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13. Juli 2016
Redaktion

Urlaub rechtzeitig planen

Jetzt am Jahresanfang haben einige Mitarbeiter noch alten Urlaub, viele denken ­bereits an den neuen. Damit der Betrieb richtig planen kann, sollte sich der Chef des Orthopädieschuhtechnik-Betriebs auskennen und jetzt handeln. Von Harald Klein


Für die meisten Mitarbeiter gehört der Urlaub gleich nach dem Lohn oder ­Gehalt zu den wichtigsten Punkten im Arbeitsvertrag. Mit der Familie in den Sommerferien drei Wochen verreisen, vorher um Ostern herum, im Herbst und einige Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. Damit kein vermeidbarer Per­sonal­engpass entsteht, können Betriebe klären, wer wann wie lange frei haben will und wie sich gebündelte Interessen vereinbaren lassen. „Die Planung ist dabei ein hilfreiches Instrument“, weiß Jens Köhler, Fachanwalt für Arbeitsrecht im Kölner Haus des Handwerks. Etwa mit einem Formblatt, in dem Mitarbeiter ihre Wünsche eintragen. Wenn sich einer noch für keinen Termin entscheiden kann, muss er die Zeiten nehmen, die übrig bleiben. Zum Beispiel während der sechswöchigen Sommerferien, in die vor allem Eltern mit schulpflichtigen Kindern ihren Jahresurlaub legen wollen. Potenzieller Streit mit anderen Beschäftigten inklusive, die just auch in dieser Zeit wegfahren wollen.
Doch wie ist der Konflikt zwischen Eltern mit Schulkindern und anderen Mitarbeitern in der Planung zu lösen? Jens Köhler eindeutig: „Rechtlich gibt es keinen Vorrang für die Eltern, denn anders als etwa bei betriebsbedingten Kündigungen gibt es beim Urlaub keine Sozial­auswahl, die dies berücksichtigen würde.“ Aus politischen Gründen und dem Betriebsklima zuliebe, bevorzugten jedoch die meisten Arbeitgeber Mitarbeiter mit Schulkindern.

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Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf Urlaub, der in der Praxis als Haupturlaub zwischen zehn Tagen und drei Wochen am Stück genommen werden sollte. Denn Urlaub dient der Erholung. Die Aufteilung der Tage in lauter Kurzurlaube ist daher weder im Interesse des Betriebs noch des Mitarbeiters und entspricht auch nicht dem Sinn und Zweck des Bundesurlaubsgesetzes.
Teilzeitmitarbeitern stehen übrigens Urlaubstage anteilig zu: Arbeitet etwa eine Mitarbeiterin im Büro des Betriebs bei der üblichen Fünftagewoche, zweieinhalb Tage pro Woche, hat sie bei regulär 30 Urlaubstagen für Vollzeitkräfte 15 Arbeitstage. Die genaue Berechnung ergibt sich per Quotelung – je Arbeitstag der Teilzeitkraft ein Fünftel des Urlaubs­anspruchs der Vollzeitkräfte. Die kon­krete Zahl der Urlaubstage sollte im Arbeitsvertrag stehen. Ändert sich die Arbeitszeit der Teilzeitkraft, passen Betrieb und Mitarbeiter den Urlaubspassus entsprechend an.

Der Chef entscheidet
Wann der Urlaub genau stattfindet, ­entscheidet jedoch der Chef. Denn Mit­arbeiter beantragen den Urlaub, der ­Arbeitgeber gewährt ihn – auch unter Berücksichtigung der gesamtbetrieb­lichen Belange. Nicht wenige Mitarbeiter fühlen sich allerdings überfordert, ­Urlaubspläne im Voraus zu machen. Bei später gewährtem Urlaub gibt es schließlich keine Wahl – sie müssen ihn zum ­vereinbarten Zeitpunkt nehmen. Arbeitnehmer können ihn nur aus wichtigem Grund verlegen, etwa im Krankheitsfall oder bei Tod eines nahen Verwandten. Auch der Chef darf den Urlaub nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 9 AZR 11/05) nicht kurzfristig zurücknehmen oder Mitar­beiter gar aus dem Urlaub zurückrufen. Das geht nur im beiderseitigen Einvernehmen oder im echten Notfall, etwa bei Feuer oder Hochwasser – bei Vorkommnissen also, die den Betrieb existenziell schädigen können und die unvor­her­sehbar sind. Auftragsspitzen reichen nicht aus. Wenn der Rückruf aus dem ­Urlaub jedoch ­unvermeidlich ist, haben Arbeitnehmer Anspruch auf Übernahme von Kosten wie Stornogebühren. Extra angeschaffte Urlaubsausrüstung wie Surfbrett oder Wanderschuhe gehören nicht dazu. Rechtsanwalt Jens Köhler rät deshalb nicht gleich das ganze Jahr zu planen: „Praktisch ist etwa der Plan speziell für den Sommer oder etwa ein eigener Plan je Quartal. Damit bleiben Betrieb und Mitarbeiter flexibel“.

Mit ins neue Jahr nehmen?
Dabei sollten die Beschäftigten ihren ­Urlaub am Jahresende vollständig genommen haben. „Denn entgegen verbreiteter Meinung verfällt der Urlaub am 31. Dezember“, so Köhler. „Nur wenn ein Mit­arbeiter aus persönlichen oder betrieb­lichen Gründen den Urlaub nicht vollständig nehmen konnte, ist eine Verlängerung bis 31. März des Folgejahres zulässig.“ Dennoch akzeptieren viele nicht den letzten Streichtermin 31. März für den Alturlaub. Obwohl es beim Übertrag ins neue Jahr gleich zwei Probleme gibt: Bilanzpflichtige Betriebe müssen eine Rückstellung bilden, und in diesem Jahr kommt der alte zum neuen Urlaub hinzu. Das Problem des Abbaus ver­größert sich also noch. Deshalb sollten Betriebe den Streichtermin 31. März für den alten Urlaub einhalten. Lediglich bei Langzeiterkrankten gilt laut Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 353/10) eine zwölf Monate längere Frist.
Konkret regelt das Bundesurlaubs­gesetz: „Eine Übertragung ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen“. Solche Gründe können seitens des Betriebs unerwartet viele Aufträge sein, seitens der Mitarbeiter etwa Krankheit. Hat der Chef bisher jedoch auch ohne diese Gründe den alten Urlaub aufs neue Jahr übertragen, kann er sich jetzt nicht plötzlich auf das Gesetz berufen. „Denn bei einer ­solchen betrieblichen Übung hätte er dies im alten Jahr so rechtzeitig ankündigen müssen, dass die Mitarbeiter ihren Urlaub noch nehmen können“, so Jens Köhler.
Betriebliche Übung ist auch, den Alturlaub noch über den 31. März hinaus zu gewähren. Das ist riskant. Denn wenn sich der Chef später auf das Gesetz berufen will, verhält er sich „rechtsmiss­bräuchlich“, so das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az. 3 Sa 123/01). Der Mitarbeiter könnte den alten Urlaub einklagen.
Grundsätzlich unerlaubt ist es auch, nicht genommenen Urlaub finanziell abzugelten. Es gibt aber zwei Ausnahmen: Wenn ein Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet und bis zum letzten Arbeitstag nicht die ihm zustehenden Urlaubstage nehmen konnte. Und bei Langzeiterkrankten dann, wenn sie das ganze Jahr über gefehlt haben.
Insgesamt betrachtet helfen die Urlaubsplanung und faire Bewilligung der Urlaubsanträge im betrieblichen Alltag. Der Chef freilich bleibt flexibel und kann die Abläufe ändern. Etwa im Sommer abwechselnd auch mal Mitarbeiter ohne schulpflichtige Kinder bevorzugen. An sein bisheriges Verhalten ist der Arbeitgeber dabei nicht gebunden. „Denn aus der bisherigen Genehmigung des Urlaubs für Eltern in den Sommerferien erwächst keine betriebliche Übung“, so Experte Jens Köhler.
Anders als in manchen Industrie­unternehmen, die die Vergabe der freien Tage mit Urlaubsgrundsätzen regeln, bleiben Handwerksunternehmer in ihrer Organisation frei – jedenfalls arbeitsrechtlich. z
 
Anschrift des Verfassers
Harald Klein
Dorfstraße 76
72074 Tübingen

Abbildungen: 1.Andreas Hermsdorf/pixelio.de 2.Sergey Niveus/fotolia.com

Ausgabe 1/2016

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Foto: Andrey Popov/AdobeStock_495062320
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