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5. Februar 2019
Redaktion

Die Wirkung von Kompressionsstrümpfen im Sport und in der Freizeit

HELMUT LÖTZERICH


Höhere sportliche Leistungen, eine schnellere Regeneration der Muskulatur und Unterstützung der Muskel-Venenpumpe: Dies sind einige der Wirkungen, die sich Sportler von Kompressionstextilien versprechen. Doch was sagt die Forschung? Die vorliegenden Studien liefern heterogene Ergebnisse.

Foto: Köln Marathon

Viele Phlebologen und Lymphologen sehen es heute gerne, wenn Sportler in Training und Wettkampf meist bunte, auffällige Kompressionsbekleidung tragen. Sie versprechen sich davon eine höhere Akzeptanz für medizinisch indizierte Kompressionsstrümpfe bei ihren Patienten. Kompressionsstrümpfe gelten als einfach anzuwendendes und effektives Hilfsmittel bei venösen Erkrankungen. {pborder}

Auch aus wirtschaftlichen Gründen scheint ihr Einsatz sinnvoll, da der Medikamentenkonsum teilweise reduziert werden könnte, was Kostenverringerungen bei den Arzneimittelausgaben zur Folge haben könnte. Häufig wird auf den Einsatz von Kompressionsstrümpfen jedoch verzichtet, da das Anziehen der Strümpfe je nach Alter und körperlichen Einschränkungen sehr mühsam sein kann. Auch haben die Ärzte keine echte Kontrolle über die Tragedauer und -häufigkeit.

Wirft man einen Blick auf die Entwicklungsgeschichte des Menschen, erscheint der Einsatz von Kompressionsstrümpfen durchaus sinnvoll – auch für Menschen, die noch nicht von venösen Krankheiten betroffen sind, sich aber davor schützen wollen. Vor mehr als 84000 Generationen haben sich die Menschen aus dem Neandertaler und Homo sapiens entwickelt.

Dabei spielt die Aufrichtung vom Vierbeiner zum Zweibeiner eine besondere Rolle, womit eine Anpassung des aktiven und passiven Bewegungsapparats verbunden war. Im Mittelpunkt stand dabei die Umbildung der Wirbelsäule in die typische S-Form mit einer Fixierung im Beckengürtel, der durch eine starke Gesäßmuskulatur gehalten wird. Dementsprechend muss seitdem das venöse Blut und die Lymphflüssigkeit aus den Füßen und der unteren Extremität gegen die Schwerkraft zum Herzen transportiert werden.

Die Vorrausetzung für einen Rück­transport bilden die Venenklappen. Dabei handelt es sich um kleine „Ventile“, die sich nur in einer Fließrichtung, zum Herzen nämlich, öffnen. Bei einem Rückstrom schließen sich die Klappen, so dass das venöse Blut nur in eine Richtung transportiert werden kann. Der Transport in Richtung Herz erfolgt also immer, wenn sich ein Muskel kontrahiert und dadurch die Venen zusammengedrückt werden. Dieser Mechanismus wird daher die Muskelpumpe genannt.

Ähnlich funktioniert auch die arteriovenöse Kopplung, bei der eine Arterie von zwei Venen begleitet wird. Bei jedem Pulsstrom erweitert sich die Arterie und die Venen werden komprimiert. Die Arterien und Venenwände haben zwar einen ähnlichen Aufbau der Schichten, doch im Gegensatz zu den Venen kann das Lumen einer Arterie durch eine Muskelschicht verändert werden.

In den Venen erfolgt der Transport also nicht aktiv, sondern nur passiv bei einer Kompression des Kompartimentes zwischen zwei Venenklappen. Ist eine Klappe beschädigt oder defekt, lastet auf der darunterliegenden Klappe ein größeres Blutvolumen. Dadurch dehnt sich die Vene, was dann oberflächlich als Krampfader erkennbar ist.

Der Körper ist nicht auf das heutige Lebensalter ausgerichtet

Aus diesem Grund macht es bei untrainierten, älteren und insbesondere übergewichtigen Personen Sinn, den passiven Transportmechanismus gerade in der unteren Extremität durch Kompressionsstrümpfe zu unterstützen. Umso wichtiger ist dies unter dem Aspekt, dass sich unsere Lebenserwartung in den letzten Generationen deutlich erhöht hat.

Die Lebensdauer eines Neandertalers lag um die 30 Jahre, wobei etwa 10 Prozent auch älter als 40 Jahre wurden. Bis in die Antike gab es nur eine kleine Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung, die sich auch bis ins Mittelalter, bedingt durch eine hohe Kindersterblichkeit und Weltseuchen wie Pest und Pocken, nur unwesentlich erhöhte. Heute liegt die Lebens­erwartung in den westlichen Industrieländern weit über 80 Jahre.

In erster Linie sind dafür zwei Faktoren verantwortlich, die Entdeckung von Impfungen und die erfolgreiche Bekämpfung vieler Infektionskrankheiten durch Antibiotika beziehungsweise weitere Medikamente und die Herstellung von Massennahrungsmitteln. Viele unserer Organsysteme sowie der passive und aktive Bewegungsapparat sind jedoch genetisch nicht auf eine so lange Lebensspanne programmiert, denken wir zum Beispiel an das Nachlassen der Hör- und Sehfähigkeit, des Geschmacks- oder auch des Tastsinns im Alter.

Um ein hohes Alter zu erreichen, greifen wir auf ein großes Reservoir von Ersatzteilen zurück, die lebensverlängernd wirken oder die Lebensqualität im Alter deutlich verbessern – etwa Brillen, Hörgeräte, Zahnersatz und vieles mehr. Implantate von Hüft- und Kniegelenken sind keine Seltenheit. Nur wenige Menschen besitzen im Alter noch ein aufgerichtetes Längs- und Quergewölbe des Fußes. Fußschwächen, wie Senk- oder  Spreizfuß beziehungsweise weitere Fehlstellungen des Fußes, gleichen wir mit individuell angepassten Einlagen oder mit einem besonderen orthopädischen Schuh aus.

Im Bereich des aktiven Bewegungsapparates kann eine geschwächte Muskulatur im Alter gezielt durch Elektrostimulation aufgebaut und erhalten werden. Im Bereich der Organsysteme stehen für das Herzkreislaufsystem Herzschrittmacher oder Stents für die Arterien zur Verfügung oder eine gezielte Blutverdünnung als Prophylaxe vor Arteriosklerose oder Herzinfarkten.

Venenerkrankungen werden häufig vernachlässigt

Mit Venenerkrankungen geht man gerade in der Prophylaxe eher fahrlässig um. Dabei nehmen die Risikofaktoren zu: Nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) waren in Deutschland 2017 37 Prozent der Frauen und 59 Prozent der Männer übergewichtig. Am Ende des Berufslebens steigert es sich bei Frauen auf 57 Prozent und bei Männern sogar auf 74 Prozent.

Dazu kommt das veränderte Bewegungsverhalten in Beruf und Freizeit, was durch sehr hohe Sitzanteile gekennzeichnet ist. Kinder verbringen immer mehr Zeit sitzend vor elektronischen Medien. Im Beruf sitzt der größte Teil der Bevölkerung mehr als sechs Stunden. Im Fokus stehen dabei aber immer noch in erste Linie die Belastungen für die Wirbelsäule, die ein großes gesundheitliches Problem bilden. Die immobilisierten Beine werden häufig völlig außer Acht gelassen. Allerdings beklagen sich viele über schwere und dicke Beine am Ende des Arbeitstages.

Denn sowohl die sitzende als auch die stehende Position bedeuten eine erhöhte Arbeitsleistung für die Muskelpumpe. Der lymphatische und venöse Rückfluss wird dadurch beeinträchtigt. Hier könnten entweder Bewegungspausen im Sinne einer Venengymnastik oder Kompressionstrümpfe Abhilfe leisten. Dies gilt nicht nur für das Sitzen am Arbeitsplatz, sondern auch für langes Sitzen bei Reisen, im Auto, im Bus oder im Zug.

Besonders sind hierbei die Langstreckenflüge hervorzuheben. Hier kommt es zu einer Summation von Effekten, die unter cabin-related-risk-factors zusammengefasst werden. Eine erhöhte Thrombosegefahr entsteht nicht nur durch eine mehrstündige immobilisierte Position der unteren Extremität durch langes Sitzen, sondern durch die erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen, durch eine geringere Luftfeuchtigkeit, dehydrierende Effekte von Alkohol und Kaffee, Flüssigkeitsmangel und verminderten Luftdruck.

Mögliche Wirkungen von Kompression

Daher stellt sich zunächst die Frage nach möglichen Wirkmechanismen von Kompressionsstrümpfen auf biologischer Ebene. Grundlagenuntersuchungen zeigten eine verbesserte Leistung der Muskelpumpe, gemessen mit Venenverschluss-Plethysmografie, die in einer Gruppe von jungen Frauen und Männern bei einer Steigerung von zirka 30 Prozent lag (Meyer et al. 2012). Dieser Befund belegt die Unterstützung der Kompression beim venösen Rückfluss des Blutes aus den unteren Extremitäten.

In einer weiteren Studie wurde mit Hilfe eines Perometers die Zunahme der Unterschenkelvolumen in sitzenden und stehenden Berufen bestimmt. Das Beinvolumen nahm im Verlauf des Tages in einem geringeren Ausmaß zu, wenn Kompressionsstrümpfe getragen wurden. Die Volumenzunahme des Unterschenkels betrug am Ende des Arbeitstages 25 ml pro Wade, wenn ein kniehoher Kompressionsstrumpf getragen wurde. Die doppelte Zunahme von 58 ml wurde ohne Strumpf erreicht (Hewel 2013).

In beiden Untersuchungen handelte es sich dabei um Sportstrümpfe oder Lifestyle-Strümpfe und nicht um Strümpfe aus dem Sanitätshaus mit der Kompressionsklasse II. Parallel dazu konnte mit psychologischen Testverfahren (Eigenzustandsskala von Nitsch) gezeigt werden, dass die weiblichen und männlichen Teilnehmer durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen eine signifikante Verbesserung der aktuellen Handlungsfähigkeit, der emotionalen Spannung, der Kontaktbereitschaft, der Stimmungslage und der Ermüdung aufwiesen.

Kompressionsbekleidung setzt sich sowohl im Spitzen- als auch im Breitensport durch. (Foto: Bauerfeind)
Kompressionsbekleidung setzt sich sowohl im
Spitzen- als auch im Breitensport durch.
(Foto: Bauerfeind)

Kompression im Sport

Welche Bedeutung hat Kompressionsbekleidung für Breitensportler und professionelle Athleten? Im Gegensatz zu Produkten, die sich nicht durchsetzen, wie zum Beispiel Nasenpflastern, ist bei den Kompressionsstrümpfen ein immer noch zunehmender Trend zu beobachten.

Dies wird bei großen Volksläufen (Stadt-Marathons) sichtbar, bei denen teilweise 30 Prozent der Teilnehmer Kompressionsbekleidung tragen. Parallel dazu ist eine steigende Zahl von Hobbyläufern zu beobachten, die beim Training kniehohe Kompressionsstrümpfe tragen.

Kompression und Leistung

Es ist jedoch sehr schwer messbar, inwieweit eine Kompression der Wade zu einer Leistungssteigerung führt. Wieviel können Spitzensportler schneller oder länger laufen? Aufgrund der vielen verschiedenen Bedingungen im Wettkampf lässt sich dies nur schwer feststellen. Daher gibt es in diesem Bereich viele Studien, die nicht in der Lage sind, Effekte nachzuweisen, was aber oft an einem ungeschickten Studiendesign oder ungünstig ausgewählten Parametern liegt.

Unter Laborbedingungen konnten Kemmler und Mitarbeiter (2009) eine verbesserte Leistung bei einem Stufentest auf dem Laufband nachweisen. Die Teilnehmer waren moderat ausdauertrainiert (n=21; VO2max: 52,0 ml kg-1-min-1). Auf dem Laufband zeigten sich signifikant höhere Arbeitsleistungen unter Belastung und eine höhere Laufgeschwindigkeit an der individuellen aeroben Schwelle. Ebenso war es beim Tragen von kniehohen Kompressionsstrümpfen möglich, unter Belastung signifikant länger zu laufen.

Sleeves werden als Alternative zu Kompressionsstrümpfen gerne genutzt. (Foto: Bauerfeind)
Sleeves werden als Alternative zu Kompressionsstrümpfen
gerne genutzt. (Foto: Bauerfeind)

In einer weiteren Laboruntersuchung zeigen gut trainierte Radfahrer (VO2 max: 66,6 ml kg-1-min-1) in einem halbstündigen Test auf dem Fahrradergometer eine verbesserte Leistung. Bei dem Testverfahren wurden die ersten 15 Minuten in vorgegebener Geschwindigkeit absolviert und die zweite Hälfte wie ein Zeitfahren durchgeführt. Während der ersten Phase zeigte sich eine signifikant niedrigere Herzfrequenz mit Kompression.

Es konnte kein Einfluss auf die Laktatbildungsrate festgestellt werden. Insgesamt zeigt sich bei den sehr gut trainierten Radfahrern eine minimale Leistungsverbesserung (Driller und Halson 2013). Für einen Sprungkrafttest absolvierten 36 professionelle Volleyballspieler (18 = w, 18 = m) 10 vertikale Counter­movement-Sprünge, wobei die Leistung mit kurzen Kompressionshosen signifikant besser war. Wie bereits erwähnt, gibt es aber auch viele Studien, die keinen direkten Effekt auf die Leistungsfähigkeit nachweisen konnten, was aber auch teilweise an einem sehr ungünstigen Untersuchungsdesign liegt.

Es zeigt sich aber eine deutliche Tendenz, dass sich bei Breitensportlern ein größerer Effekt als bei Spitzenathleten nachweisen lassen kann. Man muss den Trainings- und Wettkampfprozess jedoch ganzheitlicher betrachten. Nicht nur im Spitzensport haben sich die Ergebnisse durch eine ständige Optimierung der Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung verbessert, sondern auch dem Breitensportler stehen viel mehr Trainingshinweise durch Fachliteratur oder Online-Plattformen zur Verfügung.

Begleitet wird diese Entwicklung durch eine rasante Entwicklung und Verbesserung des Materials (z.B. Spezialschuhe, individuell angefertigte Einlagen etc.) und der Trainingsbedingungen. Neben Höhentrainingslagern gibt es Höhenhäuser, in denen die Athleten mit einem geringeren Sauerstoffdruck leben und trainieren, um den Aufenthalt im Gebirge zu simulieren. Dementsprechend ist das Training heute im Leistungs- und Breitensport ein 24-Stunden-Prozess, bei dem die Wettkampf- und Trainingsbelastungen in Regenerationsphasen eingebettet sind, die zunehmend eine größere Rolle spielen.

Kompression und Regeneration

Große Fortschritte gab es in den letzten Jahren im Bereich der Ernährung, was die Auffüllung der Energiedepots betrifft. Andere regenerative Maßnahmen werden sehr unterschiedlich angewendet. Die Kompressionsbekleidung bietet in der Regeneration zunächst den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu allen anderen bekannten regenerativen Maßnahmen (wie Massage, aktive Erholung, Kryotherapie, Tauchbäder in Wasser mit Temperaturdifferenzen, Hyperbare Sauerstofftherapie, Stretching, Luftfeuchtigkeitstherapie, Elektrostimulation etc.) kein zusätzliches Zeitfenster  braucht. Sehr geläufig ist diese Art des Einsatzes zur Unterstützung der Regeneration im Radsport und Triathlon.

Bei den wissenschaftlichen Studien findet man leider eine große Variabilität des Studiendesigns. Der Tragezeitraum bezieht sich teilweise auf den Wettkampf und die Regeneration oder nur auf die Regeneration nach der Trainings- oder Wettkampfbelastung. In einer Studie mit einer kurzen Regenerationszeit absolvierten Radfahrer zwei Maximaltests über 5 Minuten mit einer Pause von 80 Minuten.

Der Test wurde jeweils mit und ohne knielange Kompressionsstrümpfe durchgeführt. Der Leistungsabfall im zweiten Test fiel signifikant stärker aus, wenn keine Kompressionskleidung getragen wurde (Chatard et al. 2004). Bei den Probanden (n = 12) handelte es sich um 63-jährige trainierte Radfahrer, also nicht um Top-Leistungssportler. Andere Studien versuchten, einen Wettkampftag von Bahnsprintern zu simulieren (Argus et al. 2013). Hochtrainierte professionelle Radfahrer absolvierten drei maximale Sprints über 30 Sekunden.

Die Pausenzeiten zwischen den drei maximalen Leistungen waren 20 Minuten. Es zeigte sich, dass die Abnahme der Leistung im Vergleich zur Kontrolle deutlich geringer ausfiel, wenn Kompressionsstrümpfe getragen wurden. Die Mehrzahl der Studien untersucht eine längere Regenerationszeit von 24, 48 und 72 Stunden. Im Mittelpunkt stehen dabei der Einfluss auf das psychische Befinden, die physische Leistung und die biologischen Parameter.

Auch für das Wandern gibt es spezielle Kompressionsstrümpfe. (Foto: CEP)
Auch für das Wandern gibt es spezielle Kompressionsstrümpfe. (Foto: CEP)

Psychische Regeneration

Die psychische und mentale Regeneration ist wichtig, damit sich der Körper mental auf den nächsten Belastungsreiz einstellen kann. Wer sich gut fühlt, ist auch gut motiviert. Der Athlet muss das Gefühl haben, dass sein Körper vollkommen regeneriert ist. Je weniger Schmerzen, zum Beispiel in Form von Muskelkater oder Muskelverspannungen, auftreten, desto besser ist es für das psychische Wohlbefinden des Athleten.

Weltweit werden in Studien zwei Abfragemethoden eingesetzt. Die DOMS-Skala (delayed onset of muscle soreness) bezieht sich auf Muskelschmerzen beziehungsweise Muskelkater. Der RPE-Wert (rating of percieved exertion) fragt die empfundene körperliche beziehungsweise muskuläre Erschöpfung ab. In fast allen Studien ist eine signifikante positive Wirkung nach 24, 48 oder 72 Stunden beschrieben, wenn in der Regenerationsphase kniehohe oder lange Kompressionsstrümpfe oder Hosen getragen werden.

Körperliche Regeneration

Die körperliche Regeneration, welche die Leistungsfähigkeit in den Bereichen Kraft und Ausdauer betrifft, kann nicht in allen Studien klar nachgewiesen werden. Bei Krafttests, bei denen in der Regel das bekannte Repertoire von Sprungkrafttests (Squat jump, Counter movement jump, Drop Jump)  angewendet wird, testet man an ein bis drei Zeitpunkten (24 bis 72 Stunden nach Belastung).

Meist sind nur ein oder zwei Werte verbessert. Dies kann damit erklärt werden, dass der leistungsbedingte Abfall der Sprungkraft nach einer Trainingsbelastung in den Testverfahren nicht so groß ausfällt und diese Maximalleistungen auch immer sehr stark motivationsabhängig sind. Im Ausdauerbereich sehen die Ergebnisse etwas besser aus. Moderat trainierte Radfahrer erzielen bei einer Wiederholung eines 40-Kilometer-Zeitfahrens nach 24 Stunden eine höhere Leistung, wenn während der Regeneration lange Kompressionshosen im Vergleich zu langen Radfahrhosen ohne Kompressionswirkung getragen werden (DeGlanville und Hamlin 2012).

Eine Reihe von Studien untersucht die Auswirkung von Kompressionsstrümpfen auf die Muskelschädigung beziehungsweise die Dauer von Reparaturprozessen. Das Ausmaß der Muskelschädigung kann mit biologischen Markern aus dem venösen Blut bestimmt werden. Der CK-Wert (Creatinkinase) gibt Auskunft über den Grad der Muskelschäden, die durch ein Training auftreten. Die belastungsbedingte Muskelschädigung, die durch starke oder überhöhte Trainingsreize provoziert wird, nennt man auch „Exercise induced muscle damage“.

Durch ungewohnt hohe Belastungen einzelner Muskelfasern entstehen Mikrotraumen im Bereich der Z-Scheiben. Es erfolgt ein Proteinabbau und durch das Eindringen von Wasser kommt es zu einer Ödembildung nach 24 bis 36 Stunden. Der dadurch entstehende Dehnungsschmerz der anschwellenden Muskelfaser wird als Muskelkater wahrgenommen. Die Ödembildung führt zu einer schlechteren Durchblutung und reflektorischen Verspannung des Muskels. Allerdings ist die Minimierung der Schädigung nur bedingt in wenigen Studien nachweisbar. Teilweise fällt der Anstieg des CK-Wertes geringer aus, wenn in der Regenerationsphase Kompressionsbekleidung getragen wird.

Bei anderen biologischen Markern, wie C-reaktives Protein, Myoglobin, Laktat, Laktatdehydrogenase, Interleukin-6 oder Interleukin-10, reichen normale Trainingsbelastungen oft nicht aus, um Effekte nachzuweisen. Daher tauchen in einigen Studien ganz untypische körperliche Belastungsformen auf.  So gehen Probanden bei einer Geschwindigkeit von 3,6 km pro Stunde auf einem Laufband 30 Minuten rückwärts und bergabwärts (Gefälle 12 Prozent).

Erschwert wird die Belastung noch durch das Tragen eines Zusatzgewichts (12 Prozent des Körpergewichts). Zusammengefasst wird der positive Einfluss auf die Psyche am deutlichsten sichtbar. Mentale Stärke spielt heute eine wichtige Rolle im Sport. Man kann besser trainieren, wenn man sich leistungsbereit fühlt und schmerzfrei ins Training geht.

Kompression und Propriozeption

Einzelne Studien untersuchen den Einfluss von Kompressionsbekleidung auf die Propriozeption. Poettgen und Kohl (2013) wiesen bei Profi-Fußballern mit Hilfe eines Winkelreproduktionstests eine verbesserte Propriozeption nach. Bei diesem Test wurde verhindert, dass die Fußballer ihre Beine sehen konnten.

Dies hat eine große Bedeutung beim Fußball und auch beim Skilaufen , da die Feinkoordination nur über exakte Bewegungen im Knie- und in den Sprunggelenken erzielt werden kann, ohne einen Blickkontakt zur unteren Extremität aufzunehmen. Kompressionsstrümpfe schnitten bei dem Winkelreproduktionstest besser ab als die Versuche mit und ohne Stutzen.

Weiterhin stellte Poettgen (2012) fest, dass bei 19 untersuchten Profi-Fußballern fast Dreiviertel ein stabileres Gefühl und mehr als 80 Prozent ein besseres Laufgefühl empfanden. Es gibt einige Untersuchungen, die mit Hilfe eines Peromeds das Gleichgewichtsgefühl und die Koordination beziehungsweise Stabilität überprüfen. Hier zeigte das Tragen von Kompressionsstrümpfen auch positive Effekte. Diskutiert wird, dass dies insbesondere bei älteren Menschen zu einer geringeren Sturzgefahr führen könnte.

Fazit

Zusammenfassend weist die Mehrzahl der Studien einzelne positive Effekte auf. Die Tendenz zeigt kleinere Effekte bei jungen Spitzenathleten. Im Umkehrschluss sollten ältere und untrainierte Menschen von Kompressionsstrümpfen am meisten profitieren, da im Alter die Leistungsfähigkeit des Bindegewebes abnimmt und die Kraft der Muskulatur nachlässt, sodass die Muskelpumpe nicht mehr so effektiv arbeitet.

Weiterhin ist der Einsatz von Kompressionsstrümpfen nicht auf den Sport beschränkt, sondern kann besonders für Berufstätige in sitzenden und stehenden Berufen hilfreich sein. Hier kann ein Anschwellen der Beine eingeschränkt werden und die psychische und physische Verfassung am Arbeitsplatz verbessert werden.

Anschrift des Verfassers:
Prof. Helmut Lötzerich
Deutsche Sporthochschule Köln
Institut für Natursport und Ökologie
Am Sportpark Müngersdorf 6
50933 Köln


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Bilder aus dem Artikel:

Foto: Andrey Popov/AdobeStock_495062320
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