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5. Februar 2019
Redaktion

Anatomie und Pathologie der Bänder im oberen und unteren Sprunggelenk

ARMIN SEIFARTH


Zusammenfassung
Die Distorsion des Sprunggelenks ist eine der häufigsten Verletzungen mit oft chronischen Beschwerden, Instabilität und dem Risiko einer posttraumatischen Arthrose als Folge. Beim klassischen Distorsionstrauma mit Inversion, Plantarflexion und Supination ist das Ligamentum (Lig.) tibiofibulare anterius das am häufigsten verletzte Band, gefolgt vom Lig. fibulocalcaneare. Das Lig. fibulare posterius ist nur selten betroffen. Verletzungen der Syndesmose bei forcierter Außenrotation des Talus gegenüber dem Unterschenkel führen primär zu einer Ruptur des vorderen Anteils.

Bei der Diagnostik mittels Magnetresonanztomographie (MRT) ist insbesondere auch auf das Lig. interosseum zu achten, welches ein wichtiger Stabilisator der Malleolengabel ist. Die Anatomie und Biomechanik des medialen Bandapparats ist komplex und bildet eine funktionelle Einheit mit dem Tibiospring-Ligament-Komplex. Dieser ist ein wichtiger Stabilisator des unteren Sprunggelenks; Verletzungen zusammen mit Außenbandrupturen sind häufig.

Die Bänder des Subtalargelenks sind bei Außenbandverletzungen häufig mitbetroffen und können im Rahmen einer chronischen Insuffizienz Ursache eines Pes planovalgus sein. Verletzungen von Bandstrukturen am Sprunggelenk können vor allem bei nicht suffizienter Immobilisierung während der Heilungsphase zu narbigen Veränderungen mit Bandverdickung führen. Dadurch, aber auch durch die begleitende Synovialitis kann es zum Weichteilimpingement kommen.{pborder}

Bandverletzungen des oberen Sprunggelenks (OSG) gehören mit zu den häufigsten Verletzungen, insbesondere bei Sportunfällen [11]. Bei Verletzungen des Sprunggelenks steht neben der Anamnese des Unfallhergangs die klinische Untersuchung im Vordergrund. Eine konventionell radiologische Bildgebung ist in vielen Fällen nicht erforderlich, wird jedoch meist zum Ausschluss knöcherner Begleitverletzungen durchgeführt.

Stressaufnahmen ergeben nur indirekte Hinweise auf eine Bandverletzung. In Ergänzung zu Röntgenaufnahmen hat vor allem in der Akutdiagnostik auch die Sonographie einen Stellenwert. Die Anatomie des Sprunggelenks mit den artikulären und ligamentären Strukturen kann jedoch, abgesehen von den Möglichkeiten der Arthroskopie, am besten mit der Magnetresonanztomographie (MRT) beurteilt werden [10, 15].

Anatomie

Das Sprunggelenk wird in das obere (OSG) und untere Sprunggelenk (USG) bzw. Subtalargelenk aufgeteilt. Obwohl diese anatomisch voneinander getrennt sind, müssen sie als funktionelle Einheit angesehen werden, welche in der Chopart-Gelenkreihe mit dem Tarsus in Verbindung steht. Das Sprunggelenk ist enormen Belastungen ausgesetzt, so dass es bei Bandverletzungen zu einem gestörten Bewegungsablauf mit Instabilität und Beschwerden kommen kann.

Bei Instabilität und durch die verletzungsbedingt meist alterierte Propriozeption besteht ein erhöhtes Risiko für erneute Distorsionen und die Gefahr der posttraumatischen Arthrose [29]. Am OSG wird zwischen tibiofibularem, lateralem und medialem Bandkomplex unterschieden.

Tibiofibularer Bandkomplex und Syndesmosenkomplex

Die Stabilität der Malleolengabel ist von essenzieller Bedeutung. Bereits bei einer geringen Aufspreizung der Malleolengabel mit Subluxation der Tibia gegenüber der Talusrolle von 1mm kann es zu einer Verringerung des Gelenkflächenkontakts von 42 Prozent kommen [25]. Stabilisiert wird die Malleolengabel über die Membrana interossea, das Ligamentum (Lig.) interosseum, das vordere (Lig. tibiofibulare anterius, LTiFA) und das hintere Syndesmosenband (Lig. tibiofibulare posterius, LTiFP), zu welchem als tiefliegender Anteil auch das Lig. transversum zählt (Abb. 1 und 2).

Die Membrana interossea verläuft langstreckig mit schrägem Verlauf von der Tibia zur Fibula. Das Lig. interosseum bildet distal einen bandförmigen Abschluss der Membrana interossea und besteht aus mehreren schräg von der tibialen Insertion nach kaudal zur Fibula verlaufenden Faszikeln. In biomechanischen Studien zeigte sich das Lig. interosseum deutlich reißfester als das anteriore tibiofibulare Ligament [13].

Dies erklärt, dass häufig das vordere Syndesmosenband gerissen ist, nicht aber die Membrana interossea. Bei dem Verdacht auf eine Syndesmosenverletzung und Abklärung mittels MRT sollte daher das Lig. interosseum mit abgebildet sein. Im Fall einer Ruptur ist die direkt kranial angrenzende Membrana interossea in der Regel ebenfalls verletzt.

Während das Lig. interosseum zum Syndesmosenkomplex zählt, werden unter der klassischen Syndesmose die dis­talen Bandstrukturen zwischen Tibia und Fibula verstanden. Das LTiFA verläuft mit einem Winkel von etwa 40° nach dorsokaudal und setzt distal am Vorderrand der Fibula an. Die Bandstruktur besteht aus mehreren Faszikeln mit dazwischenliegenden Ästen der A. fibularis; dies erklärt das bei Syndesmosenrupturen meist ausgeprägte Weichteilhämatom.

Häufig ist im dis­talen Abschnitt des anterioren Syndesmosenbands ein separierter Faszikel, das Bassett-Ligament, abgrenzbar. Dieses überkreuzt das Tibiotalargelenk mit direkter Nähe zur Gelenkfläche (Abb. 1) und kann insbesondere bei narbiger Veränderung nach vorangegangener Verletzung Ursache eines anterolateralen Weichteilimpingements sein [8].

Das LTiFP besteht aus einem oberflächlichen Band, welches von der Tibia nach kaudal anguliert zum Hinterrand der Fibula verläuft. Der tiefe Anteil, auch Lig. transversum genannt, verläuft von der posterioren Innenseite der Fibula fächerförmig an dem Hinterrand der Gelenkfläche der Tibia zusammen und bildet dort ein funktionelles Labrum. Als häufige Normvariante wird das Lig. intermalleolare beschrieben, welches zwischen dem Lig. transversum und dem LTiFP mit variablem Verlauf nach medial verläuft und teils am Hinterrand der Tibia undammedialen Malleolus ansetzt (Abb. 2).

Durch den Syndesmosenkomplex wird die Fibula in der Incisura fibularis der Tibia stabilisiert und erlaubt dennoch eine gewisse Bewegung der Fibula in allen drei Ebenen. Nur im distalen Abschnitt liegt eine echte Artikulation zwischen Tibia und Fibula vor. Hier findet sich ein dünner hyaliner Knorpel. Dieser Gelenkabschnitt wird auch tibiofibularer Recessus genannt und steht mit dem eigentlichen OSG in Verbindung, allerdings nur in den ventralen Abschnitten. Dorsal angrenzend liegt eine synoviale Falte mit Fettgewebe, welche vor allem bei entzündlichen oder narbigen Veränderungen Ursache eines anterolateralen Impingements sein kann [8].

Lateraler Bandkomplex

Der laterale Bandkomplex besteht aus drei Bändern, dem Lig. fibulotalare anterius (LFTA) und posterius (LFTP) sowie dem Lig. fibulocalcaneare (LFC). Das LFTA besteht meist aus zwei Faszikeln, welche vom Vorderrand des lateralen Malleolus horizontal zum Talushals verlaufen (Abb. 1). Zwischen den Faszikeln verlaufen wie beim vorderen Syndesmosenband Äste der A. fibularis, deren Ruptur zu ausgedehnten Weichteilhämatomen führen kann. Zudem bildet das LFTA einen Teil der Gelenkkapsel, die bei Verletzungen mit einreißt. Von den drei Außenbändern ist es das schwächste Band.

1 Darstellung des Sprunggelenks von ventral mit mehreren Faszikeln des vorderen Syndesmosenbands (1) und des Bassett-Ligaments (Pfeilspitze), welches direkt an die anterolaterale Talusrolle angrenzt. 2 Anteriores Tuberkel der Tibia, 3 Lig. fibulotalare anterius mit superiorem und inferiorem Faszikel, 4 Lig. cervicale, 5 Lig. tibionaviculare. (Mod. nach Golanó et al. [9])

1 Darstellung des Sprunggelenks von ventral
mit mehreren Faszikeln des vorderen
Syndesmosenbands (1) und des Bassett-Ligaments
(Pfeilspitze), welches direkt an die anterolaterale
Talusrolle angrenzt. 2 Anteriores Tuberkel der Tibia,
3 Lig. fibulotalare anterius mit superiorem und
inferiorem Faszikel, 4 Lig. cervicale, 5 Lig. tibionaviculare.
(Mod. nach Golanó et al. [9])

2 Darstellung des Sprunggelenks von
dorsal. 1 Fibula, 2 lateraler Malleolus, 3 Sulcus malleolaris der Peronealsehnen, 4 Tibia, 5 posteriores Tibiatuberkel, 6 oberflächlicher Abschnitt des Lig. tibiofibulare posterius (LTiFP), 7 tiefer Abschnitt des LTiFP beziehungsweise Lig. transversum, 8 Membrana interossea, 9 Lig. fibulotalare posterius, 10 Processus lateralis tali, 11 Tunnel der Flexor-hallucis-longus-Sehne, 12 Retinakulum der Flexor-hallucis-longus-Sehne, 13 Lig. fibulocalcaneare, 14 hinteres Kompartiment des unteren Sprunggelenks, 15 abgetrennte Flexor-digitorum-longus-Sehne, 16 abgetrennte Tibialis-posterior-Sehne, 17 Lig. intermalleolare mit tibialer Insertion (A), talarer Insertion (B), Insertion ammedialen Malleolus und kapsuläre Insertion am Processusmedialis tali (C), zusammen mit der Gelenkkapsel (D). (Aus Golanó et al. [9])

Das LFC hat seinen Ursprung direkt unterhalb des LFTA am Vorderrand des lateralen Malleolus; in neutraler Position verläuft dieses nach dorsokaudal und inseriert an der Außenseite des Kalkaneus. Das Band liegt in weiten Abschnitten direkt unter den Peronealsehnen und überbrückt als einziges Ligament sowohl das obere als auch das untere Sprunggelenk. Direkt ventral an das LFC angrenzend, findet sich als häufige Variante das Lig. talocalcaneum.

Das LFTP verläuft von der Fossa malleolaris der Fibula mit multiplen kleinen Faszikeln in annähernd horizontaler Richtung fächerförmig zum Talus und setzt hier am Processus posterior tali beziehungsweise am Os trigonuman an. Einzelne Fasern können auch das Lig. intermalleolare verstärken (Abb. 2).

3 3D-Rekonstruktion einer Computertomographie (CT)mit Schemazeichnung des medialen Bandkomplexes: Der mediale Malleolus hat zwei für die Bandursprünge wichtige Höcker, Colliculus anterior (1) und Colliculus posterior (2), welche bei knöchernen Avulsionen – je nach Krafteinwirkung – unabhängig voneinander abreißen können. Die unterschiedlichen Bandabschnitte haben einen fließenden Übergang zueinander. Lig. tibionaviculare (gelb),Tibiospring Ligament (violett), superomedialer Abschnitt des kalkaneonavikularen Bandkomplexes (grün), Lig. tibiocalcaneum (rot), tiefliegendes Lig. tibiotalare posterior (blau), Sustentaculumtali (Pfeil).

3 3D-Rekonstruktion einer Computertomographie (CT)mit Schemazeichnung des medialen Bandkomplexes: Der mediale Malleolus hat zwei für die Bandursprünge wichtige Höcker, Colliculus anterior (1) und Colliculus posterior (2), welche bei knöchernen Avulsionen – je nach Krafteinwirkung – unabhängig voneinander abreißen können. Die unterschiedlichen Bandabschnitte haben einen fließenden Übergang zueinander.
Lig. tibionaviculare (gelb),Tibiospring Ligament (violett), superomedialer Abschnitt des kalkaneonavikularen Bandkomplexes (grün), Lig. tibiocalcaneum (rot), tiefliegendes Lig. tibiotalare posterior (blau), Sustentaculumtali (Pfeil).

Medialer Bandkomplex

Medialseitig entsprechen die Bänder nicht einzelnen bandartigen Strukturen, sondern vielmehr einem fächerförmigen Bandkomplex, welcher vom medialen Malleolus zum Talus, Kalkaneus und Os naviculare zieht und auf Grund seiner Form auch Deltaband beziehungsweise medialer Bandkomplex (MBK) genannt wird. Innerhalb des Bandkomplexes sind umschriebene Bandstrukturen nicht regelmäßig abgrenzbar, so dass die Bezeichnung Bandabschnitt besser geeignet ist als Bänder.

Nach Millner und Soames lässt sich das Deltaband in oberflächliche, teils mehrere Gelenke überspannende und tiefliegende, nur das Tibiotalargelenk überspannende Anteile trennen [20]. Die oberflächlichen Anteile bilden sich aus dem regelmäßig abgrenzbaren Lig. tibionaviculare und dem Tibiospring-Ligament, welches zusammen mit dem superomedialen Anteil des kalkaneonavikularen Bandkomplexes das Lig. tibiocalcaneonaviculare bildet ([5]; s. unten).

Zum oberflächlichen Anteil zugehörige, inkonstante Ligamente sind der, falls angelegt, meist kräftige tibiokalkaneare Abschnitt und der oberflächliche posteriore tibiotalare Abschnitt des Deltabands. Die Sehnenscheiden der Tibialis-posterior- und Flexor-digitorum-Sehne überlagern die posterioren und mittleren Abschnitte mit direktem Kontakt und sind mit diesem teils durch Bindegewebe verbunden. Die tiefen Anteile bilden sich aus dem kräftigen, konstant vorkommendem posterioren tibiotalaren Abschnitt und dem variablen anterioren tibiotalaren Abschnitt ([9]; Abb. 3).

4 Ligamente des unteren Sprunggelenks (USG), koronare protonengewichtete Sequenz. a Lig. cervicale (kurzer Pfeil), welches am Talushals ansetzt, kalkanearer Ansatz der Extensorenretinakula (langer Pfeil). Pfeilspitze Artikulation zwischen Taluskopf (T) und Kalkaneus (C) sowie zwischen Taluskopf und Os naviculare (N). b Etwas weiter dorsal subtalares Lig. interosseum (kurzer Pfeil), medialseitig Lig. tibiotalare anterior (Pfeilspitze) und Tibiospring Ligament (offener Pfeil). c Die posteriore Begrenzung des hinteren USG zum Tarsaltunnel mit dem kräftigen posterioren Kapselband (langer Pfeil), Sustentaculumtali (ST).
4 Ligamente des unteren Sprunggelenks (USG), koronare protonengewichtete
Sequenz. a Lig. cervicale (kurzer Pfeil), welches am Talushals ansetzt, kalkanearer
Ansatz der Extensorenretinakula (langer Pfeil). Pfeilspitze Artikulation zwischen Taluskopf (T)
und Kalkaneus (C) sowie zwischen Taluskopf und Os naviculare (N). b Etwas weiter
dorsal subtalares Lig. interosseum (kurzer Pfeil), medialseitig Lig. tibiotalare anterior
(Pfeilspitze) und Tibiospring Ligament (offener Pfeil). c Die posteriore Begrenzung
des hinteren USG zum Tarsaltunnel mit dem kräftigen posterioren Kapselband
(langer Pfeil), Sustentaculumtali (ST)

Unteres Sprunggelenk

Das untere Sprunggelenk wird aus dem posterioren talokalkanearen Gelenk und dem anterioren talokalkaneonavikularen Gelenkkomplex gebildet. Dazwischen liegt medialseitig der Tarsaltunnel, dorsal an das Sustentaculumtali angrenzend, und der breitere Sinus tarsi lateral. Die Ligamente des USG liegen im Sinus tarsi und Tarsaltunnel.

Das Lig. interosseum zwischen Talus und Kalkaneus hat hierbei einen gemeinsamen Ursprung mit dem inferioren Extensor retinaculum, welches mit mehreren Zügeln am Talus ansetzt; zusammen bilden sie eine Membran zwischen den Gelenkkapseln des talokalkanearen und talokalkaneonavikularen Gelenks. Das Lig. interosseum setzt am Kalkaneus am Hinterrand des Sustentaculum tali an.

5a Frische drittgradige Ruptur des Lig. fibulotalare anterius (Pfeil) im Rahmen eines Distorsionstraumas, anhaltende Beschwerden amanterolateralen Sprunggelenk 18 Monate später. b Deutlich narbig verdicktes Ligament (Pfeilspitze) bei klinischen Zeichen eines Impingements. c Im Vergleich hierzu unauffälliges Lig. fibulotalare anterius eines anderen Patienten (Pfeil). a – c Transversale protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung
5a Frische drittgradige Ruptur des Lig. fibulotalare anterius (Pfeil) im Rahmen
eines Distorsionstraumas, anhaltende Beschwerden amanterolateralen
Sprunggelenk 18 Monate später. b Deutlich narbig verdicktes Ligament (Pfeilspitze)
bei klinischen Zeichen eines Impingements. c Im Vergleich hierzu unauffälliges
Lig. fibulotalare anterius eines anderen Patienten (Pfeil). a – c Transversale
protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung

Das weiter ventral am Kalkaneus ansetzende Lig. cervicale stellt sich in einer Arbeit von Yamaguchi et al. als fibröser, bandartiger Abschnitt der lateralen Gelenkkapsel des talokalkaneonavikularen Gelenkkomplexes dar [33], analog zu dem posterioren Kapselband der posterioren alokalkanearen Gelenkkapsel [18] und verläuft mit einem Winkel von etwa 45 Grad durch den Sinus tarsi. Zwischen den Bandstrukturen im Sinus tarsi ist Fettgewebe und Synovialis der angrenzenden Gelenke (Abb. 4).

6 16 Jahre alter Junge, Z. n. Distorsion. Im Röntgenbild (nicht abgebildet) Weber-B-Fraktur. a, b MRT-Untersuchung. a Schräg sagittale T2-Sequenz, Schichtführung, s. kleines Übersichtsbild mit koronarer Ebene: Ruptur des vorderen Syndesmosenbands (Pfeilspitze)mit intaktem hinteren Band (Pfeil). b Axiale fettunterdrückte protonengewichtete Sequenz: Das Lig. interosseum weiter kranial ist intakt (Pfeil), das Periost der Tibia ist jedoch langstreckig abgelöst mit subperiostalem Hämatom (Pfeilspitze)
6 16 Jahre alter Junge, Z. n. Distorsion. Im Röntgenbild (nicht abgebildet)
Weber-B-Fraktur. a, b MRT-Untersuchung. a Schräg sagittale T2-Sequenz,
Schichtführung, s. kleines Übersichtsbild mit koronarer Ebene: Ruptur des
vorderen Syndesmosenbands (Pfeilspitze)mit intaktem hinteren Band
(Pfeil). b Axiale fettunterdrückte protonengewichtete Sequenz: Das Lig. interosseum
weiter kranial ist intakt (Pfeil), das Periost der Tibia ist jedoch langstreckig abgelöst
mit subperiostalem Hämatom (Pfeilspitze)

Spring-Ligament-Komplex

Die Komponenten des Spring-Ligament- Komplexes, auch plantarer kalkaneonavikularer Bandkomplex genannt, bestehen aus dem superomedialen und inferioren kalkaneonavikularen Ligament. Letzterer ist V-förmig konfiguriert und lässt sich in einen lateralen inferoplantaren longitudinalen und medioplantaren obliquen Abschnitt aufteilen [5].

Der tibiocalcaneonaviculare Bandkomplex nimmt den Taluskopf pfannenförmig auf und wird daher auch Pfannenbandkomplex genannt. Die wesentliche Funktion des Pfannenbandkomplexes ist die Stabilisierung des Fußgewölbes. Bezüglich der Biomechanik muss der Spring-Ligament-Komplex allerdings als Tibio­spring-Ligament-Komplex funktionell zusammen mit dem medialen Kollateralbandkomplex betrachtet werden (Abb. 3).

7a Koronare und b transversale protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung.
Ruptur des Lig. fibulotalare anterius (offener Pfeil) und Lig. fibulocalcaneare
(nicht dargestellt) mit deutlichem Weichteilhämatom (a, b Stern). Intaktes
Tibiospring-Ligament (kurzer Pfeil), Ruptur des medioplantaren obliquen Anteils
des kalkaneonavikularen Bandkomplexes (Spring-Ligament-Komplex) an der
navikularen Insertion (a, b Pfeilspitze)

Biomechanik und Pathologie
Außenbandverletzungen

In Abhängigkeit von der Schwere der Verletzung werden Bandverletzungen generell in drei Schweregrade eingeteilt: Grad I entspricht einer Zerrung im Sinne von mikroskopischen Rupturen, Grad II einer Partialruptur und Grad III einer kompletten Durchtrennung. Das klassische Inversionstrauma ist der häufigste Verletzungsmechanismus mit der Folge einer Verletzung des Außenbandkomplexes.

Auf Grund des Bewegungsablaufs im Rahmen eines Inversionstraumas reißt das LFTA in der Regel zuerst, auch weil es das schwächste Band ist [23]. Betroffen ist anfangs vor allem das superiore Faszikel, da dieses bei Plantarflexion gespannt ist und hierbei – auch isoliert – vollständig durchreißen kann. Im Kontext der Graduierung ist diese Verletzung jedoch noch als Partialruptur zu werten. Das inferiore Faszikel ist hingegen bei Plantarflexion entspannt und reißt erst bei vermehrter Supination [31].

Mit zunehmender Krafteinwirkung folgt das LFC, insbesondere wenn der Fuß zum Zeitpunkt der Inversion in Neutralstellung ist. Isolierte Verletzungen des LFC sind selten, können jedoch bei Inversion mit Dorsalflexion des Fußes auftreten [7]. In der Literatur finden sich unterschiedliche Angaben zum Verhältnis von isolierten LFTA-Verletzungen zu mit dem LFC kombinierten Verletzungen (36 – 66 %; [3, 23]).

Dies ist insofern verständlich, da das Ausmaß der Bandverletzung abhängig von der Stellung des Fußes zum Zeitpunkt des Inversionstraumas ist. Bereits isolierte Rupturen des superioren Faszikels im Sinne einer Partialruptur des LFTA können zu einer klinisch-symptomatischen chronischen Mikroinstabilität mit intraartikulären, sekundären Folgeerscheinungen führen [31].

Bei kompletter Ruptur des LFTA nimmt die Instabilität zu mit vermehrtem Talusvorschub und bei Beteiligung des LFC auch vermehrter Taluskippung, welche sich sowohl durch die klinische Untersuchung als auch durch radiologische Stressaufnahmen nachweisen lässt [14]. Das LFTP reißt hingegen selten und nur im Rahmen schwerer Verletzungen [23].

Die meisten Patienten mit Verletzungen des Außenbandapparats können erfolgreich konservativ behandelt werden [24], dennoch leiden über 30 Prozent der Patienten in der Folge unter anhaltenden anterolateralen Beschwerden [17], welche zum einen auf eine chronische Instabilität, zum anderen im Zusammenhang mit einem Weichteilimpingement durch Narbengewebe entstehen kann ([1]; Abb. 5a, b).

Letzteres tritt wiederum insbesondere im Rahmen wiederholter Mikrotraumata bei chronischer Instabilität auf. Die Folge können Synovialitis im OSG und langfristig eine Sekundärarthrose sein. Begleitverletzungen der Peronealsehnen im Rahmen eines Inversionstraumas sind häufig, insbesondere im Rahmen einer chronischen Instabilität [22].

Syndesmosenverletzungen

In der Regel sind nur die anterioren Abschnitte betroffen, die kräftigen posterioren Syndesmosenbänder sind nur selten durchtrennt (Abb. 6a). In Abhängigkeit vom Verletzungsmuster reißt unter Umständen nicht das Band selbst, sondern es kommt zur Aussprengung der knöchernen Insertionen – an der Tibia Tubercule-de-Tillaux-Chaput-Verletzung genannt, an der Fibula als Wagstaff-Fraktur bezeichnet, wobei Letztere vor allem bei Kindern und Jugendlichen vorkommt, teils auch nur mit periostalem Abriss (Abb. 6b).

Häufiger führt die Überlastung im posterioren Abschnitt zu einer knöchernen Absprengung des Hinterrands der Tibia, dem sogenannten Volkmann-Dreieck. Während dieser Unfallmechanismus auch häufig zu Frakturen des medialen Malleolus führt, werden isolierte Syndesmosenrupturen im Rahmen von Distorsionen des Sprunggelenks nur in etwa 1 – 16 Prozent der Fälle beschrieben [30].

In mechanischen Studien zeigte sich eine relevante Instabilität nach einer Durchtrennung des LTiFA und des Lig. Interosseum [8]. Allerdings kann bereits die isolierte Ruptur der LTiFA zu einer Rotationsinstabilität der Fibula führen [2]. Bei chronischen Beschwerden und Instabilitätsgefühl nach vorangegangenen Distorsionsverletzungen wurde in einer Arbeit von Takao et al. bei 24 Prozent der Patienten im Rahmen einer Arthroskopie eine isolierte Syndesmosenruptur diagnostiziert [28].

Dies muss insbesondere im Rahmen des ambulanten Patientenmanagements von Sprunggelenkdistorsionen bedacht werden, insbesondere weil anhaltende Beschwerden nach Distorsionen des OSG wie oben beschrieben zwar häufig, aber nur unspezifisch sind. Obwohl nicht typisch, sind kombinierte Verletzungen von Außenband und Syndesmose nicht selten. In einer Auswertung von Roemer et al. wurde bei Verletzungen der Außenbänder in 18 Prozent der Fälle auch eine Syndesmosenverletzung diagnostiziert [27].

Medialer Bandkomplex und Spring-Ligament-Komplex

Der typische Verletzungsmechanismus des MBK ist die forcierte Abduktion oder Außenrotation des Fußes. Während isolierte Verletzungen mit einer Prävalenz von 3 – 4 Prozent nur sehr selten vorkommen [26], ist die kombinierte Verletzung mit Rupturen der Außenbänder häufig und in fast der Hälfte aller Fälle zu finden [25].

Analog zur Syndesmose ist ein intakter Innenbandkomplex entscheidend für die Stabilität im Sprunggelenk, vor allem bei Rotations- und Valgusbewegungen. Liegt wiederum aus anderen Gründen eine Rotations- und Valgusinstabilität, wie beispielsweise im Rahmen eines Pes planovalgus vor, kann dies zu einer sekundären Insuffizienz des MKB führen [19].

Bei experimenteller Durchtrennung der oberflächlichen Schichten des MKB zeigte eine Studie von Earll et al. eine Reduktion des Gelenkflächenkontakts im Tibiotalargelenk von 43 Prozent mit der Folge einer Zunahme des Belastungsdrucks von 30 Prozent und einem medialen Aufklappen des Gelenks im Sinne eines Valgusmechanismus mit Verlagerung des Schwerpunkts um vier Millimeter nach lateral [6].

Isolierte Läsionen des Spring-Ligaments kommen nur sehr selten vor. Eine Ruptur ereignet sich dann meist am Übergang des Tibiospring-Ligaments zum superomedialen Abschnitt des kalkaneonavikularen Bandkomplexes [19], kann jedoch auch die plantaren Ligamente betreffen (Abb. 7). Da der Spring-Ligament-Komplex als wichtiger Stabilisator des Fußgewölbes gilt, liegen Verletzungen hiervon jedoch in der Regel im Rahmen eines erworbenen Pes planovalgus vor.

Dessen Ursachen können vielfältig sein, sind am häufigsten jedoch auf eine Insuffizienz der Tibialis-posterior-Sehne zurückzuführen. Auf dieses komplexe Krankheitsbild kann hier nicht weiter eingegangen werden. Aber auch das Umgekehrte gilt: Eine Verletzung des Tibiospring-Ligament-Komplexes kann einen sekundären Pes planovalgus zur Folge haben (Abb. 8).

Im Rahmen eines Pes planovalgus kann es sowohl zu einer Verdickung des superomedialen Anteils des kalkaneonavikularen Bandkomplexes > 5 mm als auch zu einer Ausdünnung (< 2 mm) kommen [32]. Insbesondere wiederholte Mikrotraumata des medialen Bandkomplexes haben in einem Teil der Fälle eine Synovialitis, Narben und auch heterotope Weichteilossifikationen im Verlauf der Pars tibiotalaris als Komplikation, häufig kombiniert mit knöchernen Proliferationen der Bandansätze zu Folge [4].

8 Distorsion 9 Monate zuvor mit anhaltenden Beschwerden und Instabilitätsgefühl.
a Transversale protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung. Narbige Verdickung
mit Signalanreicherung des Lig. fibulotalare anterius (kurzer Pfeil), Längsriss und
Aufspaltung der Peroneus-brevis-Sehne (geteilte lange Pfeile). b, c Koronare
protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung. Nach Zerrung/Partialruptur
verdicktes posteriores Kapselband im Sinus tarsi (b, langer Pfeil) und posttraumatisch
narbige Veränderung des unscharf abgrenzbaren Tibiospring-Ligaments (b, Pfeilspitze).
Konsekutiv im Rahmen der Instabilität des unteren Sprunggelenks mit Entwicklung
eines Pes planovalgus. c Offener Pfeil: Rotation des Taluskopfes (T) nach medial mit
Verlust des Kontaktes zum Processus anterior calcanei (C). Kurzer Pfeil: Intaktes,
jedoch flach und elongiert im Sinus tarsi verlaufendes Lig. cervicale

Subtalare Bänder

Zu den Funktionen des Lig. cervicale, Lig. interosseum und des posterioren Kapselbands im USG lassen sich in der Literatur kontroverse Angaben finden, insbesondere, welche Bandanteile als Hauptstabilisator gelten. Auch die Funktion des LFC als Stabilisator des USG ist umstritten.

Vor allem das Lig. cervicale und das posteriore Kapselband werden als wichtige Stabilisatoren im Rahmen der Inversion des Kalkaneus gegenüber dem Talus gewertet [16, 21]. In bis zu 80 Prozent der Fälle liegt bei Außenbandverletzungen eine Begleitpathologie der Bänder des USG vor, in 10 – 25 Prozent soll bei einer lateralen Bandinstabilität auch eine Instabilität im USG vorliegen [12, 16].

Die klinische Diagnose ist hier jedoch schwierig, da sich die Symptome kaum von einer l

Foto: Andrey Popov/AdobeStock_495062320
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