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1. August 2016
Annette Switala
Gesundheitspolitik

Gesundheitshandwerke veröffentlichen Positionspapier 2016

Auf ihren wertvollen Beitrag zur Prävention, zur Rehabilitation und zum Ausgleich von Behinderungen weisen die Gesundheitshandwerke in ihrem jüngst veröffentlichten ­Positionspapier hin. Um diese Leistungen auch in Zukunft garantieren zu können, ­brauche es innovative Lösungen und verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen.

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Foto: htpix/Adobe Stock

Die Gesundheitshandwerke werben für ein Screeningprojekt 55+, in dem das Leistungsspektrum der Gesundheitshandwerke – neben der Orthopädie­schuh­technik sind dies die Augenoptik, die Hörgeräteakustik, die Orthopädietechnik und die Zahntechnik – voll ausgeschöpft wird. Im Rahmen einer Pilotphase könnten sich Über-55-Jährige einem freiwilligen Screening unterziehen. Dabei könnten das Seh- und Hörvermögen, das Muskel- und Skelettsystem, Fußfehlstellungen sowie Zahnersatzprothesen kontrolliert und das Vorliegen eines Diabetes mellitus geprüft werden. Bei Auffälligkeiten könnte dem Betroffenen der Weg zum Facharzt empfohlen werden sowie eine Beratung durch den Gesundheitshandwerker stattfinden. Eine wissenschaftliche Evaluation solle das Vorhaben flankieren. Das Projekt trage dazu bei, den Gesundheitszustand der Menschen länger zu erhalten und Sozialausgaben durch eine rechtzeitig durchgeführte Versorgung zu verringern.

 

Qualität der Patientenversorgung sichern

Die Gesundheitshandwerke sprechen sich für eine Stärkung der kollektivvertraglichen Strukturen aus. Kleine und mittlere Betriebe seien auf die Unterstützung
ihrer Fachverbände angewiesen, um mit den Krankenkassen auf Augenhöhe verhandeln zu können. Das Mittel der Wahl seien dabei im Hilfsmittel-Bereich Kollektiv-Verträge nach § 127 Abs. 2 SGB V.

Im Gegensatz zu Selektivverträgen garantieren Kollektiv­verträge eine Vielfalt an Leistungserbringern und eine wohnortnahe Versorgung; zudem ermöglichen sie den Patienten die Wahlfreiheit unter den Leistungserbringern, argumentieren die Gesundheitshandwerke.

Ausschreibungen lehnen die Verbände für den ­Bereich der Hilfsmittel- und Rehaversorgung kategorisch ab. Die Versorgung durch einen einzigen Ausschreibungsgewinner verschließe dem Versicherten die Leistungserbringerwahl, senke das Preisniveau im negativen Sinne und lasse die Versorgungsqualität leiden. Sie gefährde zudem das Sachleistungsprinzip, da Pa­tienten das Hilfsmittel in der Regel nur noch mit Aufzahlungen erhalten.

Jenseits der Ausschreibungen sprechen sich die Gesundheitshandwerke gegen den derzeit diskutierten Vorschlag aus, stets mehrere aufzahlungsfreie Produkte anbieten zu müssen, so wie es im jüngst bekannt gewordenen Eckwertepapier zur Hilfsmittelversorgung des Bundesminis­teriums für Gesundheit zu lesen war. Dies greife unzulässig und ­unverhältnismäßig in die Vertragsautonomie der Vertragspartner ein. Zudem habe sich die bisherige Regelung, ein aufzahlungs­freies Produkt anzubieten, in der Praxis bewährt.

Keine Doppelstrukturen durch externe Hilfsmittelberater

Nach Auffassung der Gesundheitshandwerke besteht keine Notwendigkeit, eine  gesetzliche Regelung zu schaffen, welche die Beauftragung externer Hilfsmittelgutachter durch die gesetzlichen Krankenkassen ermöglicht. Nach § 275 Abs. 3 Ziff. 1 SGB V liege es in der Kompetenz des Medizinischen Dienstes der Kranken­kassen (MDK), die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung zu überprüfen. ­Gesetzliche Regelungen für den Einsatz externer Hilfsmittelgutachter würden überflüssige Doppelstrukturen zum MDK schaffen. Dies würde zu Abgrenzungsproblemen führen und unnötigerweise in die Kompetenzen des MDK eingreifen, so die Gesundheitshandwerke.

Präqualifizierungsverfahren sichern

Das Präqualifizierungsverfahren hat sich bewährt, ist die Auffassung der Gesundheitshandwerke. Sie weisen jedoch darauf hin, dass einige Krankenkassen ihre Marktmacht ausnutzen, um „Präquali­fizierungskriterien über den GKV-Spitzenverband nach ihren Vorstellungen festzuschreiben.“ Gleichzeitig komme der GKV-Spitzenverband nicht ausreichend  seiner Verpflichtung nach, die Arbeit der Präqualifzierungsstellen zu kontrollieren.

Die Gesundheitshandwerke befürchten eine Marktverengung zugunsten der GKV, wenn Organisationen und Verbände keine Präqualifizierungsstellen mehr betreiben dürften. Die Gesundheitshandwerke schlagen die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) anstelle des GKV-Spitzenverbandes für die Durchführung
regelmäßiger Qualitäts- und Neutralitätskontrollen der Präqualifizierungsstellen vor.

Informationsparität im G-BA

Den Gesundheitshandwerken ist es wichtig, Informationsparität im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu erreichen. Es sei entscheidend, dass sie in den für sie relevanten Beratungsthemen rechtzeitig in den entsprechenden Gremien des G-BA beteiligt und mündlich wie schriftlich gehört werden, und zwar schon beim Meinungsbildungsprozess. Dies sei wichtig, um fachlich, sachlich und wirtschaftlich korrekte Resultate für Patienten, Leistungserbringer und Kos­tenträger zu entwickeln. „Daher ist die Mitwirkung im G-BA eines der zentralen Anliegen des ZVOS. Eine Voraussetzung dafür ist der Nachweis der Wirksamkeit der erzeugten Hilfsmittel“, so ZVOS-Hauptgeschäftsführer Oliver Dieckmann.

Elektronische Gesundheitskarte

Die Gesundheitshandwerke weisen darauf hin, dass eine zeitnahe Ausstattung mit elektronischen Berufsausweisen zur vollständigen Teilnahme am Versorgungsgeschehen notwendig ist. Dies sei trotz mehrfacher Eingaben der Gesundheitshandwerke bislang versäumt worden, so dass ein Zugriff auf Versichertenstammdaten ab Mitte des Jahres nicht mehr möglich sei. Dies stelle eine Diskriminierung in nicht nachvollziehbarer Weise dar und schließe die Gesundheitshandwerke teilweise vom Versorgungsgeschehen aus. Das Positionspapier fordert daher nochmals die praxis- und versorgungstaugliche Einbindung in alle Prozesse rund um die elektronische Gesundheitskarte.

Meister sichern

Die Gesundheitshandwerke sehen erhöhten Bedarf an einer Beachtung und Stärkung des Meisters im Gesundheitswesen. Nur der „große Befähigungsnachweis“
sichere die Struktur- und Produktqualität in der wohnortnahen Versorgung und garantiere zudem durch hohe Ausbildungsquoten eine hohe Versorgungsqualität auch in der Zukunft. Denn die Möglichkeit, den Meistertitel zu erwerben, mache das Handwerk auch für den Nachwuchs
attraktiv. Die Gesundheitshandwerke weisen darauf hin, dass sich die Fachverbände und ihre Mitgliedsbetriebe bereits heute dieser Aufgabe stellen und dass nur qualifizierte Fachkräfte den Erfolg des Unternehmens und die Zukunft des Handwerks sichern können.
„Die Orthopädieschuhtechnik ist in der Lage, mehr Verantwortung in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu übernehmen und dies nicht nur in der Prävention von Diabetes. Dies möchten wir mit diesem Positionspapier zum ­Ausdruck bringen“, so ZVOS-Hauptgeschäftsführer Dieckmann.“

Artikel aus Ausgabe 5/2016

 

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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