann an den entsprechenden Experten zu wenden, um so Fehlbehandlungen zu vermeiden.
„Back to sports“ nach Beschwerden an der Wirbelsäule
Andreas Lieschke von Physiopark in Regensburg stellte die Vorteile der konservativen Behandlungsmethoden heraus. Er stellte zunächst klar, dass Sportler eine deutlich höhere Prävalenz für Rückenbeschwerden hätten als Nicht-Sportler. Sportler seien jeden Tag hohen Belastungen ausgesetzt, die teils sehr einseitig sein können. Daher sei es enorm wichtig, gutes Grundlagentraining zu betreiben. Nach Verletzungen soll dann zunächst mit Übungen zur Core-Stability begonnen werden, bevor das Aufbautraining mit General-Exercise fortgeführt werden soll.
Wirbelsäulenverletzungen im Spitzensport
Über Wirbelsäulenverletzungen im Spitzensport referierte Dr. Michael Gabl vom Neurochirurgie Sanatorium Kettenbrücke und dem Wirbelsäulenzentrum Innsbruck. Die Wirbelsäule ändere im Laufe des Lebens ihre Form und Funktionalität. Das Risiko für einen Bandscheibenvorfall sei auch unabhängig vom Zustand der Wirbelsäule im Jugendalter. Dennoch sei es ratsam, bei Jugendlichen im Spitzensport besonders vorsichtig zu sein. „Jugendliche sind zu Beginn des Längenwachstums in der Pubertät maximal vulnerabel. Dennoch berginnen viele mit Spitzensport in genau dieser kritischen Phase“, so Gabl. Auch er vertrat die Auffassung: „Wenn es keinen zwingend notwendigen Grund für eine Operation gibt, soll konservativ behandelt werden.“
Ehrungen
Auch dieses Jahr konnten wieder Mitglieder für ihre 25-jährige Mitgliedschaft mit der silbernen Ehrennadel und einer Urkunde geehrt werden. Die Ehrungen gingen an OSM Alexander Halbig, OSM Klaus Rollmann und die Solor Schuhforschung und Entwicklung GmbH.
Neuer Veranstaltungsort im nächsten Jahr
Die BMW-Welt in München war letztmalig Austragungsort des Jahrestreffens des Freundeskreises, wo man seit 2011 getagt hatte. Unter anderem wegen deutlich gestiegener Kosten haben sich die Verantwortlichen auf die Suche nach einem neuen Tagungsort gemacht. Für das kommendes Jahr, berichtete der Vorsitzende Magnus Fischer, habe man schon eine neue Location ganz in der Nähe der BMW-Welt gefunden, mit den gleichen technischen (und auch kulinarischen) Gegebenheiten. Die Besucher dürften sich also auch nächstes Jahr wieder auf spannende Vorträge in einer modernen Location freuen.
Den vollständigen Beitrag von Philipp Elkemann lesen Sie in der Dezemberausgabe der Orthopädieschuhtechnik.