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28. Februar 2024
Redaktion
Fehlende Diabeteskompetenz birgt Gefahren

DDG fordert Verbesserung der stationären Diabetesversorgung

Etwa jeder dritte Mensch mit Diabetes fühlt sich im Krankenhaus bezüglich seiner Stoffwechselerkrankung unzureichend versorgt. Laut Umfragen unter Betroffenen hat nur jeder Vierte während des Klinikaufenthaltes Kontakt zu diabetologisch geschultem Fachpersonal (1). „Der Klinikaufenthalt wird für Diabetespatientinnen und -patienten zunehmend gefährlich“, so die Bilanz von Experten auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Berlin.
Krankenschwester
Foto: Halfpoint/Adobe Stock

Betroffene sollten sich daher an DDG-zertifizierte Kliniken wenden, die ein hohes Maß an Diabetes-Expertise und Versorgungssicherheit aufweisen, rät die DDG. Um Zertifizierungen zu fördern und Kliniken Anreize zu geben, eine entsprechende Expertise vorzuhalten, müsse die Krankenhausreform eine adäquate Finanzierung und konsequente Förderung der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Diabetologie ermöglichen, fordert die Fachgesellschaft.

Fehlende Diabeteskompetenz in vielen Krankenhäusern

Selbst für erfahrenes diabetologisches Fachpersonal stellt die Behandlung insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 eine Herausforderung dar. „Ihre ständig schwankende Stoffwechsellage aufgrund ihres Wachstums bedarf einer hochprofessionellen, interdisziplinären Betreuung – das gilt für die ambulante aber auch für die stationäre Versorgung“, erklärt Dr. med. Silvia Müther, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Leiterin des Diabeteszentrums für Kinder und Jugendliche an den DRK Kliniken Berlin Westend auf der Jahrespressekonferenz der DDG in Berlin. Sie verweist dabei auf die aktuell angepasste S3-Leitlinie, die auf internationalem Expertenkonsens beruht (2). Eine weitere Herausforderung stellen die neuen Diabetestechnologien dar, die die Behandlung und Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen zwar deutlich verbessert hätten, jedoch auch immer mehr technische Expertise voraussetzen.

„Kliniken in Deutschland sind nicht ausreichend auf diese Situation vorbereitet. Nur etwa jede 6. Klinik weist eine adäquate Diabetesexpertise auf“, kritisiert Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Vorstandsmitglied und Pressesprecher der DDG. „Fehlende Diabeteskompetenz kann zu Behandlungsfehlern und Todesfällen führen“, sind sich Müther und Gallwitz einig. Diabetes-Zertifizierungen sorgen aus ihrer Sicht für mehr Patientensicherheit: „Eine spezialisierte Betreuung trägt nachweislich zu einer Senkung der Krankenhaustage und -wiederaufnahmen, einem niedrigeren HbA1c-Wert bei besserem Krankheitsmanagement und zu weniger Folgekomplikationen bei“, weiß Gallwitz.

„Wir merken, dass in Kliniken mit Zertifizierung die Versorgung wesentlich besser ist als in Häusern ohne Zertifizierung“, sagt Norbert Kuster, Vorsitzender des Landesverbands NRW e. V. in der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M). So berichtet er über ein Mitglied der DDH-M, dem bei einer akuten Unterzuckerung in der Klinik Insulin gespritzt werden sollte – eine lebensgefährliche Situation.

"Qualität muss transparent sein – und finanziert werden"

Die DDG weist darauf hin, dass nicht nur Patienten von einer hochwertigen Behandlung in professionalisierten Diabeteszentren profitieren. Auch für die Mitarbeitenden und die Einrichtung selbst biete eine Zertifizierung Vorteile.

„Wenn geregelte Fort- und Weiterbildungen, Hospitationen und regelmäßige Besprechungen feste Bestandteile der Arbeit werden, sind die Mitarbeitenden sicherer in der Behandlung von Menschen mit Diabetes und ihre Zufriedenheit steigt“, sagt Professorin Dr. univ. Julia Szendrödi, Vizepräsidentin der DDG und Ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg. Dies fördere auch den Zusammenhalt des Teams und erhöhe die Arbeitgeber-Attraktivität des jeweiligen Krankenhauses, das zugleich eine bessere Reputation und Außenwirkung erhalte, so die Expertin.

„Im Zuge des Krankenhaustransparenzgesetzes, einer Säule der Krankenhausreform, könnte dies eine entscheidende Komponente der Selbstdarstellung darstellen“, führt die Heidelberger Diabetologin aus. „Zertifizierungen spielen schon jetzt eine entscheidende Rolle für Kliniken, um sich fachlich hervorzuheben und werden voraussichtlich noch entscheidender sein, wenn es nach Inkrafttreten des Transparenzgesetzes darum geht, Patientinnen und Patienten durch eine qualitativ hochwertige Behandlung für sich zu gewinnen und ihr Standing in der Krankenhauslandschaft zu behaupten.“

Doch das müsse auch finanziert und gesundheitspolitisch gefördert werden, so die Experten auf der Pressekonferenz. „Damit sich die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern die notwendige Expertise aneignen können, müssen ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt werden“, gibt Gallwitz zu bedenken.

3-Punkte-Plan für eine sichere Diabetesversorgung

Literatur:
1 Hess G, Weber D, Kellerer M, Fritsche A, Kaltheuner M. Erfahrungen von Diabetes Typ 1 Patienten bei stationären Behandlungen – eine Patientenbefragung von winDiab. Diabetologie und Stoffwechsel 2023

2 S3-Leitlinie, Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter (https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/057-016, November 2023)

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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