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31. Oktober 2022
Redaktion
Orthopädie-Schuhtechnik Böcker

Erfolgreiche Ausbilder

PETRA ZIMMERMANN


Auch die Orthopädieschuhtechnik kämpft mit Nachwuchsproblemen. Aber es gibt ebenso Unternehmen mit einem exzellenten Ruf als Ausbildungsbetrieb, bei denen die Bewerbungen von alleine ins Haus flattern. Orthopädie-Schuhtechnik Böcker in Ahaus gehört dazu. Inhaber Christoph Böcker und Ausbilder Kai Bröring erklären ihr erfolgreiches Ausbildungskonzept.

Foto: Böcker/ © Studio Wiegel

Bei uns steht die Qualität an erster Stelle – beim Produkt und bei der Ausbildung“, beschreibt OSM Christoph Böcker den Stellenwert der Ausbildung in seinem Unternehmen, das insgesamt 20 Beschäftigte hat. Dazu gehören im westfälischen Ahaus zwei Geschäftslokale – „Gesunde Schuhe“ in der Innenstadt und ein Standort in der Nähe des Krankenhauses – sowie eine separate Produktionsstätte im Gewerbegebiet. Derzeit hat Böcker drei Auszubildende, einer hat gerade frisch angefangen, einer ist mittendrin und der dritte steht vor der Gesellenprüfung. Zwei seiner Meister, Wolfgang und Kai Bröring, sind neben ihm für die Ausbildung verantwortlich: Die praktische Betreuung in der Produktion übernimmt Wolfgang Bröring, und dessen Sohn Kai hat die Theorie, die digitale Ausbildung und die Begleitung beim Kundenkontakt im Blick.

Bröring Senior hat in der Azubi-Betreuung jahrzehntelange Erfahrung, auch durch seine Tätigkeit beim Benediktushof Maria Veen (Dienstleister für Menschen mit Körper- und Mehrfach-Behinderungen und für Menschen mit psychischen Einschränkungen).

Erfolg spricht sich herum

Der Lohn des intensiven und umfassenden Ausbildungskonzeptes bei Böcker: Mehrere Gesellinnen und Gesellen sind bei verschiedenen Leistungswettbewerben des Handwerks auf Kammer-, Landes- oder Bundesebene ausgezeichnet worden. Diese regelmäßigen Erfolge sprechen sich nicht nur in der Region herum, auch Kollegen und Kolleginnen fragen Christoph Böcker, ob ihre Söhne und Töchter nicht bei ihm eine Ausbildung starten können. Der Orthopädieschuhmacher-Meister muss also nicht selber aktiv Jugendliche ansprechen, sondern es kommen eigeninitiativ Praktikumsanfragen oder Bewerbungen ins Haus. Der Hintergrund der Bewerber ist gemischt, bei der Auswahl spielt weder der Schulabschluss, die Vorbildung noch das Alter die entscheidende Rolle.

„Ohne ein mindestens einwöchiges Praktikum geht hier gar nichts“, erklärt der Betriebsinhaber. „Die Bewerber müssen ein Händchen für unser Handwerk haben, die Arbeit am Menschen wollen, kommunizieren können und ganz entscheidend: in unser Team passen.“{pborder}

Vom ersten Tag an unterstützen die Azubis die Gesellen und Meister, sie fangen gleich mit verantwortungsvollen Aufgaben und richtigen Kundenaufträgen in der Produktionsstätte an. Foto: Böcker/ © Studio Wiegel

Allrounder gesucht

Der Beruf des Orthopädieschuhmachers sei weitgehend unbekannt: „Nur wenige Interessenten ohne familiären Bezug zu unserem Handwerk wissen wirklich, wie vielseitig unser Berufsalltag ist. Die abwechslungsreichen Arbeiten in der Werkstatt, verschiedenste Materialien und Werkstoffe, neue Technologien und die Arbeit am, mit und für die Menschen zeichnen unseren Beruf aus“, bekräftigt Betriebsleiter Kai Bröring seine Begeisterung für seinen Beruf. Das vielseitige Orthopädieschuhtechnik-Handwerk zwischen Werkstatt und Kundenbetreuung brauche kommunikative Allrounder, die vernünftig und sauber ihr Handwerk umsetzen können. Die Geschwindigkeit sei dabei zunächst nicht entscheidend, die komme mit der Routine von alleine, ergänzt Christoph Böcker. Im Moment kommen wieder mehr Anfragen, es habe aber in der Vergangenheit auch mal eine schwächelnde Bewerbungsphase gegeben.

Direkt in die Praxis

„Vom ersten Tag an unterstützen unsere Azubis die Gesellen, sie fangen gleich mit verantwortungsvollen Aufgaben und richtigen Kundenaufträgen in der Produktionsstätte an“, berichtet Kai Bröring. „Sie sind für uns keine billigen Arbeitskräfte, sondern Mitarbeiter“, ergänzt Christoph Böcker. „Um Basiswissen und -fertigkeiten zu erlernen, beginnen sie in der Werkstatt. Später im Verlauf der Ausbildung geht es dann an bestimmten Tagen in der Woche zu den Standorten, wie z. B. in die Filiale am Krankenhaus oder in das Ladenlokal in der Innenstadt.“ Die Azubis sollen frühzeitig den Kundenkontakt erlernen. „Das gehört unabdingbar zum Beruf und damit auch zur Ausbildung dazu: Maß nehmen, Aufträge annehmen und ausliefern usw. Deswegen ist dies auch Bestandteil der Gesellenprüfung“, ergänzt Kai Bröring.

Die Azubis Berkay Ekici und Glen Fischer haben das vielseitige OST-Handwerk bewusst gewählt: „Hier im ländlichen Raum hat das Handwerk immer noch einen guten Ruf und viele unserer Schulkollegen wollen ins Handwerk.“ Foto: Zimmermann

Wer kümmert sich um die Azubis?

Der Ausbildungsrahmenplan bietet dem Ausbilder eine Anleitung zur Ausbildung, selbstverständlich müsse dieser auf die jeweiligen Bedürfnisse des Ausbildungsbetriebes, aber auch auf die des Azubis angepasst werden. Jeder Betrieb sollte hier sein eigenes Konzept für seine Auszubildenden entwickeln. Mehr als 50 Prozent einer guten Ausbildung hänge vom Ausbildungsbetrieb ab. „Entscheidend ist, dass sich jemand um die Auszubildenden kümmert. In der Regel hat der Chef selbst keine Zeit dafür, deswegen haben wir Auszubildenden-Beauftragte“, erklärt Böcker. „Je kleiner ein Betrieb ist, umso schwieriger wird es, Mitarbeiter mit der Sicherung der Ausbildung zu beauftragen.“

„Viele Betriebe haben falsche Erwartungen. Der Azubi sollte keine billige Arbeitskraft sein, die die Werkstatt aufräumt“, stellt Kai Bröring klar. Besser sei es, zeitnah die Azubis mit verantwortungsvollen Aufgaben zu betrauen, so könnten sie ihre eigenen Fortschritte schnell erkennen und Ehrgeiz entwickeln. Im Ausbildungskonzept der Firma Böcker spielt auch die Verknüpfung des theoretischen Berufsschulunterrichts mit der praktischen Arbeit in der Werkstatt eine sehr große Rolle. „So schaffen es unsere Azubis, in der Werkstatt einen Bezug zum Erlernten in der Berufsschule herzustellen.“, erklärt Kai Bröring. Spätestens im dritten Lehrjahr wäre der Nachwuchs dann ein guter Mitarbeiter und eine Entlastung für den Betrieb.

Trend zum Meistertitel

Als ehemaliges Mitglied in der Prüfungskommission sieht Christoph Böcker den derzeitigen Trend, direkt nach der Gesellenprüfung zur Meisterschule zu wechseln (oft aus Verdienstgründen), kritisch. „Früher musste man dafür drei Jahre Berufserfahrung vorweisen, in meinen Augen sollte das wieder eingeführt werden. Denn ein(e) Orthopädie-Schuhmachermeister(in) mit viel Berufserfahrung bietet qualitativ die beste Grundlage für eine gute Ausbildung unseres beruflichen Nachwuchses.“

Anschrift der Verfasserin:
Petra Zimmermann
Schleswiger Straße 30
48147 Münster

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Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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