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31. Oktober 2022
Annette Switala
Fastfoot

Neuer Podcast für die Orthopädieschuhtechnik

„Fastfoot“ – so heißt ein Podcast zu orthopädieschuhtechnischen Themen, den Katja Streckhardt ins Leben gerufen hat. Die Orthopädieschuhmacher-Meisterin und Dozentin betreut auch den Aufbau der digitalen Lernplattform „Moodle“ am KomZet O.S.T. am B-O-S-S in Langen. Wie kam es dazu – und was bewegt sie?
Katja
Foto: Streckhardt
Katja Streckhardt

Mal schnell nebenbei etwas dazulernen – das soll „Fastfoot“ mit seinen wenige Minuten langen Folgen ermöglichen. „Als ich noch Fachlehrerin an der Paul-Ehrlich-Schule in Frankfurt a. M. war, habe ich auf der Bahnfahrt selbst gern Podcasts gehört. Deshalb bin ich auf die Idee gekommen, das Lernen in kleinen, hörbaren Häppchen auch in der Orthopädieschuhtechnik zu ermöglichen“, erzählt Katja Streckhardt.

Themen gibt es für den „ersten und einzigen Podcast von und für Orthopädieschuhtechniker“, wie sie ihn nennt, genug. Fuß, Ober- und Unterschenkel, Wirbelsäule und ausgewählte Gelenke waren die ersten Themen aus der Anatomie. Auch die Beiträge zu Krankheitsbildern wachsen beständig, etwa zu Beinlängendifferenzen, Haglundferse oder Achsfehlstellungen der Beine. Amputationen wird eine eigene Folge gewidmet. Das Handwerkliche kommt ebenfalls nicht zu kurz, hier gibt es bereits erste Folgen zu Vorderkappen, Hinterkappen, Schuhzurichtungen und Rollentechniken. „Bei manchen handwerklichen Themen halte ich mich aber auch zurück, weil in den Betrieben häufig so unterschiedlich gefertigt wird und ich nicht für Verwirrung sorgen will“, sagt sie.

Die Inhalte rein über das Hören zu vermitteln, klappt erstaunlich gut. Sehr strukturiert und verständlich trägt die Orthopädieschuhmacher-Meisterin die jeweiligen Themen vor. Dabei vermittelt sie auch, wie die Fachbegriffe „auf Schlau“ heißen – dann erklärt sie die oft lateinischen Wurzeln, um das Verständnis zu erleichtern. „Es macht mir einfach Spaß, Wissen zu vermitteln“, sagt die 43-Jährige. Nicht von ungefähr war sie neun Jahre Fachlehrerin an der Paul-Ehrlich-Schule in Frankfurt a. M. und unterrichtet am B-O-S-S in Langen Meisterschüler im Schaftbau.

„Zur Orthopädieschuhtechnik bin ich wie die Jungfrau zum Kinde gekommen“, verrät sie. Eigentlich wollte sie nach dem Abitur Sport studieren oder zur Polizei, was beides nicht klappte. Ihren Ausbildungsbetrieb lernte sie kennen, als sie ihre Großmutter zur Einlagenversorgung begleitete. OSM Axel Drescher, der sie schon kannte, fragte sie bei der Gelegenheit, ob sie nicht eine Ausbildung in seinem Betrieb machen wolle. „Ich habe mich daraufhin mit verschiedenen Gesundheitshandwerken auseinandergesetzt und mich letztendlich für die Orthopädieschuhtechnik entschieden“, erzählt Streckhardt.

„Die Ausbildung bei Drescher war genauso, wie ich es mir für jeden Azubi wünschen würde“, blickt sie zurück. „Weil wir so wenige waren – außer mir gab es nur einen Azubi, der schon im zweiten Lehrjahr war – durfte jeder fast alles machen. Ich durfte auch ziemlich früh am Kunden arbeiten. Auch nahm mich der Chef zu Klinik- oder Hausbesuchen mit und zeigte mir dort viele Maßschuhversorgungen.“ Den Lehrling früh mit zum Patienten zu nehmen, könne sie jedem Ausbilder nur empfehlen, sie selbst habe es sehr motiviert.

Besonders freut sie sich darüber, dass ihr auch das traditionelle Handwerk gezeigt wurde. „Ich wurde Schritt für Schritt an die Maßschuhversorgung herangeführt. Ich habe zum Beispiel gelernt, wie man einen rahmengenähten Schuh macht. Außerdem durfte ich auch Schäfte und Schuhe für mich selber fertigen. Das war damals eine tolle Erfahrung.“

Als Berufsschullehrerin hat Katja Streckhardt erlebt, dass die Schüler teilweise mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen aus den Betrieben kommen. „Gerade im zweiten Lehrjahr, wenn es um den Maßschuhbau geht, macht es sich bemerkbar, ob sie im Betrieb schon viel machen durften oder damit noch gar nicht zu tun hatten.“ An den Ausbildungsplan halte sich leider nicht jeder Betrieb. Die Benotung sei dann manchmal sehr schwierig, denn die Azubis könnten ja selbst in solchen Fällen nichts dafür, und eine 1:1-Betreuung sei, auch wenn man wolle, im Unterricht nicht möglich. „Zum Glück helfen sich die Schüler gegenseitig, das fängt vieles auf“, so Streckhardt. Sie gibt den Schülern oft schon das nächste Unterrichtsthema bekannt, damit sie versuchen können, im Betrieb vorab damit Erfahungen zu sammeln. „In vielen Fällen ist die Ausbildung in den Betrieben aber auch sehr gut“, findet sie.

Am Lehrerberuf liebt sie, dass man über die Jahre so viel an persönlicher Entwicklung bei den Schülern erlebt und Bindungen wachsen. „Es ist einfach toll, junge und so unterschiedliche Menschen einige Jahre auf ihrem Weg begleiten zu können.“ Viele Schüler halten auch später noch zu ihr Kontakt oder fragen um Rat, wenn es um den nächsten Schritt, zum Beispiel auf die Meisterschule, geht.

Der Weg zur Berufs- und Meisterschullehrerin

Nach ihrer Gesellenprüfung im Jahr 2002 arbeitete Katja Streckhardt zunächst bei Orthopädieschuhtechnik Wallenborn in Köln, dann bei Achenbach in Biedenkopf-Wallau, bis sie zur Meisterschule nach Langen ging, wo sie 2005 die Meisterprüfung ablegte. Nach einer zweijährigen Tätigkeit im Gesundheitszentrum Kassel widmete sie sich zunächst ihren Kindern und nahm in dieser Zeit wieder einen Mini-Job bei ihrem Ausbildungsbetrieb an. Über Axel Drescher, der an der Meisterschule in Langen Schaftbau unterrichtet und eine Vertretung suchte, schnupperte Katja Streckhardt erstmals in den Lehrerberuf hinein. Später übernahm sie auch einige Unterrichtseinheiten in den Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen am B-O-S-S. Als an der Paul-Ehrlich-Berufsschule dann eine Lehrkraft gesucht wurde, entschloss sie sich, diese Herausforderung anzunehmen – zunächst als Nebenjob, später mit einem Referendariat, das sie mit dem zweiten Staatsexamen abschloss.

„Unterrichtet habe ich von Anfang an gerne. Aber es war am Anfang sehr schwierig, die theoretischen Unterrichtsstunden zu füllen, es gab ja keine Vorlagen“, blickt Streckhardt zurück. Insbesondere die Unterrichtsbesuche im Referendariat, die detailliert vorbereitet werden mussten, und die akribischen Nachfragen der Dozenten danach, warum man dieses oder jenes nicht anders gemacht hat, hätten sehr viele Nerven gekostet. „Aber ich habe es nicht bereut – heute kann ich mir nichts Schöneres mehr vorstellen als den Lehrerberuf.“

Moodle-Beauftragte am KomZet O.S.T. Langen

Am B-O-S-S hat Katja Streckhardt inzwischen eine neue Aufgabe übernommen: Sie arbeitet dort nicht nur als Dozentin, sondern betreut als Honorarkraft für das KomZet O.S.T. Langen den Aufbau einer Lernplattform für die Orthopädieschuhtechnik mit Moodle (über die Projekte des KomZet O.S.T. Langen berichteten wir in Ausgabe 9/2022).

„Mit Beginn der Corona-Pandemie waren wir gefordert, den Unterricht auf Digital umzustellen. Das war auch für mich am Anfang nicht einfach und ich habe regelmäßig ganze Abende damit verbracht, meine Unterrichtsinhalte digital neu aufzubereiten. Für uns Lehrer ist das eine große Herausforderung, weil das ja alles nebenher geschehen muss. Aber nachdem ich mich eingearbeitet habe, muss ich sagen, dass diese Plattform eine Vielfalt toller Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung bietet. Insbesondere für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts oder anderer Präsenzveranstaltungen und für Tests eignet sie sich hervorragend.“

Katja Streckhardt wundert sich, dass die Schüler noch nicht so recht darauf angesprungen sind, hofft aber, dass sich das ändert, wenn noch mehr Inhalte eingepflegt worden sind. „Corona hat gezeigt, wie wichtig es ist, Lerninhalte auch außerhalb des Präsenzunterrichts oder zusätzlich dazu bereitzustellen. Ich finde es wichtig, diese neuen Möglichkeiten auch für die Zukunft zu nutzen und die Aktivitäten bei den Bildungsträgern nicht wieder einschlafen zu lassen.“

Katja
Foto: Streckhardt
Zurück in der Werkstatt zu sein und nun wieder Praxis und Unterrichten kombinieren zu können, findet Katja Streckhardt ideal.

Zurück im Betrieb

2021 entschloss sich Katja Streckhardt, nur noch an der Meisterschule zu unterrichten und nahm eine Stelle als Orthopädieschuhtechnik-Meisterin bei Orthopädie Baum in Marburg an. „Und ich muss sagen: Ich bin auch gerne Handwerkerin, ich produziere gerne selbst. Am liebsten mache ich eine Versorgung von Anfang bis Ende mitsamt dem Kundenkontakt“, erzählt sie. „Im Nachhinein denke ich, dass die besten Lehrer sicher die sind, die auch ein Bein in der Praxis und der Werkstatt haben. Man ist einfach näher dran an den technischen und betrieblichen Entwicklungen, auch an der Versorgung des Kunden. Damit dann wieder vor die Schüler zu gehen, finde ich optimal.“

Für die Podcasts setzt sich Katja Streckhardt abends oder am Wochenende an den Schreibtisch, sichtet nochmal passende Literatur oder Unterrichtsmaterialien und macht sich ein Skript. „Sonst springe ich inhaltlich zu sehr beim Vortragen“, ist ihre Erfahrung. Für die Zukunft kann sie sich auch vorstellen, ihre Tonspur mit Bildern zu unterfüttern und Videos auf Youtube anzubieten. „Da gibt es aber leicht Probleme mit Bildrechten, deshalb habe ich das bisher noch nicht gemacht.“ Auf jeden Fall, sagt sie, werden ihr in nächster Zeit die Themen nicht ausgehen. Wer möchte, darf sich auch neue Inhalte bei ihr wünschen (Email: fastfoot-ost@web.de). Katja Streckhardt lacht: „Es bleibt spannend. Die Tage sind nur zu kurz!“

Der Podcast „Fastfoot“ steht auf Spotify zum kostenlosen Download bereit (Kurzlink: https://kurzelinks.de/30en). Weitere Plattformen sollen noch dazukommen.

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
Schuhsohle
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