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15. November 2023
Redaktion
Parlamentarischer Abend der Eurocom

Patientenversorgung mit hochwertigen Hilfsmitteln sichern

Stimmen die Rahmenbedingungen für eine Hilfsmittelversorgung, die auf Qualität und Innovation setzt? Das war Gegenstand des politischen Dialogs, den Eurocom am 8. November in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft Berlin für Vertreter aus Politik, Sozialversicherung, Ärzteschaft, Industrie und Handwerk veranstaltete. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das silberne Jubiläum der Herstellervereinigung gefeiert.
Podiumsdiskussion
Foto: Eurocom
Was folgt aus den Ergebnissen der Allensbachbefragung für Politik und Sozialversicherung? Darüber diskutierten (v.l.n.r.) Kristine Lütke (FDP), Martina Stamm-Fibich (SPD), Oda Hagemeier (Eurocom), Linda Heitmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Simone Borchardt (CDU/CSU), moderiert von Dr. Albrecht Kloepfer (links außen).

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Allensbach-Patientenbefragung 2023, die einen hohen Nutzen für Hilfsmittel aus Patientensicht bescheinigt hatte, diskutierte auf dem Podium Eurocom-Geschäftsführerin Oda Hagemeier mit Mitgliedern des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages die Weichen, die aus Sicht der Herstellervereinigung in Politik und Sozialversicherung gestellt werden müssen.

„Die politische Vielfalt der heute hier versammelten Personen freut mich außerordentlich“, begrüßte Eurocom-Vorsitzender Jürgen Gold die Gäste, allen voran die Podiumsteilnehmenden Prof. Dr. Edgar Franke, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit, Impulsgeber Michael Sommer vom Institut für Demoskopie Allensbach sowie als Diskutantinnen Simone Borchardt (CDU/CSU), Linda Heitmann (Bündnis 90/Die Grünen), Kristine Lütke (FDP) und Martina Stamm-Fibich (SPD).

Diese Vielfalt zeige den übergreifend wahrgenommenen hohen Stellenwert, den medizinische Hilfsmittel für einen Großteil der Bevölkerung in Deutschland haben: „Hilfsmittel – dieses an sich spröde Wort – bedeutet doch für viele Menschen die Ermöglichung von Teilhabe. Wie wir eine qualitativ hochwertige Hilfsmittelversorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten sicherstellen können, darüber müssen wir sprechen“, so Gold.

 

Edgar
Foto: Eurocom
Prof. Dr. Edgar Franke gratulierte der Eurocom in in seinem Grußwort zu ihrem 25-jährigen Bestehen. „Die Eurocom ist bekannt für ihre hervorragende Verbandsarbeit im wichtigen Hilfsmittelbereich. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was Hilfsmittel leisten, indem sie Menschen zu mehr Mobilität und Lebensqualität verhelfen. Wir müssen den Standort Deutschland für die mittelständischen Hilfsmittelbetriebe stärken, insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen von Krise und Krieg.“
Hintergrund: Allensbach-Studie bestätigt hohen Nutzen von Hilfsmitteln

Innovationen müssen Patienten schneller erreichen

Der hohe Zufriedenheitsgrad der Hilfsmittelnutzer und ihr Plädoyer für gute Qualität, den die Allensbach-Umfrage gezeigt hat, bestätigt aus Sicht der Eurocom den Kurs, den der Gesetzgeber bereits 2017 mit dem Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetz (HHVG) eingeschlagen hat und der beispielsweise in der Verpflichtung des GKV-Spitzenverbandes zur regelmäßigen Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses Ausdruck findet. Das Ziel, so die Eurocom, sei gewesen, mit kontinuierlicher Weiterentwicklung der Produktgruppen und klaren Kriterien zur Aufnahme neuartiger Produkte sicherzustellen, dass Versicherte sich auf eine Hilfsmittelversorgung verlassenen können, die der individuellen Therapiesituation entspricht und state of the art ist.

Oda Hagemeier betont: „Dieser Aspekt ist aufgrund der steuernden Funktion des Verzeichnisses von großer Bedeutung.“ Mit der Etablierung eines obligatorischen Beratungsgesprächs zwischen Antragsteller und dem GKV-Spitzenverband sei der formale Rahmen für mehr Transparenz und beschleunigte Prozesse geschaffen worden. Hier müsse allerdings dringend nachgebessert werden, in der Umsetzung fehle noch Klarheit zu den konkreten Nachweispflichten. „Deshalb fordern wir eine Beweislastumkehr zum zusätzlichen Nachweis des medizinischen Nutzens“, so Hagemeier.

Es bestehe die Gefahr, dass innovative Hilfsmittel, die ihre Leistungsfähigkeit bereits im Rahmen der europäischen Medical Device Regulation (MDR) nachgewiesen haben, „ausgebremst“ und der Versorgung entzogen werden. Martina Stamm-Fibich erklärte: „Es muss Verbindlichkeit geben. Wenn Hilfsmittel die MDR-Zertifizierung durchlaufen haben, muss klar sein, was wir noch an Nachweisen brauchen – und warum. Die Parameter müssen klar und verlässlich sein.“

Simone Borchardt leitete daraus einen politischen Auftrag ab: „Die bedarfsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten mit innovativen Hilfsmitteln, die dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnis und des technischen Fortschrittes entsprechen, ist uns ein wichtiges Anliegen. Bezogen auf bereits CE-gekennzeichnete Hilfsmittel heißt das: Wir brauchen keine zusätzliche Zertifizierung der Zertifizierung. Ist der Nutzen nachgewiesen, müssen Neuerungen – und sei es als Pilot – schneller ins Hilfsmittelverzeichnis und damit in den Markt kommen. Dafür müssen wir Regularien schaffen.“

Linda Heitmann ergänzte mit Blick auf die anstehenden Gesetzesvorhaben: „Es muss gelingen, dass Menschen, die Hilfsmittel dringend benötigen, diese auch zügig bekommen. Darum müssen wir den Bürokratieabbau auch in den anstehenden Versorgungsgesetzen angehen.“

Qualität, Wahl- und Therapiefreiheit schützen

Die Allensbach-Umfrage hatte laut Eurocom ergeben, dass die Messlatte der Versicherten an die Qualität der Hilfsmittel hoch ist, ebenso ihre Bereitschaft, in die für ihre individuelle Therapiesituation bestmögliche Versorgung zu investieren. Oda Hagemeier folgerte daraus: „Wir brauchen eine Hilfsmittelentwicklung und -versorgung, die im Sinne der Patientinnen und Patienten konsequent auf Qualität und Wahlfreiheit setzt. Die Einführung der Mehrkostenregelung hat sich dabei als sinnvolles Instrument bewährt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Versicherte können freiwillig ein hochwertiges, teureres Produkt wählen, das ihren persönlichen Ansprüchen besser gerecht wird und somit die Therapietreue erhöht, ohne dass die Krankenkassen dafür aufkommen müssen und die Solidargemeinschaft belastet wird.“ Regelversorgung und höherwertige Versorgung bestünden nebeneinander, Patienten könnten sich mündig dazwischen entscheiden. Das solle auch so bleiben.

Kristine Lütke äußerte in diesem Zusammenhang: „Klar ist, allen Versicherten muss eine gute Versorgung mit Hilfsmitteln zur Verfügung stehen. Darüber hinaus kann den Versicherten das Angebot einer höherwertigen Versorgung über Mehrkostenvereinbarungen gemacht werden. Hier gilt es möglichst wenig bürokratische Regelungen zu treffen.“

Therapiehoheit des verordnenden Arztes schützen

Analog zur Wahlfreiheit der Patienten gilt es aus Sicht der Eurocom außerdem, die Therapiefreiheit der Verordnenden zu schützen. Vor dem Hintergrund eines oft langwierigen Aufnahmeprozederes neuartiger Produkte ins Hilfsmittelverzeichnis sollte die Konzipierung des E-Rezeptes ein Freitextfeld für Hilfsmittel einführen, die wie bislang schon auf Papier die Verordnung von noch nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelisteten Produkten ermöglicht, forderte die Herstellervereinigung.

Martina Stamm-Fibich bestätigte: „Eine der größten Herausforderungen sehe ich im Bereich der Digitalisierung. Sie muss die Versorgungsvielfalt einerseits sowie die Therapiehoheit der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes andererseits sicherstellen. Darauf müssen wir den Fokus legen, wenn wir die Digitalisierungsgesetze angehen.“

Simone Borchardt regte, auch mit Blick auf die Zukunft, einen übergreifenden Denkansatz in Bezug auf medizinische Hilfsmittel an: „Wir müssen den Hilfsmittelmarkt besser verstehen und ihn ganzheitlich betrachten – auch im Hinblick auf seine Kosten. Der präventive Einsatz von Hilfsmitteln führt zu einer Kostenersparnis etwa im Bereich der stationären Pflege, die vermieden oder hinausgezögert werden kann.“

 

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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