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30. April 2024
Redaktion
Eurocom-Stellungnahme zu GVSG und KHVVG

Zugang zu Innovation und ärztliche Therapiehoheit sichern

In Zusammenhang mit der Nachbesserung bei den Entwürfen eines Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) und eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) spricht sich die Eurocom dafür aus, dass der Zugang zu Innovation, die Wahlfreiheit der Krankenversicherten und die ärztliche Therapiehoheit rechtssicher sein müssen.
Frank
Foto: Eurocom
Frank Weniger

„Patientinnen und Patienten müssen sich bei der Behandlung ihrer Erkrankungen und Verletzungen mit medizinischen Hilfsmitteln darauf verlassen können, dass diese der medizinischen Erkenntnis und dem technologischen Fortschritt entsprechen und von guter Qualität sind. Zwingend notwendig sind dafür diese Voraussetzungen: der grundsätzliche Zugang zu innovativen Hilfsmitteln, die ärztliche Therapiehoheit und nicht zuletzt die Wahlfreiheit der Krankenversicherten. Hier sehen wir Regelungsbedarf, der in den aktuellen Gesetzesentwürfen des Bundesministeriums für Gesundheit noch nicht berücksichtigt ist“, sagt Frank Weniger, Leiter Politik bei der Europäischen Herstellervereinigung für Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel (Eurocom).

Dabei gelte es, alle – auch für das Versorgungsgesetz 2 geplante – Neuregelungen mit Bezug zur Hilfsmittelversorgung im GVSG zu verankern.

In ihren Stellungnahmen geht es der Eurocom vor allem um vier Grundforderungen:

  • neuartige Hilfsmittel schneller ins Hilfsmittelverzeichnis aufnehmen,
  • rechtssichere Anpassung der Festbeträge,
  • Abgabe von Hilfsmitteln mit Mehrkosten ohne bürokratischen Mehraufwand,
  • Sicherstellung der Therapiehoheit und Wahlfreiheit auch nach Einführung der E-Verordnung für Hilfsmittel.

Neuartige Hilfsmittel schneller ins Hilfsmittelverzeichnis aufnehmen

Auch wenn es sich nicht um eine Positivliste handelt – das Hilfsmittelverzeichnis wirkt marktsteuernd, erklärt die Eurocom. Umso wichtiger sei es, dass neuartige Hilfsmittel zügig und nach klaren Kriterien ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden. Dem entgegen stünden jedoch inhaltlich und zeitlich oft nicht nachvollziehbare Anforderungen an den Nachweis des medizinischen Nutzens, den der GKV-Spitzenverband bei neuartigen Hilfsmitteln oder bekannten Hilfsmitteln mit neuer Indikation verlangt – als zusätzliche Anforderung über die Konformität mit der Medical Device Regulation hinaus.

„Die Konsequenz dieses langatmigen und kostenintensiven Verfahrens mit unsicherem Ausgang: Anreize für die Entwicklung neuartiger Hilfsmittel schwinden – zum Nachteil des Innovationsstandortes Deutschland und nicht zuletzt für die zeitgemäße Versorgung der Patientinnen und Patienten“, so die Eurocom. Sie fordert daher, klare und rechtssichere Vorgaben für den Nachweis des medizinischen Nutzens in das GVSG zu übernehmen.

Rechtssichere Anpassung der Festbeträge

Die vom Gesetzgeber vorgesehene regelmäßige Anpassung der Festbeträge, etwa für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie oder für orthopädische Einlagen, sei stark verzögert oder gar stagnierend, berichtet die Eurocom. Sie halte keineswegs Schritt mit der Inflationsentwicklung. Hier müsse es schnell Abhilfe geben, da die Hersteller von Hilfsmittel Kostensteigerungen aufgrund von Festbetrags- und Vertragsregelungen nicht weitergeben können.

„Zu befürchten steht, das qualitativ hochwertige Hilfsmittel namhafter Hersteller dem deutschen Markt aus ökonomischen Gründen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden können“, erklärt die Eurocom. Die Herstellervereinigung fordert, die jährliche Anpassung der Festbeträge unter Berücksichtigung der Inflationsrate neu zu regeln.

Klarstellen: Mehrkosten sind abschließend geregelt

Die Anforderungen der Leistungserbringer bei der Abgabe eines Hilfsmittels mit Mehrkosten für den Patienten seien gesetzlich abschließend geregelt, ist die Eurocom überzeugt. Eine darüberhinausgehende Begründungs- und Dokumentationspflicht zum Mehrnutzen gegenüber mehrkostenfreien Hilfsmitteln, wie sie der GKV-Spitzenverband inzwischen teilweise verlange, stehe dazu im Widerspruch. Der GKV-Spitzenverband versuche, damit in die Privatautonomie und Wahlfreiheit des Patienten einzugreifen. Die Eurocom fordert, im Gesetz klarzustellen, dass es keine weiteren Anforderungen über das gesetzlich Geregelte hinaus bei der Abgabe von Hilfsmitteln mit Mehrkosten geben darf.

Ärztliche Therapiehoheit auch bei E-Verordnung für Hilfsmittel

Die elektronische Verordnung von Hilfsmitteln ist ab dem 1. Juli 2027 für ärztliche und nichtärztliche Leistungserbringer verpflichtend. Hier muss aus Sicht der Eurocom Sorge dafür getragen werden, dass die ärztliche Therapiehoheit bei der generischen Verordnung aufrechterhalten bleibt und eine softwarebasierte Lenkung hin zu bestimmten Produkten ausgeschlossen ist. Die begründete Verordnung eines Einzelprodukts müsse ebenfalls weiterhin möglich sein. Auch müsse die Freiheit des Patienten, einen Leistungserbringer seines Vertrauens zu wählen, aufrechterhalten bleiben. Die Eurocom fordert, die Weichen für eine Therapiehoheit und Wahlfreiheit wahrende E-Verordnung so früh wie möglich zu stellen.

Keinen Anreiz für schlechtere Hilfsmittelversorgung schaffen

Die Eurocom regt in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des KHVVG als Herzstück der Krankenhausreform dringend deren Folgenabschätzung auf die ambulante Versorgung im Rahmen der Nachsorge an. Denn entscheidend für die qualitativ gute Anschlussversorgung sei die schnelle und lückenlose Überleitung in die ambulante Nachsorge. Dabei müssen die ärztliche Therapiehoheit und die Wahlfreiheit des Patienten sichergestellt werden, fordert die Eurocom. Einer Versorgungslenkung müsse von Beginn an vorgebeugt werden, indem das Trennungsprinzip von Verordner und Versorger aufrechterhalten wird. Die Eurocom fordert eine gesetzliche Klarstellung, dass es keine Kooperationen zwischen Krankenhäusern und Sanitätshäusern jenseits der unmittelbaren Versorgung der Patienten geben darf.

„Auch im Rahmen einer Krankenhausbehandlung müssen sich Patientinnen und Patienten auf eine Hilfsmittelversorgung von hoher Güte verlassen können. Es darf keine Versorgungslenkung hin zum niedrigsten Preis und zum Nachteil des Patienten geben“, so die Eurocom. Hilfsmittel dürfen deshalb nicht als Teil einer Pauschalvergütung enthalten sein, sondern müssen gesondert vergütet werden, fordert die Herstellervereinigung.

Zur Eurocom-Stellungnahme zum Entwurf eines GVSG gelangen Sie hier (PDF)

Zur Eurocom-Stellungnahme zum Entwurf eines KHVVG gelangen Sie hier (PDF).

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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