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5. Dezember 2023
Redaktion
Fehlverhalten im Gesundheitswesen

GKV-Spitzenverband sieht weiterhin Handlungsbedarf

1,13 Milliarden Euro Gesamtschaden durch Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen – diese Summe ergibt sich aus der amtlichen polizeilichen Kriminalstatistik der letzten 20 Jahre. Um gegen solches Fehlverhalten vorzugehen, wurden 2004 die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen geschaffen. Doch es gibt noch immer viel zu tun, erklärt der GKV-Spitzenverband anlässlich einer von ihm veranstalteten Diskussionsveranstaltung und Tagung.
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Foto: igor/fotolia

Der Schaden durch nicht bekanntgewordene Fälle sei auch nach Ansicht des Bundeskriminalamtes vermutlich um ein Vielfaches größer als die angegebenen Zahlen, so der GKV-Spitzenverband. In Deutschland gebe es jedoch keine belastbaren kriminologischen Studien zum Dunkelfeld von kriminellem Fehlerhalten im Gesundheitswesen, während in den europäischen Nachbarländern schon lange dazu geforscht werde. „Obwohl sich auch die Justizministerkonferenz 2022 einstimmig dafür ausgesprochen hat, bleibt die Bundesregierung untätig“, kritisiert der GKV-Spitzenverband in einer Pressemitteilung.

 

Spezialisierte Strafverfolgungsbehörden nötig

Es gebe zu wenige Spezialeinheiten der Polizei und spezialisierte Staatsanwaltschaften, um weitreichend gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen vorgehen zu können. Hier müsse auch von den Ländern weiter nachgebessert werden, damit alle 16 Bundesländer auf dem notwendigen Niveau ausgestattet sind. Wichtig sei darüber hinaus ein besserer Schutz von Hinweisgebenden, so der GKV-Spitzenverband.

„Jedes Jahr gehen durch Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen hohe Millionenbeträge verloren – Geld, das in dunklen Kanälen versickert, statt sinnvoll in der medizinischen Versorgung eingesetzt werden zu können“, sagt Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender beim GKV-Spitzenverband. „Es ist daher in unser aller Interesse, noch effektiver gegen Betrug und Korruption vorzugehen. Dafür brauchen wir endlich eine Dunkelfeldstudie als Grundlage für ein evidenzbasiertes, wirksames Konzept zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen.“

In den letzten 20 Jahren sei eine effektive kassenübergreifende Struktur zum Kampf gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen entstanden, so Dr. Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende beim GKV-Spitzenverband. Sie forderte: „Für bessere Rahmenbedingungen muss die Politik den rechtlichen Rahmen nun weiter ausgestalten. Das heißt zum Beispiel, im Zeitalter der Digitalisierung auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens zur Verhinderung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu ermöglichen.“

Fehlverhaltensbericht: 132 Millionen Euro Schaden in 2020/2021

Der aktuelle, siebte Fehlverhaltensbericht des GKV-Spitzenverbandes beleuchtet die Jahre 2020 und 2021. Der ermittelbare Schaden beträgt in diesem Zeitraum rund 132 Millionen Euro, wovon weniger als die Hälfte zurückgeholt werden konnte. Zu einem Brennpunkt hat sich der Bereich der häuslichen Krankenpflege entwickelt. Die mit Abstand höchsten Forderungen von über 14,96 Millionen Euro konnten hier gesichert werden. Erstmals sind in diesem Leistungsbereich aber auch die mit Abstand höchsten Schäden in Höhe von 29,60 Millionen Euro entstanden. Im Hilfsmittelbereich gab es im untersuchten Zeitraum 6,76 Millionen Euro Schaden, gesichert werden konnten davon 3,44 Millionen Euro.

Der Bericht verzeichnet erstmals einen Rückgang verfolgter Neufälle um 17 Prozent (2020/2021: 23.341 Neufälle | 2018/2019: 28.197 Neufälle). Ebenso verringerten sich die bei den Kassen eingegangenen Hinweise auf Fehlverhalten um 6,5 Prozent (2020/2021: 39.600 Hinweise | 2018/2019: 42.350 Hinweise). Dies führt der GKV-Spitzenverband auch auf die Corona-Pandemie zurück, da in dieser Zeit unter anderem die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes ausgesetzt worden seien. Die Pandemie habe zudem die Hinweisprüfung und die Ermittlung von Neufällen verzögert sowie die Verfahrensdauer der verfolgten Bestandsfälle verlängert.

 

 

 

Hintergrund

Die bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen und beim GKV-Spitzenverband seit dem Jahr 2004 eingerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gehen gem. §§ 197a SGB V, 47a SGB XI Hinweisen nach, die auf „Unregelmäßigkeiten“ oder eine „rechtswidrige Nutzung von Finanzmitteln“ im Zusammenhang mit den Aufgaben der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung hindeuten, insbesondere Abrechnungsbetrug und Korruption. Wenn die Prüfung ergibt, dass ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bestehen könnte, sollen die Kranken- und Pflegekassen unverzüglich die Staatsanwaltschaft unterrichten.

Den aktuellen Fehlverhaltensbericht des GKV-Spitzenverbandes, der auch Fallbeispiele in den verschiedenen Leistungsbereichen nennt, finden Sie hier (PDF).

 

 

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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