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7. April 2020
Redaktion

Bundesrat spricht sich gegen Schiedsverfahren und verstärkte Aufsichtsanordnungen aus

Am 27. März 2020 hat der Bundesrat dem Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz zugestimmt, das der Bundestag am 5. März 2020 verabschiedet hatte. In einem zusätzlichen Entschließungsantrag fordert der Bundesrat allerdings, einige der Regelungen, die das Gesetz zur Stärkung der Vertragspartner der Krankenkassen vorsieht, in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren wieder zurückzunehmen. Insbesondere die geplanten Schiedsverfahren bei Uneinigkeiten in Vertragsverhandlungen lehnt der Bundesrat ab.

Foto: Bundesrat/Frank Bräuer

Der Bundesrat honoriert in dem Entschließungsantrag zwar die Bemühungen des Bundes, im Rahmen dieses Gesetzes eine weitere Verbesserung der Hilfsmittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu regeln. Die beschlossenen Änderungen gehen aus seiner Sicht jedoch über das Ziel hinaus – der Bundesrat sieht die Gefahr von negativen Auswirkungen auf Versicherte, Leistungserbringer, Krankenkassen und deren Aufsichtsbehörden.

Das “bewährte Beitrittsverfahren” im Hilfsmittel-Vertragswesen, das gerade erst durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gestärkt worden sei, sollte nicht durch „bürokratische Einzelvertragsverhandlungen“, „kostenträchtige Schiedsverfahren“ und „verwaltungsintensive Aufsichtsanordnungen“ ersetzt werden, so der Bundesrat. Er bittet daher die Bundesregierung, die Änderungen in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren wieder zu streichen bzw. hilfsweise auf ein länderbezogenes Schiedsverfahren der Verbände abzustellen.

Ein Schiedsverfahren sei aufgrund der Vielzahl von Einzelverträgen im Hilfsmittelbereich unnötig und extrem bürokratisch und in der Praxis der Krankenkassen aufgrund des dafür notwendigen Personals kaum durchführbar, wenn eine größere Zahl der Antragsberechtigten diese Möglichkeit nutze, heißt es unter anderem in der Begründung zu dem Entschließungsantrag. Auch bei den Aufsichtsbehörden würde ein erheblicher Mehraufwand anfallen. Im Streitfall, der in der derzeitigen Praxis nur selten auftrete, sei die Anrufung des Sozialgerichts im einstweiligen Rechtsschutz der etablierte, zweckmäßige Weg, so der Bundesrat.

Als “hilfsweise akzeptabel” bezeichnet der Bundesrat die Einführung eines Schiedsverfahrens auf Landesebene zwischen den maßgeblichen Verbänden und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen. Dies erscheine noch für alle Beteiligten praktikabel umsetzbar sowie am regionalen Bedarf orientierbar.

In der Begründung zum Entschließungsantrag wird auch die Einschätzung gegeben, dass die Gesetzesänderung für die Versicherten keine Qualitätsgewinne bringe, sondern es lediglich absehbar teurer für die Solidargemeinschaft werde:

“Das Beitrittsrecht der Leistungserbringer zu Hilfsmittelverträgen würde hier dazu führen, dass stets der teuerste geschiedste Preis zur Anwendung kommt. Im Ergebnis würde sich die Hilfsmittelversorgung bundesweit vereinheitlichen und regionale Anpassungen würden ebenso verschwinden, wie Möglichkeiten, den Versicherten eine bessere Qualität als die Mindestleistungen nach dem Hilfsmittelverzeichnis anzubieten. Bevorzugt würden von Schiedsverfahren mittel- bis langfristig große Leistungserbringer, die einheitliche Vorgehensweisen und stückpreismäßig günstigere Kalkulationen vornehmen können. Es bestünde die Gefahr, dass zum Beispiel kleine Handwerksbetriebe dem bundesweit vereinheitlichten Wettbewerb nicht mehr gewachsen sein könnten. Sie würden zudem durch die unionsweiten Vertragsbekanntmachungen weiter unter Druck gesetzt.” 

Die besonderen Aufsichtsmittel, die Aufsichtsbehörden künftig gegenüber Krankenkassen anwenden können, lehnt der Bundesrat im Entschließungsantrag ebenfalls ab. Diese Neuregelung sei “anscheinend dem durch das Bundesamt für Soziale Sicherung nicht auf dem Aufsichtswege beendeten Fehlverhalten einzelner bundesunmittelbarer Ersatzkassen” geschuldet.  Es bestehe aber “keine generelle Problematik”. 

Die Entschließung, die nicht rechtskräftig ist, wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit den Anliegen des Bundesrates befasst. 

Der Entschließungsantrag des Bundesrats samt Begründung finden Sie hier.

© sw/orthopädieschuhtechnik

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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