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31. Juli 2024
Redaktion
14. Münchner Lymph-Symposium

Ödeme im Fokus

Am 6. Juni 2024 fand in der Wappenhalle in München das 14. Münchner Lymphsymposium statt. Im Fokus des Symposiums stand das Ödem in der Medizin. Auch die bildgebende Diagnostik sowie konservative und chirurgische Therapie-Maßnahmen bei einer Lymphödem- oder Lipödem-Erkrankung wurden thematisiert.
Die
Foto: Juzo
Die Referenten des 14. Münchner Lymphsymposiums.

300 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besuchten die Veranstaltung der Julius Zorn GmbH. Das Symposium, das unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. med. Michaela Knestele stand, war in fünf Themenschwerpunkte unterteilt.

Aktuelles aus Forschung und Praxis

Mit seiner Zusammenfassung der genetischen und histologischen Grundlagen im Kontext der Lymphologie eröffnete Dr. rer. nat. Dr. med. René Hägerling, Berlin, das Vortragsprogramm. Ergänzend dazu stellte er zwei konkrete Fällen von Kindern aus der Sprechstunde vor. Dabei zeigte er, wie die Diagnostik mit modernen Mitteln wie der 3D-Rekonstruktion des dermalen Gefäßsystems erfolgt. Im Anschluss an den Vortrag überreichte Uli Frey, Leitung Medical Affairs, im Namen der Juzo GmbH eine Spende über 5.000 Euro für Forschungszwecke an Dr. Hägerling, der Vorsitzender der Sektion Lymphologie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie ist.

Mit der Frage, ob die „Lymphgefäße für unsere Lebensweise und Lebenserwartung ausgelegt“ sind, beschäftigte sich ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ. Erich Brenner, MME (Bern), Innsbruck, Österreich. Älter werden würde bedeuten, dass Glykokalyx, Gap Junctions, die Muskulatur und die Innervation eines Menschen abnehmen, der oxidative Stress jedoch zunehmen würde. Als Konsequenz daraus leitete Brenner ab, dass im Laufe des Lebens die Lymphtransportkapazität eines jeden abnehme, aber die Transportmenge zunehme.

Leitlinien aktuell

Über den Entwicklungsstand der S3-Leitlinie zum Lymphödem berichtete Prim. Dr. med. Christian Ure, Wolfsberg, Österreich. Acht Arbeitsgruppen, bestehend aus 32 Fachgesellschaften, setzen sich mit der Erstellung der Leitlinie auseinander. Zur existierenden Agenda (AG1 Definition und Epidemiologie AG 2: Basisdiagnostik AG 3: Weiterführende Diagnostik AG 4: Konservative Therapie AG 5: Chirurgische Therapie AG 6: Primärprävention AG 7: Psychosoziale Aspekte) werde der neue Punkt der Patientenleitlinie hinzukommen.

Dr. med. Anya Miller, Berlin, referierte über die aktuelle Sk2-Leitlinie zum Lipödem und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dabei betonte Miller, dass ein Lipödem weder durch Adipositas bedingt sei, noch, dass Adipositas ein Lipödem bedinge. Jedoch sei es möglich, dass Adipositas die Schmerzen eines Lipödems verstärkt. Therapieziel sei deswegen immer die Reduktion des Schmerzes, um die Lebensqualität der Patientinnen zu steigern. Dafür sollte die Therapie individuell an die Patientinnen angepasst werden.

Diagnostik

Mit Antworten auf die Frage „Bildgebende Diagnostik heute – und morgen?“ wagte Priv.-Doz. Dr. med. Claus C. Pieper, Bonn, einen Blick in die Zukunft. Die verschiedenen Bildgebungstechniken seien bereits heute ein gutes Rüstzeug für Bildgebung und Intervention, jedoch gebe es bisher noch wenige spezialisierte Zentren weltweit. Die Bildgebung von morgen beinhalte neue Technologien und Kontrastmittel, während eine breitere Verfügbarkeit der Basisbildgebung auch künftig fraglich sei. Die Bearbeitung großer Datenmengen mit Al-Algorithmen biete außerdem Unterstützung bei Diagnostik und Monitoring.

Um eine Differentialdiagnose bei Ödem richtig zu bestimmen, bedürfe es einer gründlichen Anamnese, Inspektion und Palpation, so Dr. med. Barbara Netopil, Königstein im Taunus. Dabei sei ein Ödem nicht immer ein Lymphödem. Ein Ödem werde nach seiner Entstehungsart unterschieden; so gebe es auch kardiale, renale oder traumatische Ödeme, wobei hier unterschiedliche Behandlungen notwendig seien.

Konservative Therapie

Christine Hemmann-Moll, Bad Rappenau, wagte sich an die Frage, ob die klassische Aufteilung der KPE in zwei Phasen in der ambulanten Behandlung noch zeitgemäß sei. Nach der Bandagisten-Meisterin sollte die Therapie nicht in zwei separate Phasen aufgeteilt werden, sondern eine kontinuierliche Therapie aus Entstauung, Selbstmanagement, Erhaltung und Kontrolle darstellen. Dafür seien MAKs (Medizinisch adaptive Kompressionssysteme) und SoftCompress-Einlagen ideal. Diese könnten von den Betroffenen individuell angelegt und nachjustiert werden und würden vom Tragekomfort angenehmer empfunden werden als Bandagen.

„Optionen in der KPE des Lymph- und Lipödems: State of the Art und woran wird geforscht?“, präsentierte Eva-Maria Streicher. Hierbei betonte die Physiotherapeutin, wie wichtig es sei, Säuglingen und Kleinkindern mit einem Primären Lymphödem sofortige KPE (Komplexe physikalische Entstauungstherapie) zukommen zu lassen, damit keine starken Gewebeänderungen auftreten würden. Auch bei Patienten mit einem sekundären Lymphödem sei KPE essentiell in der Therapie, um deren Mobilität zu fördern. Bei der Therapie des Lipödem-Syndroms würde sich eine sog. „Shock-Wave-Therapie“ eignen, um hypertrophe Gewebeanteile zu reduzieren. Diese Methode müsse jedoch noch mehr erforscht werden.

Über die Wechselwirkung und Benefits von „Lymphödem – Bewegung – Kompression“ referierte PD Dr. med. Anett Reißhauer, Berlin. Dabei sei Bewegung eines der wirksamsten Medikamente. Nicht nur werde der Muskelmantel gestärkt, auch der venöse Rückstrom würde verbessert und Bewegung habe positive Effekte auf die Chromosomen des Menschen. Bei der Bewegung gelte die 3x30x30 Faustregel: 3x die Woche Bewegung und Sport und das für 30 Minuten. Das senke das Rezidivrisiko um 30 Prozent.

Dass Ödem-Patienten auf Hautpflege achten müssen, was dabei bewährt und was neu ist, zeigte Gabi Weigold, Döhlau. So würden Betroffene oft zu unterschiedlichen Hautpflegemitteln greifen, was völlig in Ordnung sei. Man solle lediglich drauf achten, dass jene hauttyp- und phasengerecht sei. Bewährt habe sich für trockene Haut eine lipophile Pflege, während man feuchte bzw. fettige Haut am besten mit hydrophilen Mitteln pflege.

Chirurgische Therapie

Den letzten Teil des Symposiums leitete Prof. Dr. med. Marcus Lehnhardt, Bochum, mit seinem Vortrag über „Lymphödem-Prävention nach Tumor oder Trauma: Sinnvoll oder nicht, konservativ oder operativ?“ ein. Bei Trauma oder Tumorbehandlungen würde meist die Subkutis beschädigt und somit eine Behinderung des Lymphsystems entstehen. Hier rät der Chirurg, prophylaktisch lymphovenöse Anastomosen vorzunehmen, damit die Venen die Lymphe drainieren und im Umkehrschluss kein Lymphödem entstände.

Dr. med. Aaron Antaeus Metz, Wien, Österreich, legte in seinem Vortrag dar, dass man bereits Anfang des 20. Jahrhunderts an resektiven und rekonstruktiven Verfahren am menschlichen Lymphsystem forschte. Heute sei es möglich, durch Ultra High Frequency Ultraschallwellen oder dem sogenannten ICG-Verfahren die Lymphe sichtbar zu machen. Dies sei notwendig, um lymphovenöse Anastomoseverfahren, wie zum Beispiel das Elephant- oder das Octopus-Verfahren durchzuführen. Ein Ausblick auf die rekonstruktive Chirurgie des Lymphödems zeige, dass individualisierte Therapien, biometrische Datenerhebung etc. zum zukünftigen Standard gehören sollten.

Abschließend referierte Dr. med. Michaela Knestele, Kaufbeuren, über die „Chirurgische Infektsanierung und plastische Deckung bei Lymphödemen“. Da ein Lymphödem, insbesondere in unbehandeltem Zustand, mit einer reduzierten Immunabwehr auftrete, könne es zu wiederkehrenden Infekten kommen, welche es zu behandeln gebe. Dafür könnten unterschiedliche Verfahren eingesetzt werden: Während ein Erysipel in der Regel konservativ zu therapieren sei, sei es bei Phlegmonen oder nekrotisierender Fasziitis meist zwingend erforderlich chirurgisch einzugreifen.

Der 15. Münchner Lymphkliniktag wird am 5. Juni 2025 stattfinden.

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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