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8. März 2024
Redaktion
Spitzenverband Orthopädieschuhtechnik (SpiOST)

Es geht ums Ganze

Am 14. März 2024 findet die Mitgliederversammlung des Spitzenverbandes Orthopädieschuhtechnik (SpiOST) statt. Der stellvertretende Vorsitzende, Andreas Dibbert, und Jessica Otto, Vorstandsmitglied und Geschäftsführerin der Landesinnung Thüringen, informieren im folgenden Beitrag über die aktuelle Situation im SpiOST und erläutern, warum auf der kommenden Versammlung die entscheidenden Weichen für die neue Berufsstandsvertretung gestellt werden müssen.
Kompass
Foto: fotomek/Adobe Stock

Es ist kurz vor 12 für uns in der Orthopädie-Schuhtechnik. Mal wieder. Die Hoffnung, dass mit der Auflösung des ZVOS die alten Konflikte und persönlichen Befindlichkeiten begraben werden, ist dahin. Wir stehen an dem gleichen Punkt wie vor zwei Jahren. Und wir stellen fest, es geht nicht um Inhalte, Verträge oder um fachliche Themen, es geht um Personen. Wir drehen uns um uns, im Kreis. Leider.
Denn der Markt wartet nicht. Die anstehenden Veränderungen sind in vollem Gange. E-Verordnung, PQ-Befreiung der Apotheken, erhöhter Druck durch Online-Angebote, Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses, Festbeträge, fehlende Fachkräfte auf allen Ebenen und, und, und … Die Liste reißt nicht ab. Und was machen die Vertreter der Orthopädieschuhtechnik? Sie streiten sich, halten an alten Zöpfen fest und wärmen alte Kamellen auf. Schon seit Jahren bietet die Orthopädieschuhtechnik ein Bild der Uneinigkeit. Dabei schien die Schuldfrage schnell geklärt: Schuld war der Zentralverband für Orthopädie-Schuhtechnik (ZVOS). Nun, nachdem sich der ZVOS in Liquidation befindet und nachdem der SpiOST-Vorstand vor 15 Monaten mit großem Elan gestartet ist, stehen wir wieder genau da, wo wir aufgehört haben.

 

Ohne ausreichende Mittel keine Berufsstandsvertretung

Dieser Beitrag soll die aktuelle Situation schonungslos beleuchten – einerseits aus Sicht einer neuen und unvoreingenommenen Quereinsteigerin, andererseits aus dem Blickwinkel eines alten Hasen der Orthopädie-Schuhtechnik. Keiner soll nachher sagen können, er hätte es nicht gewusst.

Als Gesundheitshandwerk sind wir extrem von politischen Entscheidungen abhängig. Ein möglicher Federstrich des Gesetzgebers und ganze Produktgruppen fallen aus der Leistungspflicht der Krankenkassen, mit existenzbedrohenden Folgen für unsere Betriebe. Insofern müsste es eigentlich unser größtes Bestreben sein, in engem Austausch mit der Politik und den Kassenverbänden auf Bundesebene zu stehen. Das passiert aber nicht. Stattdessen beschäftigen wir uns mit uns selbst und sitzen auch bei Themen am Katzentisch, die wir selbst gesetzt haben, wie bei der Umsetzung des BSG-Urteils zu den Einlagen-Festbeträgen. Warum? Das hat mehrere Gründe, insbesondere finanzielle.

Dass man mit den Einkünften eines Regionalligisten nicht in der FußballChampions League mitspielen kann, leuchtet jedem ein. In der Orthopädieschuhtechnik meinen das aber manche. So wurden dem derzeitigen Vorstand des SpiOST auf seiner letzten Mitgliederversammlung die Finanzmittel verweigert. Geplant war ein jährlicher Beitrag von 350 Euro pro Betrieb. Dieser Beitrag hätte unter anderem der Finanzierung von zwei Personalstellen dienen sollen. Stattdessen musste ein Nothaushalt beschlossen werden, um wenigstens handlungsfähig zu bleiben: Ein fauler Kompromiss von 200 Euro Beitrag pro Jahr pro Betrieb.

Mit dem Nothaushalt ist jedoch nicht nur das Einstellen von Personal in weite Ferne gerückt. Auch die Mitgliedschaft in Institutionen, die für die Durchsetzung unserer berufspolitischen Interessen unabdingbar sind, wird damit auf die lange Bank geschoben. Die anfallenden Arbeiten werden weiterhin von den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern in ihrer Freizeit erledigt. Die Frage ist nur: Wie lange stehen uns diese noch zur Verfügung – am 14. März stehen Neuwahlen an. Vier Plätze sind im Vorstand mittlerweile frei. Freiwillige vor!

Der SpiOST startete mit der Philosophie des dezentralen Ansatzes. Was meint, keinen großen zentralen Wasserkopf aufzubauen, sondern Arbeiten im SpiOST möglichst auf die einzelnen Innungsgeschäftsstellen zu verteilen. Dieser dezentrale Ansatz kam jedoch schnell an seine Grenzen. Die Leistungsfähigkeit der einzelnen Innungen ist höchst unterschiedlich. Nicht immer haben die Geschäftsstellen freie Kapazitäten, wenn sie gebraucht werden. Es existiert kein Auffangnetz, wenn es zu Ausfällen kommt. Der SpiOST-Vorstand hält das Ganze noch zusammen. Ein systematisches Zusammenführen und Dranbleiben gibt es nicht, es bleibt Stückwerk, weil die notwendigen Kapazitäten fehlen. Zukunftsfähig ist das nicht.

Hinzu kommt in einigen Ländern eine Verkennung der Unterschiede zwischen der regionalen Innungsarbeit und den Aufgaben und der Arbeit eines Spitzenverbandes auf bundespolitischer Ebene. Gerade Innungen, die in ihrer Arbeit recht breit aufgestellt sind, tun sich mit dieser Erkenntnis schwer. Ein weiterer Aspekt dürfte sein, dass sich im letzten Jahrzehnt eine Kultur des Misstrauens und des Besserwissens etabliert hat. Einige Akteure sehen sich nicht als Mitglied eines Teams, dessen Erfolg man verpflichtet ist, sondern als eine Art Trainer, der vom Spielfeldrand Ratschläge gibt. Verliert das Team, liegt die Schuld bei den Spielern. So verwundert es nicht, dass Vorstandsmitglieder frustriert sind und aus diesem Grund nicht weitermachen wollen – und andere nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Daneben sind persönliche Befindlichkeiten ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Bereitschaft, sich und die Interessen der eigenen Innung im Interesse des Großen und Ganzen zurückzunehmen, scheint in anderen Gewerken deutlich ausgeprägter zu sein. Intern kann ja heftig diskutiert werden. Nur: Wenn eine Entscheidung getroffen wurde, ist sie geschlossen nach außen zu tragen. Das unterscheidet erfolgreiche, von erfolglosen Verbänden.

Herausforderungen lassen sich nicht aufschieben

Sie können das als Panikmache abtun – verbunden mit dem Hinweis, die Vergangenheit habe gezeigt, dass es so schlimm nicht kommt. Das halten wir für einen gefährlichen Irrtum. Denn erstens sind die guten wirtschaftlichen Zeiten vorbei. Kostendämpfungsdiskussionen im Gesundheitswesen sind damit so sicher, wie das Amen in der Kirche. Ein Handwerk, das mit vielen Stimmen spricht, hat schlechte Karten, seine Interessen zu vertreten. Zweitens stehen erhebliche technisch-strukturelle Änderungen an. Mit dem Verschwinden der Papierverordnung, der Einführung der elektronischen Verordnung und den damit einhergehenden Fragen werden die Karten neu gemischt. Wer nicht mitspielen kann, ist raus.

Hinzu kommt das leidige Thema der Vertragsverhandlungen. Wer noch immer denkt, dass Verträge ohne politische Lobbyarbeit geschlossen werden können, der irrt. Ein Vertrag ist mehr als eine Preisliste. Auch hier gilt: Einigkeit macht stark – gerade in Verhandlungen.

Für den amtierenden Vorstand ist eine bessere finanzielle Ausstattung unabdingbar, um die Belastungen zu reduzieren und dadurch auch attraktiv für eine Mitarbeit zu sein. Die Einstellung von Personal muss zeitnah erfolgen. Ein „Weiterso“ kann und darf es für den neu zu wählenden Vorstand nicht geben. Das sind wir alle den für unsere Interessen arbeitenden Menschen schuldig. Hiervon wird es abhängen, ob wir genügend neue Vorstandsmitglieder finden und eventuell Teile des bisherigen Vorstands weitermachen werden.

Wir spielen alle im „Team Orthopädie-Schuhtechnik“ und unsere Aufgabe ist es, die bestmöglichen Bedingungen für unsere Mitgliedsbetriebe zu schaffen. Dafür brauchen wir eine konstruktive Kultur, in der ein Ehrenamt gern übernommen wird und in der es Spaß macht, im Sinne der Sache an Themen mitzuarbeiten und sie voranzutreiben.

Am 14. März 2024 endet die Wahlperiode des jetzigen Vorstands. Finden sich keine neuen Vertreter, war es letztlich ein erfolgloser Versuch einen neuen Verband auf Bundesebene zu etablieren. Der SpiOST müsste wieder aufgelöst werden. Eine Alternative steht nicht bereit. Eine einzelne Innung oder auch ein Zusammenschluss mehrerer Innungen können das nicht ersetzen. Es wäre das Ende der organisierten Orthopädie-Schuhtechnik, die damit ihr Renommee verspielt hätte.

Jeder weiß nun, was auf dem Spiel steht und muss sich fragen lassen, was ihm die Etablierung einer politischen Interessenvertretung auf Bundesebene Wert ist. Jeder hat über seinen Landesverband Einfluss darauf. Schauen Sie genau hin, ob die Verantwortlichen Ihrer Innung dieser Aufgabe gerecht werden.

Wir haben jetzt die Chance unsere berufspolitische Vertretung auf Bundesebene zu gestalten, einheitlich und stark aufzustellen. Freiwillige vor, am 14. März 2024 stehen Vorstandswahlen an!

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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