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1. August 2016
Redaktion

Die Firma im Blick behalten

Die Geschäfte in den meisten Orthopädieschuhtechnik-
betrieben laufen gut. Damit sich daraus auch der gewünschte Gewinn ­ergibt, sollte der Chef die betrieblichen Kennzahlen laufend prüfen, um rechtzeitig reagieren zu können. Die wichtigsten Praxistipps.
Von Harald Klein


Foto: contrastwerkstatt/Fotolia

Viele Chefs im Handwerk können sich zurzeit über die positive Ertragslage ihrer Betriebe freuen. Gleichzeitig wissen sie aber auch wie dieser Unternehmer aus Bayern: „Wir müssen unsere Zahlen laufend im Blick behalten, um vor lauter Erfolg nicht zu übersehen, ob etwa Kosten aus dem Ruder laufen.“ Die monatliche betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) hilft ihm dabei.
So umsichtig wie er sind nicht alle Selbstständigen. Obwohl nach einer ­Studie immerhin 84 Prozent der befragten Betriebe der BWA große Bedeutung beimessen, setzen einige, vor allem kleine Firmen, das Instrument nicht konsequent ein. Franz Russ, Steuerberater in Hallstadt bei Bamberg, rät jedoch: „Jeder Unternehmer sollte sich damit befassen, um schnell reagieren und planen zu können, damit der Gewinn nicht absackt oder der Betrieb gar in die Krise gerät. Hierfür sind viele Kennzahlen wichtig.”  
Der bayrische Chef nennt zwei kleine Beispiele: „Wir hatten bei der letzten Grippewelle einige Krankmeldungen und in der BWA einen Umsatzeinbruch, dank Überstunden aller konnten wir das wieder aufholen.“ Oder eine große Jubiläumsfeier. Sie tauchte bei den Aufwendungen wieder auf, eine Reaktion auf die veränderte Kennzahl war in dem Fall nicht erforderlich.

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Nebenprodukt der Fibu
Grundlage für die BWA ist die Finanzbuchführung. Steuerberater Franz Russ sagt: „Die Fibu ist nicht nur eine Pflicht, sondern eines der wichtigsten Steue­rungs­­instrumente für Unternehmen.“ Bei seinen Mandanten kommen die Belege nur noch papierlos in die Finanzbuchführung. Die Betriebe scannen dabei ihre Belege ein und schicken sie  über ein Uploadtool ans Rechenzentrum der Datev in Nürnberg. Die Kanzlei RSW von Franz Russ speichert sie in Absprache mit den Mandanten auch im digitalen Belegzentrum. Die Betriebe sparen Zeit und Kosten, archivieren ihre Belege finanzamtssicher und können per Suchfunktion jederzeit darauf zugreifen.
Nachdem die Belege verbucht sind, kann der Steuerberater – oder ein gutes Buchführungsprogramm – die BWA mit allen wichtigen Kennzahlen daraus generieren. Dazu gehören etwa die monatlich erfassten Abschreibungen, Rückstellungen, Materialaufwand, Personal-
kosten einschließlich Geschäftsführergehalt oder in Personenfirmen der kalkulatorische Unternehmerlohn. Auch Versicherungen, Steuern, private Entnahmen und viele andere Posten fließen in die kurzfristige Erfolgsrechnung ein, an deren Ende das vorläufige Ergebnis, also der Gewinn steht.
Im Controllingreport, einer übersichtlichen Darstellung der BWA für Betriebe von der Datev, sieht der Aufbau beispielsweise so aus: Umsatzerlöse und sonstige Einnahmen ergeben die Gesamtleistung. Abzüglich Material- und Wareneinkauf ergibt sich der Rohertrag. Von diesem gehen die Kosten ab und führen zum Betriebsergebnis. Nach Abzug weiterer Posten wie Zinsen, neutralem Aufwand und Ertrag steht das vorläufige Ergebnis und schließlich der Gewinn. Zusätzlich zu diesen  Kennzahlen ermittelt die BWA weitere wichtige Indikatoren,  wie etwa die Liquidität und die Eigenkapitalquote.

Wichtige Alarmzeichen
Alarmzeichen für schnelle Reaktionen auf die BWA ist etwa eine branchen­unüblich hohe Materialeinsatzquote. Ein weiteres Alarmzeichen kann zum Beispiel ein stagnierendes Umsatzwachstum trotz steigender Auftragszahlen sein. Franz Russ weiß: „Hier muss die Personalentwicklung verbessert werden, der Chef sollte neue Leute einstellen, bereits ­Beschäftigte fortbilden und besser ­motivieren.” Und schließlich ist die schlechte Entwicklung der Liquidität ein wichtiges Alarmzeichen: Ist der Kontokorrentkreditrahmen zu hoch, hilft Umschichten in ein reguläres Darlehen. Oder Eigenkapital einzubringen, die Eigenkapitalquote zu erhöhen und damit die Firma krisenfester zu machen. Die BWA hilft hier, Handlungsbedarf zu erkennen und geeignete Maßnahmen einzuleiten.

Zusammenarbeit mit der Bank
Während Kontrolle, Reaktion und Planung für die meisten Unternehmer die wichtigsten Motive für die BWA sind, spielt das Instrument bei allen, die ein Darlehen brauchen, ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Firmenkundenberater einer Sparkasse sagt zum Beispiel: „Wir refinanzieren unsere Darlehen zu einem großen Teil aus den Einlagen der Sparer, sind also ihr Treuhänder – eine Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist daher notwendig. Damit erkennen wir eine Tendenz, können einschätzen, ob wir ein Darlehen geben und ob der Kunde ein erteiltes bedienen kann.“ Da die Bilanzen oft erst lange nach dem Ablauf des Jahres vorliegen, dienen der Sparkasse die meist quartalsweise vorgelegten BWA als Zwischenbild.
Mit der Analyse der BWA befasst sich meist eine andere Abteilung der Bank, die das Ergebnis an die Firmenkunden­beratung zurückgibt. Das spiegelt sich dann beim Kreditantrag in der Bonitätsbeurteilung wider. Und beim laufenden Darlehen ist die BWA ein wichtiger Indikator für den weiteren Verlauf.
Zusätzlich ermuntern Bankenberater Firmenkunden auch zur offenen Kommunikation, wenn der Betrieb vorübergehend einen höheren Finanzbedarf hat. Das kann vorteilhafter sein, als einfach die Kreditlinie zu überziehen. Viele Banken unterbreiten dann Vorschläge für die Finanzierung.
Für einen Beispielsunternehmer aus der Nähe von Stuttgart ist diese offene Kommunikation selbstverständlich. Er sagt: „Ich habe ein laufendes Darlehen bei meiner Bank und bringe zu unseren Besprechungen die BWA mit.“
Ihm selbst bringe die monatliche BWA, die ihm bereits bei seiner Gründung Betriebsberater Franz Falk von der  Handwerkskammer Region Stuttgart  empfohlen hat, den ständigen Überblick. Etwa wenn der Wareneinsatz nach oben schnellt, weil ihm der Lieferant ein gu­tes Angebot gemacht hat, das er nicht sofort für einen Auftrag braucht. Dass dem  Einkauf noch kein Umsatz gegenübersteht, ist in seiner Branche üblich und erfordert in diesem Fall keine Reaktion  auf die veränderte Kennzahl. Für die Planung jedoch fließen die Zahlen in eine Excel-Liste ein, die der Unternehmer selbst aufgestellt hat und die ihm den Gesamtüberblick ermöglicht. So wie ihn auch der bayrische Unternehmer mit der Plan-BWA über seinen Steuerberater hat. Da seine Firma voll eigenfinanziert ist, legt er sie nicht seiner Bank vor. Der  Chef denkt jedoch schon weiter: „Sollten wir einmal für größere Investitionen doch den Kredit brauchen, wäre auch das selbstverständlich. z

Anschrift des Verfassers
Harald Klein
Dorfstraße 76
72074 Tübingen

Abbildung: contrastwerkstatt/fotolia

Ausgabe 5/2016

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Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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