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31. Oktober 2022
Redaktion
Azubi-Suche

Ohne Online-Präsenz bleibt man unsichtbar

PETRA ZIMMERMANN


Die Suche nach Auszubildenden ist oftmals eine Herausforderung, denn noch immer sinkt die Zahl der Schulabgänger. Der Drang junger Menschen, weiterführende Schulen zu besuchen, ist ungebrochen. Außerdem konkurrieren Handwerksbetriebe mit ihren Ausbildungsangeboten mit anderen Branchen. Um für junge Leute sichtbar zu werden, investieren manche OST-Betriebe deshalb Zeit und Geld in professionelle Online-Auftritte.


Foto: Jordan GmbH

Kennen junge Menschen den Ausbildungsberuf Orthopädieschuhmacher/in und wissen sie, wie vielfältig dieses Handwerk ist? Die klare Antwort: Die meisten haben keine Ahnung davon. Auch im Handwerk allgemein sieht es mit dem Nachwuchskontakt schlecht aus, die Folge einer langjährig versäumten Strategie der Berufsorientierung in Richtung Handwerk. Zwar gibt es hier und da Versuche und Projekte, aber noch ohne durchgreifenden Erfolg. Politiker, Ver-bände und Handwerker tun zu wenig – sie machen zu wenig Werbung für ihr Berufsfeld, gehen zu wenig in die Schulen, klären Schüler, Eltern, Lehrer oder andere Multiplikatoren unzureichend darüber auf, wie vielseitig und zukunftsorientiert ihr Handwerk ist.

Für Betriebe ist es unabdingbar, sich insbesondere in der Online-Welt attraktiv zu präsentieren, um die Aufmerksamkeit der Generationen Z (ab 1995 Geborene) und Alpha (ab 2010 Geborene) zu gewinnen. Denn Social Media mit Desktop, Smartphone und Tablet sind fest in den Alltag dieser jungen Menschen integriert – und WhatsApp, Instagram, TikTok und die Videoplattform YouTube ihr zweites Zuhause. Mit guter Arbeit in sozialen Netzwerken können auch OST-Betriebe eine hohe Reichweite erzielen und sich attraktiv in Szene setzen. Auch im Hinblick auf potenziellen Nachwuchs!

Beispiele aus der Branche

Orthopädie-Schuhtechnik Jordan aus Krefeld wurde 1892 vom Wilhelm Jordan, dem Ururgroßvater des heutigen Inhabers Wilhelm Jordan, gegründet. Mit Jana Jordan hat die fünfte Generation übernommen und geht moderne Wege der Kommunikation. „Mein Vater hat damals mit einer Werbefirma in Facebook gestartet, seit 2018 mache ich alles, was online stattfindet.“ Als Plattformen nutzt die junge Meisterin Facebook und Instagram, zudem ist Instagram mit der Firmen-Webseite gekoppelt, sodass alle neuen Posts unten in der Timeline angezeigt werden. Jana Jordan erstellt in Eigenregie sowohl Bilder als auch Videos und textet Beiträge. Hilfe bekommt sie hier von ihren jungen Kolleginnen und Kollegen. „Sie haben immer mal ein paar coole Ideen, die wir dann umsetzen. Mein Team freut sich, wenn es in den sozialen Medien erscheint und ist stolz auf seine Arbeit.“

Durch die Online-Plattformen wollen die jungen Nachwuchskräfte auf den Betrieb und sein Team aufmerksam machen und über Themen aufklären. „In dem Zusammenhang hatten wir durch Instagram auch schon einige Anfragen und Aufträge für Einlagen, Bandagen und Orthesen, da wir vorher phasenweise permanenten Content gepostet hatten.“ Bei der Suche nach neuen Auszubildenden brauchte die Jordan GmbH die Kanäle in Social Media noch nicht: „Wir hatten bislang meist Glück, dass sich neue Anwärter aus unserer Kundschaft heraus gemeldet haben“, schmunzelt Jana Jordan. Mund-zu-Mund-Propaganda scheint also auch im digitalen Zeitalter noch zu funktionieren.{pborder}

Alle Mitarbeiter von Orthopädie-Schuhtechnik Jordan machen bei den Foto-Shootings begeistert mit. Foto: Jordan GmbHBerufsalltag attraktiv präsentieren

Aumann Stuhler Orthopädieschuhtechnik am Kobel will nächstes Jahr den digitalen Weg der Nachwuchsgewinnung gehen. Der Betrieb bildet derzeit drei Auszubildende aus, die sich persönlich vorstellten und um ein Praktikum nachfragten. Für Gesellschafter Jörg Aumann, der den Betrieb mit seiner Kollegin Alexandra Stuhler führt, ist eine professionelle Homepage selbstverständlich und die Grundlage für ein erfolgreiches Marketing. „Wir erreichen noch keine Massen, aber wir wollen präsent sein. Auf der Homepage lernt man uns näher kennen, auf Instagram kann man interne Dinge sehen.“ Die Social-Media-Betreuung hat seine Mitarbeiterin Julia Krause übernommen: „Wir geben mit unseren Posts Einblicke in die Werkstatt und zeigen tagesaktuelle Angebote, berichten aber auch über unseren Team-Ausflug“, schildert Julia Krause. „Uns ist es wichtig zu zeigen, dass wir alles selber anfertigen.“

Die Follower-Gemeinde ist bunt gemischt von jung bis alt, manche schauen sogar regelmäßig digital vorbei, darunter auch viele Berufskollegen aus allen Bundesländern. „Wir wollen lokal, regional und bundesweit präsent sein“, erklärt Jörg Aumann. „Dabei ist es sehr motivierend, dass unser Team für unsere Social-Media-Aktivitäten sehr aufgeschlossen ist. Jede(r) hat vorher schriftlich zugestimmt, dass er oder sie auf unserer Homepage, für unseren Instagram-Account und auch für Print-Medien abgebildet werden darf.“ Ende Juli hatte das Team noch viel Spaß beim letzten Foto-Shooting. Für die Zukunft plant der Betrieb noch intensivere Social-Media-Aktivitäten und Jörg Aumann ist gespannt, wie die digitale Suche nach Auszubildenden in 2023 funktionieren wird.

Am professionellen Auftritt in den Sozialen Medien von Aumann & Stuhler wirken alle im Team tatkräftig mit. Julia Krause (1. Reihe links) ist zuständig für die Social-Media-Betreuung. Foto: Aumann & Stuhler GbR

Mit ihren derzeitigen Azubis werben Aumann & Stuhler auch digital um neue Auszubildende für 2023. Foto: Aumann & Stuhler GbR

Lokales und regionales Engagement zeigen

Die Schott Orthopädie-Schuhtechnik aus Homberg ist auf Facebook und Instagram sehr aktiv. Dabei werden die ersten Tage der Azubis genauso präsentiert wie die frisch erworbenen Gesellenbriefe erfolgreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der vierten Generation führt Inhaber Markus Schott den Betrieb und hat sich mit seinen maßgefertigten myVALE-Zehensandalen ein lukratives Standbein geschaffen. Er ist vielseitig aktiv, da gibt es viel zu posten: Das breitgefächerte Engagement im Regionalsport, die erfolgreiche Behandlung prominenter Sportler ebenso wie neue Produkte oder Messeauftritte. Besonders im Rahmen neuer myVALE-Kampagnen werden jede Menge professioneller Fotos und Videos erstellt, die auch auf der Homepage und in den sozialen Medien präsentiert werden.

Derzeit sucht die Schott Orthopädie-Schuhtechnik GmbH Co. KG wieder zwei Auszubildende für den Beruf Orthopädie-Schuhmacher/in. Ebenso wurden in der Vergangenheit Ausbildungen für Kaufleute im Gesundheitswesen, Kaufleute für Büromanagement sowie Kaufleute im E-Commerce angeboten. „Einige machten sogar vorher ein Praktikum, um den Berufsalltag kennenzulernen“, erklärt PR-Referent Karsten Weber.

„Aktuell beschäftigen wir eine Auszubildende zur Kauffrau im Gesundheitswesen und eine Auszubildende für Büromanagement. Die Art der Kontaktaufnahme durch die Azubis ist recht heterogen. Schnittstellen waren hier unsere Website, Social Media, die Agentur für Arbeit und persönliche Kontakte. Bisher konnten wir alle Azubis übernehmen.“

Ein professioneller Internetauftritt erzeugt mehr Aufmerksamkeit. Deshalb setzt Schott Orthopädie-Schuhtechnik auch auf professionelle Foto-Shootings. Foto: Schott Orthopädie-Schuhtechnik GmbH & Co. KG

Bilder bringen mehr Aufmerksamkeit

Durch die sozialen Medien können sich Bewerberinnen und Bewerber einen ersten Eindruck verschaffen und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Für David Decker, Recruiting-Experte für die Handwerksbranche, erwartet die Generation Z von ihrer Ausbildung sowieso mehr als nur eine reine Wissensvermittlung. Hier sei es wichtig, das jeweilige Unternehmen modern rüberzubringen, um gezielt die Aufmerksamkeit junger Menschen zu wecken, so Decker. „Bei der Online-Präsentation von Unternehmen ist die Verwendung von Bildern und einer bildhaften Sprache sowie einem Werteversprechen des Betriebs von Vorteil.“ Lange Textpassagen und ausführliche Stichwortlisten erreichten oftmals nicht die gewünschte Aufmerksamkeit.

Inhaber Markus Schott legt Wert darauf, auch die Erfolge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu präsentieren. Foto: Schott Orthopädie-Schuhtechnik GmbH & Co. KG

Stolz auf das eigene Handwerk sein

Auch in der OST-Branche wird nicht selbstbewusst genug über ihr vielseitiges Handwerk kommuniziert. Über neue Technologien, flexible Arbeitszeit-Modelle, ein gutes Betriebsklima, vielseitige Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten, Auslandspraktika sowie einen sicheren Arbeitsplatz informiert das OST-Handwerk zum Beispiel zu wenig. Solche Berufsaspekte überzeugen aber die jüngere Generation. Bislang läuft die Kommunikation mit dem Nachwuchs noch nicht optimal, es gibt noch viel zu tun. Kein Wunder, dass die Handwerksbranche allgemein bei den jüngeren Generationen mit Imageproblemen und Vorurteilen zu kämpfen hat.

Anschrift der Verfasserin:
Petra Zimmermann
Schleswiger Straße 30
48147 Münster

 

 

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Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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