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3. Dezember 2021
Redaktion

Ergonomisch im Web

CORNELIA MEIER


Der erste Eindruck zählt. Das gilt nicht nur für zwischenmenschliche Beziehungen, sondern auch für Ihre Website. Neben der Optik spielt dabei die einfache Benutzbarkeit und Orientierung eine wichtige Rolle. Finden sich Ihre potenziellen Kunden nicht sofort zurecht, sind sie schneller weg, als Ihnen lieb ist.
Foto: barameefotolia/AdobeStock

Eine zweite Chance gibt es in den meisten Fällen nicht. Wie die Gestaltung Ihrer Website nicht zum Fallstrick wird, erfahren Sie hier. Ergonomie spielt nicht nur bei der Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes eine wichtige Rolle. Genauso zentral ist sie für Ihren Webauftritt. Spricht man über Ergonomie im Web, geht es dabei vor allem um eins: die Benutzbarkeit. Das heißt, jede Website sollte stets unter Berücksichtigung ihrer Bedienerfreundlichkeit beziehungsweise ihrer Gebrauchstauglichkeit (Usability) entwickelt werden. Im Fokus steht dabei der Besucher der Website, mit den jeweils eigenen Bedürfnissen und Anforderungen. Es geht also um die Frage: Wie finden sich meine Kunden auf meiner Website am besten zurecht? Davon ausgehend ist eine „optimale Web-Ergonomie“ dann erreicht, wenn eine jede Webseite des Webauftritts vollständig auf die Bedürfnisse, Fertigkeiten, Kenntnisse und Möglichkeiten der Benutzer zugeschnitten ist. So lautet zumindest die Theorie. Doch was bedeutet das für Ihre Website?

Einmal ist keinmal
Eines vorweg: Ergonomisches Website-Design ist ein Prozess. Kein Projekt, das Sie einmal umsetzen und dann vergessen können. Zwar gibt es grundlegende Struktur- und Gestaltungsanforderungen, die erfüllt werden müssen, damit Besucher sich auf Ihrer Website orientieren können. Anpassungen und Optimierungen müssen Sie aber immer wieder vornehmen. Vielleicht verändert sich mit einem neuen Angebot oder einer Zusatzqualifikation Ihre Zielgruppe und damit auch die Anforderungen an die Website. Oder die Art und Weise, wie Kunden kommunizieren, verändert sich. Vor allem jüngere Menschen ziehen bereits heute eine Online-Terminvergabe einer telefonischen Vereinbarung vor. Hier heißt es: neugierig und aufmerksam bleiben. Beobachten Sie auch Ihr eigenes Verhalten. Wann spricht Sie eine Website an? Und was veranlasst Sie dazu, sie umgehend zu verlassen? Zur Betriebsblindheit kommt es auch, wenn es um die Webpräsenz geht. Sie kennen Ihr Angebot schließlich aus dem Effeff. Nehmen Sie von Zeit zu Zeit auch einmal die Perspektive Ihrer Kunden ein. Würde Frau Huber die Beschreibungen verstehen? Und was ist mit Herrn Meisner? Oft hilft es auch, einen Außenstehenden mit einzubeziehen, der Ihre Website unvoreingenommen „testet“. Vielleicht sind die Menüpunkte doch nicht so eindeutig wie gedacht und der Weg zum Kontaktformular für etwaige E-Mail-Anfragen nicht von allen Webseiten schnell erreichbar. Am besten eignen sich hier Personen, die einen anderen beruflichen Hintergrund haben. Freunde und Bekannte helfen Ihnen sicher gerne.{pborder}
Should I Stay or Should I Go?
Gerade bei Personen, die Ihre Website das erste Mal besuchen, spielt der erste Eindruck eine besondere Rolle. Schon in den ersten Sekunden entscheidet sich für den Besucher: bleiben oder gehen. Entscheidend ist dabei die Ladezeit. Länger als zwei bis drei Sekunden sollte es nicht dauern, bis die Website aufgebaut ist. Auf Geduld können Sie nicht hoffen. Die nächste Website ist schließlich immer nur ein paar wenige Klicks entfernt. Wichtiges Entscheidungskriterium ist in diesen ersten Sekunden auch die generelle Struktur. Ist die Seite überladen und konfus statt aufgeräumt und übersichtlich, sind Ihre potenziellen Kunden schneller weg, als Sie es sich vorstellen können. Schon auf den ersten Blick muss erkennbar sein, worum es bei Ihnen geht. Wichtig ist es hier auch, auf der Homepage – der Startseite Ihres Webauftritts – eindeutige Navigationselemente wie Buttons oder die Menüleiste zu integrieren.  
Die Form folgt der Funktion
„Form follows function“ – der bekannte Designleitsatz aus Architektur und Produktdesign sollte auch bei der Gestaltung einer Website beachtet werden. Natürlich sollte Ihr Webauftritt ästhetisch ansprechend sein. Um Benutzbarkeit zu gewährleisten, spielen aber zunächst die Form, die Struktur der Website und ihre Gestaltung eine essenzielle Bedeutung. Sie sollten Ihren Website-Besuchern dabei helfen, die dargebotenen Informationen wahrzunehmen, einzuordnen, zu verstehen und anschließend aktiv zu werden. Wichtig ist hierbei, dass sich zentrale Elemente wie Kopfbereich, Logo, Fußbereich oder das Menü beziehungsweise die Navigation immer an der gleichen Position befinden – unabhängig davon, welche Seite Ihres Webauftritts besucht wird. Sie rahmen den Webauftritt ein und fungieren dabei als Orientierungselemente. Eine logische, intuitive Bedienbarkeit sollte hier im Vordergrund stehen. Orientieren Sie sich dabei an gelernten Mustern. So erwarten Besucher etwa, dass sie Ihr Logo links oben auf der Seite finden. Auch bei der Positionierung der Website-Navigation sollten Sie keine Experimente machen. Sie befindet sich entweder vertikal im linken Bereich (vertikale Navigation) oder horizontal im oberen Bereich der Website (horizontale Navigation). Ihre Kreativität heben Sie sich lieber für einen anderen Bereich auf.  
Struktur muss sein
Sicher wollen Sie auf Ihrer Website eine Vielzahl von Informationen präsentieren. Achten Sie aber dennoch darauf, dass die Struktur nicht zu komplex wird. Es sollte nicht mehr als drei Klicks benötigen, um zu jedem beliebigen Punkt der Website zu kommen. Die Benutzbarkeit verbessern Sie auch durch die konsequente Einhaltung eines einheitlichen Stils über Ihr gesamtes Webangebot hinweg. Dies betrifft besonders die Farbwahl und die Typografie. Achten sollten Sie darüber hinaus darauf, dass die Navigationselemente auf allen Seiten gleich aussehen und sich an derselben Stelle auf der Seite befinden. Gleiches gilt für Buttons, die auf mehreren Seiten integriert sind. 
In der Ruhe liegt die Kraft
Erinnern Sie sich noch an die ersten Websites? Mit wilden Schriften, kreischenden Farben und animierten Bildern? So sollte Ihre Site auf keinen Fall aussehen. Gefragt ist ein ruhiges, klares Layout ohne blinkende GIFs, auffällige Hintergrundbilder oder typografische Experimente. Die können getrost da bleiben, wo sie hergekommen sind: in den 90ern. So lenkt nichts vom eigentlichen Inhalt Ihrer Site ab. 
Lost in Hyperspace – ohne Navigation geht es nicht
Die Navigation ist eines der zentralen Elemente Ihrer Webpräsenz. Sie führt die Nutzer Punkt für Punkt durch die Website und gibt ihnen dabei stets Orientierung. Selbst wenn Ihre Website nur über einige Unterseiten verfügt, sollten Sie daher nicht auf eine ­Navigation verzichten. Auch bei der Gestaltung der Navigation gibt es Einiges zu beachten: Überlegen Sie sich kurze, aber aussagekräftige Bezeichnungen für die einzelnen Menüpunkte. Halten Sie die Navigationsleiste außerdem schlank – zwischen fünf bis sieben Punkt sind ideal. 
Jetzt wird es (ein bisschen) bunt
Damit man sich auf Ihrer Site gut zurechtfindet, sollten Sie sich nicht nur für eine ruhige, aufgeräumte Struktur und Seitengestaltung entscheiden, sondern deren Effekt auch mit der richtigen Farbwahl unterstützen. Orientieren Sie sich für einen besseren Wiedererkennungswert bei der Farbwahl Ihres Webauftritts an den Farben Ihres Logos. 
Im Namen der Lesbarkeit
Beachten Sie bei der Farbwahl auch die Farbe, die Sie für Ihre Schrift wählen. Wichtig für die Lesbarkeit ist ein ausreichender Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrundfarbe. Auf sehr dunkle Hintergrundfarben sollten Sie verzichten. Damit machen Sie Ihren Besuchern nur das Leben schwer. Möchten Sie in den Hintergrund eine Grafik setzen, sollten Sie auch hier die Lesbarkeit im Hinterkopf behalten. Am besten eignen sich Bilder mit sehr dezenten und kontrastarmen Mustern. Wählen Sie außerdem eine geeignete Schriftfarbe und -größe. Verschnörkelte Schreibschriften oder originelle Handschriften sind zwar schön anzusehen, für die meisten aber ein Graus, wenn längere Abschnitte gelesen werden sollen. Nutzen Sie am besten eine der gängigen serifenlosen Schriften wie Arial. 
Bilder sagen mehr
Bilder transportieren Emotionen und komplexe Zusammenhänge weitaus besser als reiner Text. Und sie wecken Interesse. Deshalb sollten auch sie ein fester Bestandteil Ihrer Webpräsenz sein. Auswählen sollten Sie aber nur Bilder, die auch zum Charakter und „Feeling“ Ihrer Website passen. Dabei gilt: Qualität statt Quantität. Gleichzeitig sollten Sie Bilder nicht um der Bilder willen nutzen, sondern sie geschickt platzieren, um den Inhalt Ihrer Site besser zu transportieren. Zu viele Bilder wirken sich darüber hinaus negativ auf die Ladezeit Ihrer Website aus. 
Scannen ist das neue Lesen
Menschen lesen Texte im Internet völlig anders als zum Beispiel ein Buch oder eine Zeitschrift. Sie „scannen“ Texte. Das heißt, Texte werden im Web anhand von optischen Haltepunkten wie Zwischenüberschriften oder Aufzählungszeichen überflogen statt Zeile für Zeile gelesen. Das führt dazu, dass oft nur etwa die Hälfte eines Textes wahrgenommen wird. Der Grund: Als eigenständige Lichtquelle strengen Bildschirme von Computern, Tablets oder Smartphones das Auge besonders an. Machen Sie sich dieses Wissen zunutze und gestalten Sie die Texte auf Ihrer Website entsprechend. Schreiben Sie kurze, modulare Texte mit eigenständigen Absätzen. Als Faustformel gilt hier: ein Gedanke pro Absatz; das Wichtigste steht am Anfang. Verzichten Sie darüber hinaus auf komplizierte Bandwurm- und Schachtelsätze. Schreiben Sie stattdessen einfach und direkt. Schaffen Sie für die Augen zusätzliche optische Haltepunkte wie
  • Zwischenüberschriften,
  • Listen,
  • Zitate,
  • Trennlinien und
  • gefettete oder kursiven Textstellen/Wörter.
Die Nutzer werden es Ihnen danken. Alles in Maßen natürlich. Übertreibung ist auch hier kontraproduktiv.
Schrift ist nicht gleich Schrift
Beachten Sie: Die Schriftgröße (mindestens 14 Pixel bei absoluten Einheiten), der richtige Schrifttyp und der Zeilenabstand verbessern die Lesbarkeit eines Onlinetextes ebenfalls deutlich. Auch die Zeilenlänge sollte begrenzt sein. Eine Länge von 60 bis 80 Zeichen reicht aus. Achten Sie bei all Ihren Texten auf der Website zudem auf eine einheitliche Formatierung. Das dient der Orientierung und hilft Ihren Nutzern, sich zurechtzufinden. Vergessen Sie auch nicht, auf eine angemessene Tonalität zu achten. Sie wissen am besten, wie Ihre Kunden angesprochen werden möchten. Verzichten Sie auf komplizierte Fachbegriffe und Abkürzungen oder erklären Sie sie zumindest in einfachen Worten. Vergessen Sie dabei aber nicht, dass sich Menschen auf ­einer Website nicht linear bewegen. Wissen über vorangegangene Informationen oder Informationen von ­anderen Seiten Ihrer Website können Sie nicht voraussetzen.
Hallo, ich bin ein Hyperlink!
Kommen wir zum Hauptdarsteller des Internets: dem Hyperlink oder Link. Er fungiert als Querverweis. Per Klick leitet er Nutzer an zuvor festgelegte Webseiten, Dateien oder bestimmte Stellen auf einer Website weiter. Nutzen Sie sie geschickt als Sprungmarken, um die Websitebesucher zu den relevanten Informationen zu führen. Klingt gut, oder? Auch hier gibt es allerdings wieder Einiges zu beachten. Kennzeichnen Sie die Links klar und eindeutig. Denn was bringt Ihnen die schönste Linkstruktur, wenn keiner erkennt, dass es sich um Links handelt. Am bekanntesten und von den meisten Nutzern verinnerlicht ist dabei die Kennzeichnung mittels Unterstreichung und farblicher Hervorhebung. Entscheiden Sie sich für eine Unterstreichung für Ihre Links, sollten Sie darauf verzichten, andere Textstellen im Text zu unterstreichen. Sonst kommt es zu Verwechslungen – und Frust. Nutzen Sie die Formatierung der Links konsequent auf all Ihren Seiten. Damit der Text nach Links überflogen werden kann, sollten Sie außerdem einen inhaltlich relevanten Teil des Textes verlinken. Auf generische Bezeichnungen wie „Hier klicken …“ sollten Sie verzichten. Besser sind Formulierungen wie „Zur Vertiefung zum Thema XYZ“. So gewährleisten Sie, dass der Nutzer schon vorab weiß, was nach dem Klick auf ihn zukommt. Verweist der Link auf ein Dokument in einer ungewohnten Form (anderes Format, extreme Dateilänge, andere Sprache etc.), ist es hilfreich, dies hinter dem Link in Klammern anzumerken.
Benutzerfreundlichkeit – nicht nur für Menschen wichtig
Ergonomische Websites setzen auf schnelle Ladezeiten, Struktur, nutzeroptimierte Texte und Konsistenz. Dabei stehen immer Ihre Zielgruppe sowie deren Bedürfnisse und Anforderungen im Fokus. Die Ergebnisse dieser Bemühungen sind aber keinesfalls einseitig. Ein ergonomisches und am Nutzer orientiertes Webdesign hilft nicht nur den Nutzern bei der Orientierung und Bedienung Ihrer Site. Mit einer guten Bedienbarkeit geht auch eine höhere Verweildauer einher. Gleichzeitig steigt die Chance, dass Ihre Website wiederholt besucht wird. Und das ist nicht alles. Genauso wie Menschen schätzen auch Suchmaschinen durchdachte Webauftritte mit einer benutzerfreundlichen Oberfläche. Ergonomie im Web lohnt sich also für alle.
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Foto: Andrey Popov/AdobeStock_495062320
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