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5. Juni 2018
Redaktion

Rollentausch gemeistert

PETRA ZIMMERMANN


2014 tauschte Orthopädieschuhmachermeister Patrick Wallbaum mit seinem Vater Dietmar Wallbaum die Rollen: Der Sohn übernahm den Familienbetrieb und stellte seinen Vater in Vollzeit ein. Die Nachfolge haben Vater und Sohn gemeinsam mit der Familie rechtzeitig geplant, der ehemalige Seniorchef will noch gut zehn Jahre bis zur Rente als Angestellter im Betrieb weiterarbeiten. 
Eine gelungene Übernahme, die langfristig geplant wurde.

Mit dem Familienbetrieb in Gelsenkirchen war OSM Patrick Wallbaum seit jeher eng verwurzelt: Er absolvierte seine Ausbildung dort und war ab 2004 vier Jahre als Geselle tätig, bevor er die Meisterausbildung begann. „Der fließende Übergang vom Senior auf den Junior nahm schon zwei bis drei Jahre in Anspruch“, resümiert der 34-Jährige heute. „Ein Vorteil war es, dass sich mein Vater und ich über die Übernahme seit jeher einig waren, es war klar, dass ich den Betrieb übernehmen sollte.“ Seine Schwester schlug eine andere berufliche Karriere ein und hatte kein Interesse am 
väterlichen Betrieb. Als Sohn des Chefs konnte sich 
Patrick Wallbaum viele Jahre auf die Rolle des Unternehmers vorbereiten und so sicherstellen, dass es mit dem Familienbetrieb weitergeht. „Mein Vater hat sich nach und nach aus der Chefrolle zurückgezogen und ich habe mich seit dem Besuch der Meisterschule schon auf die Übernahme vorbereitet.“

Seniorchef prägte das Unternehmen

Viele Handwerksunternehmen sind durch die Persönlichkeit des Seniorunternehmers geprägt. Der neue Chef muss sich in der Regel erst das Vertrauen von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten erarbeiten. Hier hat man als Sohn des Inhabers eindeutig Vorteile: Das Unternehmen ist bereits etabliert, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten existieren und das Team ist eingespielt.

Rechtzeitige Aufgabenteilung

Bei „Orthopädie-Schuhtechnik & Podologie Wallbaum“ teilten sich Vater und Sohn rechtzeitig die Aufgaben: Patrick Wallbaum leitete bereits während des Besuchs der Meisterschule die Werkstatt, sein Vater konzen­trierte sich auf den Podologiebereich. 2012 bestand der Sohn die Meisterprüfung und wurde der Juniorchef. „Mein Vater hatte 1985 mit Mitte Zwanzig den Betrieb übernommen und als junger Meister Akzeptanzprobleme bei älteren Kunden gehabt, das wollte er mir von vornherein ersparen.“

Ein eingespieltes Team: Der ehemalige Chef Dietmar Wallbaum und der jetzige Chef Patrick Wallbaum

Ein eingespieltes Team: Der ehemalige Chef Dietmar Wallbaum und der jetzige Chef Patrick Wallbaum

Professionelle Beratung

Vater und Sohn Wallbaum waren sich einig: Sie wollten rechtzeitig und rechtlich abgesichert die Nachfolge 
regeln. Bei der Wirtschaftsförderung der Handwerkskammer Münster ließen sie sich vom Fachmann beraten. Auch der Betriebswert des Unternehmens wurde hier festgestellt. „Meinem Vater war es wichtig, dass eine neutrale Stelle den Betrieb bewertet. Denn als Inhaber ist es schwierig, das realistisch einzuschätzen. Außerdem wollten wir dadurch Rechtssicherheit. Um die steuerliche Belastung so gering wie möglich zu halten, haben wir uns in Zusammenarbeit mit unserem Steuerberater für einen Kaufvertrag auf Rentenbasis entschieden.“

Neugründung

So wurde der alte Betrieb Ende 2013 übergeben und ab dem 1. Januar 2014 war Patrick Wallbaum der neue 
Inhaber und Chef. Sein Vater wurde in Vollzeit als Meister angestellt und hatte auch keine Probleme damit, seinen Sohn als neuen Chef den Kunden vorzustellen. Auch in der Vergangenheit hatte er immer betont, dass sein Sohn den Betrieb übernehmen werde.

Orthopädie-Schuhtechnik & Podologie Wallbaum in Gelsenkirchen

Orthopädie-Schuhtechnik & Podologie Wallbaum in Gelsenkirchen

Geringfügige Änderungen

Patrick Wallbaum wollte nach außen ein Zeichen setzen, dass sich in der Betriebsstruktur etwas geändert hatte und ließ ein moderneres Logo gestalten. Der 
Firmenname blieb der alte. „Viele Kunden kommen ja in größeren Zeitabständen zu uns, da bekommen sie einen solchen Wechsel nicht aktiv mit.“

Der neue Betrieb musste auch neue Vorgaben er­füllen, wie den behindertengerechten Umbau mit barrierefreier Toilette, stufenfreiem Eingangsbereich und breiten Türdurchlässen für Rollstuhlfahrer. Diese Umbaumaßnahmen mussten abgeschlossen sein, bevor der neue Betrieb präqualifiziert werden konnte. „Für den Übergang habe ich einen Kredit beantragt, um die ersten Monate zu überbrücken. Mit den ersten Einnahmen konnte ich erst im Februar 2014 rechnen“, erklärt 
Pa­trick Wallbaum.

Im Portfolio des Betriebes hat sich wenig geändert: Hauptsächlich werden orthopädische Schuhe und Einlagen gefertigt, zweites Standbein ist die Podologie und Fußpflege. Auch die vier bisherigen Mitarbeiterinnen sind geblieben: Mutter Ingrid Wallbaum kümmert sich um die kaufmännische Seite, weiterhin gibt es eine 
Gesellin, die zurzeit in Elternzeit ist, eine Fußpflegerin und eine Verkäuferin. Im Team hat sich also nichts 
geändert – mit einer Ausnahme: Der bisherige Senior­chef ist jetzt angestellter Orthopädieschuhmachermeister.

Ausgabe 06 / 2018

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Bilder aus dem Artikel:

 

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
Schuhsohle
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