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13. Mai 2024
Redaktion
Jobst-Symposium

Lipödem-Therapie: Interdisziplinärer Ansatz wichtig

Zum 18. Mal lud der Kompressionshersteller Jobst zum Jobst-Symposium am 12. und 13. April in Frankfurt am Main ein. Unter dem Motto „Gemeinsam voran“ stellten Ärzte und Experten aus der Lymphologie den rund 170 Teilnehmern ihre aktuellen Forschungsergebnisse vor und gaben Einblicke in neue Erkenntnisse bei der Lymphtherapie und der Behandlung des Lipödems.
Teilnehmer
Foto: Jobst

Dr. Epameinondas Gousopoulos, Gewinner des Jobst-Forschungspreises 2022, ausgeschrieben von der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie (DGL), referierte über neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die uns beim Verständnis und der Therapie von sekundären Lymphödemen und Lipödemen helfen. Der Oberarzt forscht aktuell am Universitätsspital Zürich mit dem Schwerpunkt auf Erkrankungen und dem Alterungsprozess des lymphatischen Systems.

Medikamentöse Behandlung des Lipödems in Sicht?

Seit 2011 forscht Dr. Gousopoulos an lymphatischen Erkrankungen. Obwohl seitdem ein Anstieg an Studien zu lymphatischen Erkrankungen zu verzeichnen ist, sei dies dennoch nicht ausreichend, um genügend Material für die Grundlagenforschung zu erhalten. Eine Gegenüberstellung der Studienanzahl bis 2018 mache das deutlich: Für die Erkrankung Lipödem gab es bis 2018 sechs veröffentlichte klinische Studien, von denen fast die Hälfte den Schwerpunkt auf Kompression setzt. Im Gegensatz dazu gab es 313 klinische Studien zur Erkrankung Lymphödem. Ein Zustand, den Gousopoulos mit seiner Forschung zu ändern hofft. Im Detail konzentriert er sich mit seinem Forschungsteam darauf, herauszufinden, ob die Entwicklung der Krankheit gehemmt werden kann und welche Möglichkeiten es zur zeitlichen Diagnostizierung der Krankheit im Sinne eines Biomarkers gibt.

Dabei legt er den Fokus seiner Forschung auf die Immunzellen, die bei dieser Erkrankung eine wichtige Rolle spielen. „Wir müssen sicherstellen, dass solange wir keine langfristigen Möglichkeiten haben, die Patientinnen und Patienten optimal versorgt werden. Es wäre ein Traum, wenn wir die Erkrankung medikamentös behandeln könnten“, betont Dr. Gousopoulos. Seiner Einschätzung nach sollten in den nächsten zehn Jahren passende Medikamente auf den Markt kommen.

Kein Ödem beim Lipödem-Syndrom

Dr. Tobias Bertsch, leitender Oberarzt an der Földiklinik Hinterzarten im Schwarzwald, dem Europäischen Zentrum für Lymphologie, stellte in seinem Vortrag die 2024 erschienene S2k-Leitlinie Lipödem der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e. V. vor. Er stimmt größtenteils den Ergebnissen zu und betont, dass die Ergebnisse „eine immense Verbesserung für die Versorgung unserer Patient*innen bedeuten.“

„Die Bezeichnung ‚Ödem‘ ist beim Lipödem-Syndrom irreführend“, sagt Dr. Bertsch. Wenn Flüssigkeit im Gewebe, also Ödeme, die Ursache für die Schmerzen unserer Patientinnen und Patienten mit Lipödem-Syndrom wären, dann müssten Patientinnen und Patienten mit einem ausgeprägten Beinlymphödem – die ja sehr viel Flüssigkeit in den Beinen haben – Morphium nehmen, um diese Schmerzen ertragen zu können. Das Lipödem ist weder ein Ödem noch eine lymphologische Erkrankung“, betonte der Facharzt für innere Medizin. Von einer Entstauungstherapie sieht er in diesen Fällen ab, da die Lymphgefäße bei Frauen mit einem reinen Lipödem-Syndrom völlig gesund sind.

Im Vergleich zu den Leitlinien aus 2015 ist der Stand der Forschung weiter fortgeschritten, und es wird allgemein angenommen, dass das Lipödem keine progrediente Erkrankung ist. „Wichtig ist, dass sowohl die oft begleitende Adipositas als auch die psychischen Belastungen der Patient*innen – die Depression, Stressbelastung oder Essstörung – in die Behandlung des Lipödem-Syndroms mit einbezogen wird“, betont Dr. Bertsch.

 

Interdisziplinärer Ansatz gefragt

„Zusätzlich zur operativen Therapie hat die Diagnostik einer hormonellen und metabolischen Befundung einen hohen Stellenwert“, hob Dr. Björn Krüger in seinem Fachvortrag ‚Lipödem und Hormone – eine interdisziplinäre Sicht‘ hervor. In einer klinikinternen Auswertung zeigte ein hoher Anteil der Patienten Dysregulationen im Stoffwechsel und der Hormonfunktion, vor allem beim Insulin, auf.

Dr. Krüger, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie am St.-Clemens-Hospital Geldern, legt den Fokus in seiner Arbeit auf eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie: „Wir benötigen in der Diagnostik des Lipödems ergänzende Fachbereiche Endokrinologie, die Gynäkologie, die Phlebologie und, wenn notwendig, begleitend eine Adipositastherapie. Die Auswirkungen der stoffwechselbezogenen und hormonellen Wechselwirkungen bei Lipödem-Betroffenen wurden bisher wenig beachtet“. Hier müssten Mediziner enger zusammenarbeiten.

Dr. Kathrin Jung, Ärztin an der Földi Klinik, bestätigte durch ihre täglichen Erfahrungen im Umgang mit Lip- und Lymphödem-Patienten, dass die Erkrankungen interdisziplinär behandelt werden müssen. „Die Krankheit ist unglaublich komplex geworden, da so viele Begleiterscheinungen miteinhergehen. Wir müssen die Patientinnen und Patienten ganzheitlich erfassen und betrachten“, so Jung.

Künstliche Intelligenz wird zur künstlichen Empathie

Das Symposium endete mit einem Impuls von Prof. Dr. David Matusiewicz unter dem Motto „Digitalisierung macht Dich gesund“. Als Befürworter des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in der Gesundheitsversorgung sieht der Dekan der Hochschule FOM viele Vorteile und ist überzeugt, dass KI auch die Sanitätshäuser merklich verändern wird, vom Einkauf bis zur Kundenkommunikation. „KI wird einen Beitrag zu einer deutlich präventiveren, prädiktiveren, personalisierteren und partizipativeren Medizin leisten“, so Matusiewicz.

Vielfältige Workshops

Am zweiten Tag des Symposiums fanden insgesamt 15 Workshops statt. Dabei konnten sich die Teilnehmenden untereinander und mit Jobst-Experten zu aktuellen Herausforderungen in der lymphologischen Kompressionsversorgung austauschen. Angeboten wurden Praxiskurse zum lymphologischen Anmessen für Arm und Bein, Trainings für Verkaufsgespräche und ein Workshop zum Einfluss der Ernährung auf die Haut beim Lymph- und Lipödem.

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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