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24. Juni 2024
Redaktion
Eurocom-Mitgliederversammlung

Vorstand wieder vollzählig

Auf der Tagesordnung der diesjährigen Eurocom-Mitgliederversammlung am 18. Juni 2024 in Nürnberg stand die Nachwahl eines stellvertretenden Vorsitzenden. Zu Gast war zudem MdB Martina Stamm-Fibich (SPD), die sich der Diskussion zum Handlungsbedarf in der Hilfsmittelversorgung stellte.
Der
Foto: Eurocom e. V.
Der Eurocom-Vorstand und Geschäftsführerin Oda Hagemeier verabschieden sich vom ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden Michael Ullrich (v.l.): Dirk Treiber (Medi GmbH), Vorsitzender Jürgen Gold (Julius Zorn GmbH), Michael Ullrich, Geschäftsführerin Oda Hagemeier, Rainer Berthan (Bauerfeind AG), Stefan Geiselbrechtinger (Oped GmbH), Walter Michael Leuthe (Sporlastic GmbH).

Nun ist der Vorstand der Eurocom, Herstellervereinigung für Kompressionstherapie, orthopädische Hilfsmittel und digitale Gesundheitsanwendungen, wieder vollzählig: Rainer Berthan, Vorsitzender des Vorstandes der Bauerfeind AG, wurde einstimmig in den Vorstand gewählt. Sein Amtsvorgänger Michael Ullrich verabschiedete sich Ende 2023 in den Ruhestand und gab damit auch den stellvertretenden Vorsitz bei der Eurocom auf. Ullrich nahm dieses Amt von 2019 bis 2023 wahr. Die Neuwahl des gesamten Vorstandes wird dann im Rahmen der Mitgliederversammlung 2025 stattfinden.

Runder Tisch gefordert

„Bislang ist Deutschland die Wiege der Konservativen Therapie. Es gilt, den Hilfsmittelstandort Deutschland langfristig zu sichern. Hilfreich wäre ein Runder Tisch, der dem Leitgedanken folgt, dass Hilfsmittelpolitik eine Schnittmenge aus Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik ist. Damit wir gemeinsam zu Ende denken, was es braucht, um die Verfügbarkeit hochwertiger und innovativer Hilfsmittel made in Germany zu erhalten“, sagte Jürgen Gold, Vorsitzender Eurocom. Er nahm damit direkten Bezug auf den Handlungsbedarf, den die Ergebnisse der diesjährigen Eurocom-Mitgliederbefragung signalisieren. Vor allem gelte es, die größten Standort- und Marktrisiken in den Griff zu bekommen: Innovationen müssten schneller ins Hilfsmittelverzeichnis, die Abwanderung von Produktionen aufgehalten, der Fachkräftemangel im Sanitätsfachhandel und in den orthopädietechnischen Betrieben aufgefangen werden.

Gast Martina Stamm-Fibich, Mitglied des Deutschen Bundestags und Berichterstatterin der SPD-Fraktion, unter anderem für Heil- und Hilfsmittel, bestätigte: „Es kann nicht sein, dass Innovationen im Hilfsmittelbereich Jahre brauchen, um Eingang ins Hilfsmittelverzeichnis zu erhalten. Es bedarf eines Runden Tisches, an den wir auch den GKV-Spitzenverband holen, um ein besseres Verständnis zu erreichen und Innovationen schneller ins Hilfsmittelverzeichnis zu bringen – im Sinne des Patientenanspruchs auf eine gute Versorgung.“

Besseres Innovationsklima schaffen

Moderiert von Eurocom-Geschäftsführerin Oda Hagemeier, knüpfte die Diskussion an die wichtigsten Ergebnisse der Mitgliederbefragung 2024 an: 78 Prozent der Befragten (plus 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) bewerten das hiesige Innovationsklima als schlecht. Nur noch für 79 Prozent der Hersteller ist Deutschland zurzeit der wichtigste Markt. 2023 war er dies noch für 86 Prozent. Größtes Standortrisiko mit 93 Prozent sind laut Befragung bürokratische Hürden, die es abzubauen gilt. Das mit Abstand größte Markt- und Innovationsrisiko ist das unsichere und langwierige Aufnahmeverfahren neuartiger Produkte ins Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes, ergab die MItglieder-Befragung. Traf dies im Vorjahr noch für 68 Prozent der Befragten zu, so steigt der Wert aktuell auf 83 Prozent drastisch an.

Kritisch sei in diesem Zusammenhang insbesondere die Refinanzierung kostspieliger klinischer Studien. Jürgen Gold stellt dazu fest: „Wir brauchen Verbindlichkeit und Klarheit. Das betrifft vor allem die Nachweispflichten zur Aufnahme eines neuartigen Produktes ins Hilfsmittelverzeichnis. Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir mit exakt derselben Studie beim GKV-Spitzenverband scheitern, mit der wir bereits im Rahmen des aufwendigen Prozesses der MDR-Konformität die klinische Bewertung eines neuartigen Hilfsmittels erfolgreich durchlaufen haben. Die Folge: Verwaltungsprozesse ziehen sich unnötig in die Länge, ohne dem Patienten zu nützen. Daher ist es unerlässlich, dass der GKV-Spitzenverband klar begründet, warum er ein Mehr an Nachweisen fordert.“

Fachkräftemangel auffangen

Neben der Verfügbarkeit innovativer Hilfsmittel gilt es aus Sicht der Eurocom-Mitglieder ebenso, die qualifizierte Versorgung sicherzustellen. Zunehmend Sorge bereitet daher der immense Fachkräftemangel im Sanitätsfachhandel und in den orthopädie(schuh)technischen Betrieben. Das gaben 72 Prozent an (2023: 47 Prozent). Gold erläuterte: „Fakt ist: Sowohl in orthopädietechnischen Betrieben als auch im Sanitätsfachhandel werden immer mehr Quereinsteiger beschäftigt. Schon seit langem hat die Industrie Konzepte entwickelt, um dieses Defizit an qualifizierter Versorgung aufzufangen: Erklärvideos, digitale Unterstützung, Akademien und Schulungseinrichtungen – die Angebote sind vielfältig. Wenn wir nicht schulen, wer soll dann noch die therapiegerechte Anwendung erklären können? Dieser Beitrag der Industrie muss sich stärker in der Preisbildung abbilden.“

„Wir müssen den Gesundheitssektor als Wirtschaftssektor begreifen. Deutlich wird das besonders beim Fachkräftemangel in den Leistungserbringer-Berufen“, so MdB Martina Stamm-Fibich. „Es braucht auskömmliche Gehälter. Sonst werden diese Berufe nicht attraktiver. Es bedarf also einer gezielten Wirtschaftsförderung. Gesundheitspolitik kann das nicht leisten.“

Marktgerechte Festbeträge

Die Notwendigkeit eines sektorenübergreifenden Lösungsansatzes zeigte auch die Diskussion um den Umgang mit den Auswirkungen anhaltender nicht abgedämpfter Kostensteigerungen, in denen 75 Prozent der Eurocom-Mitglieder eine Gefahr sehen – Verlagerung der Produktion ins Ausland nicht ausgeschlossen. „Zunehmender Kostendruck einerseits und marktgerechte Anpassungen von Preisen und Festbeträgen andererseits müssen sich die Waage halten, damit Produktionen nicht ins kostengünstigere Ausland verlagert werden müssen“, sagte Gold.

Aus Sicht der Bundestagsabgeordneten ist dieses Anliegen nachvollziehbar und notwendig, auch aus schlechter Erfahrung: „Die Verlagerung der Wirkstoffproduktion ins Ausland statt einer Standortstabilisierung innerhalb Europas war ein Riesenfehler im Arzneimittelbereich. Dieser Fehler darf sich im Bereich der Medizinprodukte nicht wiederholen.“ Ein erster Schritt: „Festbeträge im Bereich der Kompressionstherapie wurden das letzte Mal im Jahr 2020 angehoben. Hier besteht Nachholbedarf. Dieser Auftrag ist angekommen“, so Stamm-Fibich.

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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