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7. Februar 2017
Annette Switala
Gesundheitsbericht Diabetes

Aktuelle Zahlen zum Diabetischen Fußsyndrom

Die Zahl von Majoramputationen bei Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom ist in Deutschland mit etwa 12.000 trotz steigender Patientenzahlen stagnierend. Sie liegt jedoch immer noch höher als in Skandinavien und den Niederlanden. Immer noch wird zu oft amputiert, ohne zuvor eine Bildgebung der Gefäße oder eine Revaskularisation durchzuführen. Das stellt der jüngst erschienene Gesundheitsbericht Diabetes 2017 fest, der die neuesten Zahlen zum Diabetes mellitus beinhaltet.
Amputation
Foto: angkhan/Adobe Stock

Herausgeber des jährlichen Berichts sind die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe. Das Kapitel über das Diabe­tische Fußsyndrom verfasste Dr. Holger Lawall. Aktuell sind etwa 6,7 Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes erkrankt, darunter etwa zwei Millionen, die noch nichts von ihrer Erkrankung wissen. Jeder vierte Diabetiker erleidet im Laufe seines Lebens ein Diabetisches Fußsyndrom. Die Prävalenz des diabetischen Fußulkus liegt bei zirka zwei bis zehn Prozent der Diabetespatienten in Deutschland.

Die jährliche Inzidenz liegt unverändert bei zwei bis sechs Prozent aller Diabetiker. In Deutschland haben rund 250.000 Diabetiker eine Fußläsion. Etwa 1 Million Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko, eine Fußläsion zu erleiden. Die Neuerkrankungsrate liegt jährlich unverändert bei 2,2 bis 5,9 Prozent.

Majoramputationen

Etwa 12.000 Majoramputationen im Jahr finden bei Diabetespatienten statt. Die Hauptursache sind periphere Durchblutungsstörungen und Infektionen. Etwa 40 Prozent der Patienten mit schweren Durchblutungsstörungen haben Diabetes. Das Risiko einer Amputation ist für Diabetiker um das zirka 20-fache erhöht. Immer noch zu häufig erfolgt eine hohe Amputation bei schweren Durchblutungsstörungen ohne vorangegangene Angiografie oder den Versuch einer arteriellen Revaskularisation. Der Bericht weist darauf hin, wie wichtig das Einholen einer Zweitmeinung in einem spezialisierten Gefäßzentrum für die Reduktion von Majoramputationen ist.

Erschreckend oft werde amputiert, ohne eine Bildgebung der Blutgefäße oder eine arterielle Revaskularisation durchzuführen, wie es die Leitlinien empfehlen. Der Bericht nennt Zahlen einer großen Krankenkasse, bei der dies bei 37 Prozent von über 42.000 untersuchten Patienten bis zu zwei Jahre vor der Amputation nicht stattgefunden hat.

50 bis 70 Prozent aller Amputationen der unteren Extremität sind Folge einer diabetischen Stoffwechselstörung. Bei 85 Prozent der Amputationen bei Diabetikern ging ein Fußulkus voraus, das später eine schwere Infektion oder Gangrän ausbildete.

Wundbehandlung, Einlagen­versorgung und Podologie

Die Datenlage für einzelne Produkte zur Wundheilung bei Diabetischem Fußsyndrom ist unverändert schlecht, stellt der Diabetesbericht fest. Bei Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom sei keine Evidenz für den Nutzen von Be­hand­lungsverfahren wie Wunddebridement, Hydrotherapie, Fliegenlarven­behandlung, Antiseptika, Wund­verbands­mitteln oder silberhaltigen Präparaten gegeben.

Demgegenüber sei jedoch die Wirksamkeit der Einlagenversorgung beim Diabetischen Fußsyndrom belegt. Der Verfasser bezieht sich auf eine Studie, bei der die Druckbelastung im Stehen und im Gehen in Schuhen ohne Einlagen, in Schuhen mit teilentlastenden Einlagen sowie in Schuhe mit kompletter Weichschaumbettung untersucht wurde. Dabei habe sich eine hochsignifikante Druckentlastung für die komplette Weichschaumbettung im Vergleich zu Schuhen ohne Bettung oder mit Teilbettung gezeigt. Dies sei für die Rezidiv­prophylaxe von besonderer Bedeutung. Lawall resümiert: „Angepasste Einlagen führen zur Druckumverteilung und verhindern Rezidive.“

Außerdem sei belegt, dass mit der Zunahme der podologischen Mitbehandlungen die Rate der Majoramputationen sinke.

Ziel müsse sein, auch die Zahl der Minoramputationen zu verringern, da diese die Gehfähigkeit und die Lebensqualität der Patienten einschränken können. Zudem erleiden bis zu 20 Prozent der betroffenen Diabetiker eine Nachamputa­tion innerhalb der nächsten fünf Jahre.

In der operativen Therapie der Ischämie sollte der endovaskulären Behandlung gegenüber dem gefäßchirurgischen Eingriff der Vorzug gegeben werden, wenn damit die gleiche symptomatische Verbesserung erzielt werden kann, stellt der Bericht fest. Begründet wird dies damit, dass die endovaskuläre Behandlung den Patienten geringer belaste und zumindest kurzfristig die gleichen klinischen Ergebnisse erziele. Auf jeden Fall müssten vor einer drohenden Amputation so schnell wie möglich alle Möglichkeiten der arteriellen Revaskularisation genutzt werden.

Weitere Inhalte

Der Bericht gibt ausführliche Hinweise zur zeitgemäßen Diagnostik von Poly­neuropathie und peripherer arterieller Verschlusskrankheit. Bezüglich der Prävention des Diabetischen Fußsyndroms rät er zu Patientenschulungen, zum Screening von peripheren Durch­blutungsstörungen mittels des Knöchel-Arm-Indexes und regelmäßigen Fuß­­­inspek­tionen. Für die Reduktion der Ampu­tationsraten sei die Vernetzung von ambulanten und stationären Versorgungseinrichtungen, die Einbeziehung von Podologen und die Imple­mentierung definierter Behandlungs­pfade entscheidend.

Der Deutsche Gesundheitsbericht Diabetes 2017 ist auf der Internetseite der DDG kostenfrei als PDF oder gedruckt für 6,50 Euro zzgl. Versandkosten beim Verlag Kirchheim erhältlich.

Bericht aus Orthopädieschuhtechnik 01/ 2017

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
Schuhsohle
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