Folgen Sie uns
1. August 2016
Annette Switala
Deutscher Bundestag

Anti-Korruptionsgesetz verabschiedet

Am 14. April 2016 ist im Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung der Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet worden. Bei Bestechlichkeit und Bestechung drohen Ärzten und Leistungserbringern nun Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Haft. Kritiker beanstanden, dass Apotheker nach kurzfristigen Änderungen des Gesetzentwurfs in wesentlichen Bereichen nicht belangt werden können.
Gebäude
Foto: Deutscher Bundestag/Axel Hartmann

Für die Bundestagsdebatte standen lediglich 38 Minuten zur Verfügung; während der Statements der Politiker mussten die Abgeordneten mehrfach zu mehr Aufmerksamkeit angehalten werden. In der dritten Lesung wurde das Gesetz mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen, bei 464 Ja-Stimmen, 58 Nein-Stimmen und 54 Enthaltungen. Die Fraktion Die Linke stimmte gegen das Gesetz; die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.

Gegenüber dem vorhergehenden ­Gesetzentwurf wurden die neuen Strafrechtsparagraphen 299a und 299b deutlich verschlankt. Zuvor war bereits der Bezug auf das ärztliche Berufsrecht aus dem Gesetzestext gestrichen worden. Grund war, dass das Berufsrecht auf Landes­ebene geregelt ist, was zu einer unterschiedlichen Rechtsprechung hätte führen können. Mit der Streichung ist ­jedoch die Verletzung der Pflicht zur heilberuflichen Unabhängigkeit vom neuen Strafrecht nicht mehr erfasst.

Überraschend und kurzfristig wurden die Straftatbestände, die Apotheker betreffen, weitgehend aus dem Gesetzestext herausgenommen. So wurde der Bereich der Abgabe von Arzneimitteln, Hilfsmitteln und Medizinprodukten gestrichen. Damit werden beispielsweise Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften durch Apotheker nicht ins neue Strafrecht einbezogen.

Die Kriterien, die von den §§ 299a und 299b erfasst werden, waren bis zuletzt umstritten. Zwar sprachen sich alle Redner in der Bundestagsdebatte  für die Notwendigkeit des neuen Gesetzes aus.

„Es hat jedoch einen Geburtsfehler“, sagte Karthin Vogler, Die Linke. Dadurch, dass man das Gesetz im Wirtschaftsrecht angesiedelt hätte, statt etwa bei den Amtsdelikten, habe man sich in eine Falle begeben, aus der man nicht mehr herauskomme. „Das Ergebnis ist, dass vor allem der Wettbewerb geschützt wird, weniger die Patienten“, so Vogler. Die Streichung des berufsrechtlichen Bezugs im Gesetzestext nehme dem Gesetz „den wesentlichen Sinn: den Schutz des Vertrauens“.

Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen sprach von einem „unappetitlichen Vorgang“ und einer „Entkernung“ des ursprünglichen Gesetzentwurfs. Die  berufsrechtliche Pflicht, die heilberufliche Unabhängigkeit zu wahren, sei schließlich der Kern des Referentenentwurfs gewesen. Hier sei man wohl dem Lobbydruck erlegen. „Es geht um Vertrauen in die Ärzteschaft – das wollen Sie nicht so richtig angehen, wenn Sie nicht das Kammerrecht mitnehmen“, meinte Künast.  Völlig unverständlich sei, weshalb Apotheker außen vor seien. Angesichts dessen müsse man sich fragen, warum andere Heilberufe noch vom Gesetz erfasst würden.

„Das Gesetz ist kein zahnloser Tiger“, verteidigte Edgar Franke, SPD, die neu gefassten Paragraphen. Allerdings räumte auch er ein, dass es im ersten Jahr Fallkonstellationen geben könne, etwa im Bereich neuer Arzneimittel, die nicht geregelt seien.

„Der Gesetzgeber hat einen entscheidenden Schritt zur Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen gemacht“, befand Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbands, nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag. Allerdings sei man noch nicht am Ziel, da die Streichungen im Gesetz weitreichende Folgen hätten. Es seien höchst problematische Zugeständnisse an die Ärztekammern, die Medizinprodukte- und Pharmaindustrie gemacht worden. Beispielsweise könnten Zuwendungen von Monopolen, wie beispielsweise großen Pharmaunternehmen, mit dem neuen Gesetz nicht strafverfolgt werden.

„Wir müssen die weiteren Entwicklungen genau beobachten, erst dann ist eine endgültige Bewertung möglich“, äußerte der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Er begrüßte die Streichung der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten aus dem Gesetzestext. Dadurch würden erwünschte Kooperationsformen nicht mehr unter Generalverdacht korruptiven Verhaltens stehen.

 

Artikel aus Ausgabe 5/2016

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
Schuhsohle
Zurück
Speichern
Nach oben