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6. August 2024
Redaktion
Studie

Rückkehr in Job und Alltag bei post-Covid

Welche Langzeitfolgen verursacht COVID-19 mit Blick auf die biopsychosoziale Gesundheit sowie Arbeitsfähigkeit von Patienten und welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die medizinische Versorgung? Dies waren zentrale Fragen eines Forschungsprojektes, das an der Professur Sozialwissenschaftliche Perspektiven von Sport, Bewegung und Gesundheitsförderung der Technischen Universität Chemnitz zwischen Mai 2021 und Januar 2024 durchgeführt wurde.
Dr.
Foto: privat
Dr. Katrin Müller, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur Sozialwissenschaftliche Perspektiven von Sport, Bewegung und Gesundheitsförderung der TU Chemnitz (Inhaber: Prof. Dr. Torsten Schlesinger), leitete das von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. finanzierte Projekt.

Insgesamt wurden 127 post-COVID Patienten in die Studie zu Beginn und zum Ende der Rehabilitation sowie sechs und zwölf Monate nach der Rehabilitation eingeschlossen, die sich nachweislich während ihrer beruflichen Tätigkeit mit SARS-CoV-2 infizierten. Zu jedem dieser vier Messzeitpunkte wurde die fortbestehende post-COVID Symptomatik erfasst. Außerdem erfolgte ein umfangreiches Assessment zur Beurteilung der körperlichen Belastbarkeit und Aktivität, der psychischen und kognitiven Gesundheit sowie der Arbeitsfähigkeit. Mittlerweile wurden wichtige Projektergebnisse, die den komplexen und diversen Verlauf von post-COVID widerspiegeln, in verschiedenen Open-Access Journals veröffentlicht.

Starke Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit auch nach der Rehabilitation

In einer ersten Veröffentlichung im „International Journal of Environmental Research and Public Health“ wurden verschiedene Gesundheitsparameter der post-COVID Patienten vor und nach der stationären Rehabilitation analysiert. Dabei berichteten diese nach der Rehabilitation von einer Verringerung aller post-COVID-Symptome, mit Ausnahme von Fatigue. Darunter versteht man in der Medizin anhaltende Müdigkeit und fehlender Antrieb, sodass der normale Alltag nur schwer zu bewältigen ist. Signifikante Verbesserungen wurden in der körperlichen Leistungsfähigkeit und neuropsychologischen Gesundheit nachgewiesen. Allerdings war die Arbeitsfähigkeit vieler Probanden auch nach der Rehabilitation weiterhin stark eingeschränkt.

Um Aufschluss über das Aktivitäts- und Schlafverhalten bei post-COVID zu erhalten, wurden vor und nach der Rehabilitation für eine Woche (24h/Tag) Daten mittels eines Bewegungssensors erhoben. Die Ergebnisse im Rahmen der Publikation im „Journal BMC Sport science, Medicine and Rehabilitation“ zeigen, dass sowohl vor als auch nach der Rehabilitation ein hohes Maß an Inaktivität und eine schlechte Schlafqualität innerhalb der untersuchten Stichprobe vorlag. Hinsichtlich des Geschlechts, des Alters und Vorerkrankungen ergaben sich Unterschiede im Aktivitätsverhalten und der Schlafqualität.

In einer erst kürzlich veröffentlichten Publikation im „Journal of Clinical Medicine“ wurden die langfristigen Auswirkungen auf die physische Gesundheit der Patienten sechs und zwölf Monate nach der stationären Rehabilitation untersucht. Die Ergebnisse zeigten zwar signifikante Verbesserungen in Ausdauer, Muskelkraft, Gleichgewicht und der subjektiven Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Trotz dieser positiven Entwicklungen litten aber viele Patienten weiterhin unter anhaltenden post-COVID-Symptomen wie Belastungsintoleranz, neurologischen Beschwerden oder Fatigue. Die Studie identifizierte Unterschiede in Gesundheitsparametern in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Schweregrad der Akutinfektion und Vorhandensein bestimmter Vorerkrankungen.

Viele Faktoren für erfolgreiche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess

Eine weitere Untersuchung, die außerhalb des Projekts entstanden ist, wurde kürzlich im „Journal BMC Public Health“ veröffentlicht. Dieses systematische Review mit Meta-Analyse umfasste 19 Studien mit über 20.000 Patienten und untersuchte die Auswirkungen von post-COVID auf die Arbeitsfähigkeit und die Rückkehr zur Arbeit (RTW). Die Ergebnisse belegten, dass ein erheblicher Teil der Betroffenen unter anhaltenden Symptomen wie Fatigue leidet. 60,9% der post-COVID Patienten konnten zwölf oder mehr Wochen nach der SARS-CoV-2-Infektion erfolgreich in den Beruf zurückkehren.

Das Review verdeutlichte, dass umweltbedingte sowie strukturelle Faktoren, wie die Verfügbarkeit von Arbeitsplatzanpassungen, unterstützende Richtlinien und berufliche Rehabilitationsprogramme, eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess spielen.

Nachsorge auch nach der Rehabilitation ist notwendig

Die bisherigen Erkenntnisse aus diesen Forschungsarbeiten verdeutlichen die anhaltenden Herausforderungen bei der Versorgung von post-COVID Patienten. Eine kontinuierliche und individuelle Unterstützung nach der Rehabilitation im Sinne der Nachsorge ist notwendig, um eine vollständige Genesung der Betroffenen anzustreben, berichtet die TU Chemnitz. Vor allem hinsichtlich der Reduzierung psychischer Symptome und der Fatigue-Symptomatik sowie der Optimierung der Arbeitsfähigkeit und damit der Wiederherstellung von sozialer und beruflicher Teilhabe benötige es nachhaltige, adäquate Nachsorgestrategien – zum Beispiel auch mittels digitaler Versorgung – und Unterstützungsprogramme. Hierzu ist aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Forschung dringend notwendig.

Das Projekt wurde von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. finanziert. Die Datenerhebung erfolgte in Kooperation mit der BG Klinik für Berufskrankheiten in Bad Reichenhall.

Originalpublikation/Literatur
Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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