Nachhaltig aus Überzeugung
1911 gründete Gretchen Werner, die Ururgroßmutter des heutigen Geschäftsführers Florian Werner, gemeinsam mit ihrem Sohn Ludwig den kleinen Familienbetrieb. Im Stammhaus an der Glockenstraße in Pirmasens befinden sich auch heute noch die Bereiche Materialwirtschaft, Marketing, Versand und Lager der Werner Schuhe GmbH – auf insgesamt drei Etagen. Ein neues Außenlager für Schuhe am Stadtrand von Pirmasens konnte erst vor kurzem eröffnet werden. Bis Mitte der Neunzigerjahre wurde an der Glockenstraße sogar noch produziert. Dann folgte die Auslagerung der Serienproduktion nach Osteuropa – um dem Kostendruck standhalten zu können. „Wir produzieren inzwischen in Partnerbetrieben in Osteuropa – in der Slowakei und Rumänien“, erzählt Florian Werner, der den Betrieb seit 2014 führt. {abo}
Fokus auf nachhaltige Produkte
Den Weg in Richtung Nachhaltigkeit hatte bereits sein Vater eingeschlagen. Ausschlaggebend dafür sei zum einen die Lage im Pfälzerwald gewesen, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands, und das Bestreben, die Natur zu bewahren. „Zum anderen gab es natürlich für einen kleinen Familienbetrieb von jeher auch die Notwendigkeit, Aufträge zu erhalten“, sagt Florian Werner. Teils auf eigene Initiative, teils für Kunden – wie den Naturtextilien-Versandhändler Hessnatur – arbeiteten sich die Werners in das Thema ein und setzten die Anforderungen um. „So wurden wir selbst zum Lederhersteller“, sagt der Pirmasenser. „Wir kaufen nicht-gegerbte Rohware von Rindern aus biologischer Tierhaltung und lassen diese nach IVN-Standards in Deutschland gerben“.
„Irgendwann lag der Schritt nahe, die konventionelle Produktion auslaufen zu lassen und sich nur noch auf die nachhaltige Produktion zu konzentrieren“, erzählt Florian Werner. Nach und nach seien dann weitere Vertriebspartner mit ähnlich ökologischer Ausrichtung hinzugekommen. Inzwischen werden die (Leder-)schuhe – von der Sandale und Pantolette über Sneaker bis hin zu Stiefeletten und Stiefeln – unter dem eigenen Label „Werner 1911“ von kleinen und großen Handelspartnern in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und teilweise auch im Fachhandel angeboten. Auf Kundenwunsch beinhaltet das Sortiment nun auch Herrenschuhe. Seit zwei Jahren gibt es zudem einen unternehmenseigenen Web-Shop.
Sechs Audits in zwei Jahren
Seit 2021 sind die Lederschuhe nach dem Standard „IVN Naturleder“ zertifiziert. Das Siegel wird vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN) vergeben. Die Anforderungen sind hoch: Die Chromgerbung und Gerbverfahren, bei denen mineralische und schwermetallhaltige Gerbstoffe eingesetzt werden, sind beispielsweise nicht erlaubt; auch nicht die Zurichtung oder Finishmethoden mit Polyurethan, lösemittel- und fluorhaltige Mittel. Auch auf schwermetallhaltige Farbstoffe wird verzichtet, für Schadstoffe im Endprodukt gelten strenge Grenzwerte. Die einzuhaltenden Sozialstandards orientieren sich an den Normen der International Labour Organisation (ILO).
Bei der Werner Schuhe GmbH ist das komplette Endprodukt zertifiziert. „Uns war wichtig, dass wir nicht nur das Leder, sondern auch den Schuh als zertifiziert bezeichnen dürfen. Das umfasst dann neben dem Leder auch alle anderen Komponenten des Schuhes, zum Beispiel Laufsohlen, Zwischenmaterialien oder Schnürsenkel und die Fertigungsbedingungen in der Produktion“, erzählt Florian Werner. „In diesem vollstufigen Prozess sind wir in Europa der einzige Hersteller für Erwachsenenschuhe mit diesem Zertifikat“.
Die Bereiche Lohngerberei, Produktionsstandort und Unternehmenssitz werden jährlich auditiert. Inzwischen hat die Werner Schuhe GmbH mit der Rezertifizierung in diesem Jahr bereits sechs Audits durchlaufen. „Eine Menge Arbeit“, meint Florian Werner, aber für ihn lohnt sich der Aufwand. „Wir möchten zeigen, dass wir substanziell nachhaltige Schuhe fertigen, deshalb haben wir uns für diesen Weg entschieden“.
Positiv in die Zukunft
Dass die Wertschöpfung ausschließlich in Europa erfolgt, kommt dem Unternehmen nun in Zeiten von Lieferkettenproblemen und Engpässen zugute. „Mit Materialknappheit oder dergleichen haben wir kaum zu kämpfen, weil sämtliche Komponenten aus Europa kommen“, sagt Florian Werner. Die aktuelle Preisentwicklung, die Inflation und gestiegene Fertigungskosten machten ihm da mehr Kopfzerbrechen. Dennoch: für wirklich nachhaltige Schuhe wird es – abseits von Greenwashing – auch zukünftig einen Absatzmarkt geben, ist sich Florian Werner sicher.