Alte und neue Paradigmen
Pronationskontrolle und Dämpfung galten über viele Jahre als wichtigste Kriterien, um laufinduzierte Verletzungen zu vermeiden. Die Wissenschaft hat sich allerdings schon vor Jahren von diesen Konzepten verabschiedet, da ihre Wirksamkeit wissenschaftlich nicht zu beweisen war.
Neue Konzepte zur Verletzungsprophylaxe wurden vorgeschlagen und diskutiert. Lassen sich daraus Konzepte für Schuhkonstruktionen ableiten? Über mehr als drei Jahrzehnte und bis heute diktierten die Paradigmen „Dämpfung“ und „Bewegungskontrolle“ oder „Stützen“ die Entwicklung von Laufschuhen. Obwohl der Leitgedanke Dämpfung beim Fußaufsatz aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Evidenz und fehlendem Effekt für Prophylaxe und Prävention bereits vor mehr als 15 Jahren verworfen wurde (Nigg et al. 2001) und das Paradigma „Bewegungskontrolle“ oder „Überpronation“ spätestens 2015 beim Runners World Symposium in München in einem viel beachteten Beitrag von Prof. B.M. Nigg vor allem wegen mangelnder Evidenz in Bezug auf die Wirksamkeit zur Reduktion von Laufverletzungen endgültig zu Grabe getragen wurde. Alternative Konzepte legten weder Industrie noch Wissenschaft bislang vor. Parallel zur Entwicklung des Laufens mit einer extremen Zunahme der Teilnehmerzahlen in den letzten 30 Jahren wurden in verschiedenen Arbeiten die Häufigkeit der laufinduzierten Verletzungen und die wichtigsten Lokalisationen dieser Verletzungen dokumentiert. Trotz der vermeintlichen Verbesserungen der Laufschuhe in den letzten drei Jahrzehnten findet sich keine Veränderung in der Inzidenz der Verletzungen oder in der Art und Lokalisation von Beschwerden und Schäden. Mit Abstand am meisten ist das Knie mit fast 50 Prozent aller Laufverletzungen betroffen. An zweiter Stelle in der Rangliste der Verletzungen finden wir heute hinter dem Knie die Achillessehne (über 15%), deutlich vor dem Fuß und dem Schienbein.