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21. August 2024
Annette Switala
Erfolgreiche Versorgungsstrukturen gefährdet

AG Diabetischer Fuß warnt vor Zunahme von Amputationen

Infolge der Krankenhausreform drohen erfolgreiche Versorgungsstrukturen für Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom zu verschwinden, warnt die AG Diabetischer Fuß der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Insbesondere die Versorgung in interdisziplinären ambulanten und stationären Fußambulanzen sei gefährdet. Eine Zunahme von Amputationen könne die Folge sein.
Behandler
Foto: Choo/Adobe Stock

Bis zu 850.000 Menschen erkranken jährlich am Diabetischen Fußsyndrom (DFS), bei etwa 50.000 Betroffenen wird sogar eine Amputation an Beinen oder Füßen notwendig. Die Hauptziele der DFS-Therapie sind daher, den Verlust der unteren Gliedmaßen zu verhindern und die Lebensqualität und -erwartung der Patienten zu erhalten. Doch die Krankenhausreform ignoriere Versorgungsstrukturen, die dies gewährleisten. Das kritisiert die Arbeitsgemeinschaft „Diabetischer Fuß“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in ihrem aktuellen Positionspapier scharf.

„Um einen künftigen Versorgungsmangel zu verhindern, muss eine auf DFS spezialisierte interdisziplinäre Zentrenbildung gefördert und etablierte Facharzt-Zusatzbezeichnungen in der Diabetologie in der Leistungsgruppe ,Endokrinologie und Diabetologie‘ anerkannt werden. Ohne ausreichende Expertise droht ein Wiederanstieg der Amputationsrate – ein Rückschritt, der die Therapieerfolge der letzten Jahrzehnte zunichtemachen würde“, erklärt die AG Fuß.

 

Zertifizierte Fußzentren erhalten

Seit 20 Jahren zertifiziert die DDG ambulante und stationäre Fußambulanzen und Fußzentren (deutschlandweit gegenwärtig rund 285), die eine adäquate, an aktuellen Leitlinien orientierte Versorgung der Betroffenen sicherstellen können.

„Diese gewachsenen Strukturen sind durch das Krankenhausversorgungsverbesserungegesetz (KHVVG) massiv gefährdet“, sagt Dr. med. Michael Eckhard, Sprecher der AG Fuß DDG. „Wir befürchten, dass viele der heute spezialisierten Fußbehandlungszentren mangels hinreichender Abbildung in den neuen Leistungsgruppen ihre Arbeit einstellen müssen. Das würde die Versorgung der Betroffenen dramatisch verschlechtern.“

In einem Positionspapier appelliert die Arbeitsgemeinschaft an die Politik, die bewährten, aber heute schon fragilen Strukturen zu stärken, anstatt sie zu schwächen – zum Wohle der Patienten.

Behandlung ohne Fachkenntnis und Finanzierung nicht möglich

Es ist wissenschaftlich belegt, dass durch die frühzeitige Behandlung in einem qualifizierten Behandlungszentrum die Amputationsrate beim DFS um fast die Hälfte sinkt. „Das liegt daran, dass dort ein interdisziplinäres Team zusammenarbeitet, das mit dem hochkomplexen DFS vertraut ist und konservative Therapiemöglichkeiten, soweit es geht, ausschöpft“, betont Eckhard.

Schon heute fehle es an ausreichend vielen Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie. „Das KHVVG in der derzeitigen Vorlage verschlechtert die diabetolgische Versorgung, indem es gut ausgebildetes diabetologisches Fachpersonal nicht berücksichtigt“, kritisiert Eckhard.

Im Positionspapier fordert die AG Diabetischer Fuß der DDG, die fachärztliche Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ der Landesärztekammern und die Qualifikation als „Diabetologe/Diabetologin DDG“ für die Leistungsgruppe „Endokrinologie/Diabetologie“ anzuerkennen. „Fallen Fachärztinnen und -ärzte mit dieser Weiterbildung aus dieser Leistungsgruppe heraus, kann die Versorgung der Menschen mit Diabetes und diabetischem Fußsyndrom kaum noch sichergestellt werden“, mahnt Eckhard.

Foto: C. Maurer Fachmedien
Dr. Michael Eckhard, Sprecher der AG Diabetischer Fuß DDG.

„Komplexpauschale Diabetischer Fuß“ sinnvoll

Mit der Krankenhausreform verfolge die Politik zurecht, dass die Versorgungsqualität verbessert, finanzielle Fehlanreize reduziert und die Vergütungsstruktur Qualität fördern soll. Die Arbeitsgemeinschaft fordert in ihrem Positionspapier daher: Spezialisierte und zertifizierte Fußzentren, welche aufgrund ihrer interdisziplinären und multiprofessionellen Strukturen und definierten Behandlungspfaden eine nachweislich bessere Versorgungsqualität bieten, müssen eine gesicherte Finanzierung erhalten. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien in den Disease Management Programmen (DMP) für Diabetes prinzipiell vorhanden. „Es sollte für diese Einrichtungen eine ,Komplexpauschale Diabetischer Fuß‘ implementiert werden“, schlägt Eckhard vor.

Drohenden Versorgungsnotstand abwenden

„Die derzeitige Einordnung in Leistungsgruppen ignoriert nicht nur die Bedeutung der diabetischen Fußzentren. Sie konterkariert damit das immanente Anliegen des KHVVG, die Versorgungsqualität in der Medizin zu verbessern“, kritisiert DDG Präsident Professor Dr. med. Andreas Fritsche aus Tübingen. „Wird Expertise nicht anerkannt und ausreichend vergütet, wird es erheblich schwerer werden, Betroffenen eine leitliniengerechte Therapie zu ermöglichen.“

Auch das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossene Recht auf eine Zweitmeinung vor Amputation käme nicht zum Tragen: „An wen sollen sich Betroffene mit einem Zweitmeinungsersuchen wenden, wenn es keine spezialisierten Anlaufstellen mehr gibt? Die Folge wäre, dass die Amputationen in Deutschland wieder zunehmen – eine dramatische und völlig unnötige Entwicklung“, gibt Fritsche zu bedenken.

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Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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